Die Fuenfzig vom Abendblatt
wurde es Alibaba und den anderen klar, daß dieser Mann, der da vor ihnen stand, blind war.
Sie wurden richtig verlegen. Sie faßten nach der Hand des Blinden, und ihre Namen, die sie dabei sagten, klangen so, als ob ihre Stimmen belegt wären.
„Wenn ich Sie auch nicht sehe, so habe ich doch eine recht genaue Vorstellung. Klaus hat mir viel von Ihnen erzählt. Vor allem von Ihnen, Herr Alibaba — Ich darf Sie doch wohl auch so nennen? — Und dann von Ihnen, Sam-“
„Sie können ruhig du zu mir sagen“, platzte Sam heraus, ebenso meinte Alibaba, der froh war, jetzt auch etwas sagen zu können, daß ihm das „Du“ lieber sei.
„Aber ich bitte Sie! Ich werde mir doch nicht gestatten, den Chef meines Jungen mit ,Du’ anzureden. Wo bleibt denn da die Autorität? Im Vertrauen, Herr Alibaba — mit dem ,Sie’ fängt man an, sich aus der Masse zu lösen. Am ,Sie’ scheiden sich die Welten. Hier Untergebene — dort Vorgesetzte. Das ,Sie’ ist die erste Stufe zum Klubsessel und zum Büro mit Vorzimmern. Ich würde mit dem ,Du’ sparsamer sein!“
„Abgemacht — vom nächsten Mal ab. Aber heute bleibt es noch dabei, Herr Verhoven.“
Da lachte nun auch der Blinde und wandte sich zu Klaus. „Ich weiß nicht, wie du drüber denkst und was deine Freunde dazu sagen. Aber wenn du sie mal alle einen Abend einladen willst — wir könnten dann vielleicht ein wenig musizieren zusammen — “
Klaus kam gar nicht erst dazu, seine Meinung zu äußern. Sofort quittierten nämlich die Jungen den Vorschlag Vater Verhovens mit freudiger Zustimmung.
„Aber nicht, daß ihr Jazz erwartet oder neue Schlager“, versuchte Klaus die Begeisterung zu dämpfen. „Einen Plattenspieler haben wir nicht. Wir spielen lediglich zusammen Geige und Klavier. Vermutlich findet ihr das sehr langweilig — “ Der Blinde lächelte: „Ihr werdet einfach sagen, was euch gefällt, und wir werden uns danach richten — Sehen Sie, und nun habe ich doch ,euch’ anstatt,Ihnen’ gesagt-“
Da grinsten die Jungen und versicherten, daß sie sehr beleidigt seien.
„Und wann?“ — Sam schien es am liebsten zu sein, man verabredete sich schon für den Abend. Auch er war noch nie bei Klaus zu Hause gewesen.
„Heute abend sind wir bei Herrn Sprinter eingeladen überlegte Alibaba laut, „und heute in acht Tagen ist das Rennen ums ,Grüne Band’. Da trainieren wir nächste Woche natürlich in jeder freien Stunde. Aber wenn wir sagen würden, am Dienstag nach dem Rennen? Montags wird es nämlich immer sowieso ziemlich spät bei uns, weil wir da immer kassieren und abrechnen — “
„Ich weiß. Also dann Dienstag. Wir erwarten die Herren am Dienstag abend in acht Tagen Der Blinde hielt seine Hand hin, und Alibaba faßte zu.
„Abgemacht — Dienstag, wenn wir das letzte Abendblatt vom Gepäckständer haben — und schönen Dank---“
Harald erweist sich als Kavalier
Es war noch am späten Nachmittag des vergangenen Freitag gewesen, als Chefredakteur Sprinter Harald Madelung zu sich kommen ließ.
Als dann der Junge vor ihm stand, hatte er ihm einen Zettel gegeben, und auf diesem Zettel stand nur: „Eröffnung Lunapark“.
Der Chefredakteur hatte dabei kaum aufgeschaut. Er hatte über einer Reihe drucknasser Probeabzüge der Abendausgabe gesessen, die er mit seinen letzten Korrekturen versah.
,,’ne kleine Sonntagsbeschäftigung, wenn du wirklich Lust zum Schreiben hast. Brauche den Bericht bis Montag früh. Wollte eigentlich den kleinen Barbuske hinschicken, und der ist schon ein Jahr bei mir in der Redaktion. Ist für mich also fast ein Risiko — kurz und gut, will dir ‘ne Chance geben — bin gespannt!“
So war es gekommen, daß Harald nach dem Training und der Auswahl der Mannschaft kaum Zeit am heutigen Sonntag hatte, wieder einmal zu Hause zu sein. Vor allem seine Mutter, die ohnehin die ganze Geschichte mit den Abendblatt-Jungen für recht albern und durchaus überflüssig hielt, hatte mit Vorwürfen nicht gespart, als Harald schon kurz nach dem Essen wieder verschwunden war.
„Ich möchte nur wissen, wozu ich ein Kind habe, wenn es nie zu Hause ist! Und zumindest hattet ihr mir versprochen, daß er sonntags hier bleibt
„Dein Junge ist kein Kind mehr, liebe Erna war ihr daraufhin Mr. Voss begütigend ins Wort gefallen. So stand Harald, als er längst die Villa verlassen hatte, noch eine gute Zeit im Mittelpunkt des elterlichen Gesprächs.
Und etwa im Augenblick, da Frau Erna Voss ihren Gatten fragte, ob denn
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