Die Gärten des Mondes
Fremden. Der Mann war groß und in Lumpen gekleidet. Nachdem er Paran losgelassen hatte, zerrte er wieder an seiner Kette. »Noch nie zuvor«, grunzte er, »ist dieses Gefängnis einer solchen Prüfung unterzogen worden.« Er stieß ein Zischen aus, als der Wagen erneut schwankte, eine Reaktion auf die wilden Versuche der Hunde zu entkommen. »Ich fürchte, er wird umkippen.«
»Und dann?«
Der Mann wandte ihm kurz das Gesicht zu, und Paran sah Zähne in der Dunkelheit aufblitzen. »Dann wird es noch schwerer, ihn zu ziehen.«
»Wo sind wir?«
»In dem Gewirr im Innern des Schwertes. Hat Dragnipur nicht auch Euer Leben genommen?«
»Wenn er das getan hätte, müsste ich dann nicht auch angekettet sein?«
»Das ist wohl wahr. Was tut Ihr also hier?«
»Ich weiß es nicht«, gestand Paran. »Ich habe gesehen, wie die Hunde von Rakes Schwert getötet wurden. Dann habe ich das Blut eines der Tiere berührt.«
»Das erklärt ihre Verwirrung. Sie haben gedacht, Ihr wärt einer von ihnen ... zumindest anfangs. Es war klug von Euch, Euch der Herausforderung des Hundes zu unterwerfen.«
»Dem Schrecken, der mich veranlasst hat, mich nicht zu bewegen, wolltet Ihr sagen.«
Der Fremde lachte. »Selbst wenn dem so war ...«
»Wie heißt Ihr?«
»Namen sind bedeutungslos. Rake hat mich getötet. Schon vor langer Zeit. Das muss genügen.«
Paran schwieg. In alle Ewigkeit hier angekettet und damit beschäftigt, den Wagen zu ziehen. Und ich frage den Mann nach seinem Namen. Welche Entschuldigung kann es dafür geben?
Der Wagen bockte wild; unter seinen Rädern wurden Erdbrocken herausgeschleudert. Gestalten stürzten jammernd zu Boden. Die Hunde heulten ihre Wut heraus.
»Beim Atem Gethols«, keuchte der Fremde. »Geben sie denn niemals Ruhe?«
»Ich glaube nicht, dass sie das jemals tun werden«, sagte Paran. »Können diese Ketten nicht gesprengt werden?«
»Nein. Zumindest hat das bis jetzt noch niemand geschafft, und es gibt hier Drachen. Aber diese Hunde ...« Er seufzte. »Es ist erstaunlich, aber ich fange schon an, mich nach dem Frieden zu sehnen, den ihre Ankunft zerstört hat.«
»Vielleicht kann ich etwas tun.«
Der Fremde gab ein barsches Lachen von sich. »Ihr könnt es ja mal versuchen.«
Paran entfernte sich von dem Mann, schritt auf die Hunde zu. Er hatte noch keinen bestimmten Plan. Aber ich bin als Einziger nicht in Ketten. Der Gedanke ließ ihn innehalten. Er lächelte. Nicht in Ketten. Niemandes Werkzeug. Nachdenklich marschierte er weiter. Er kam an Gestalten vorbei, die sich Schritt für Schritt abmühten, einige schweigend, andere irr vor sich hinbrabbelnd. Keine einzige hob den Kopf, um ihn anzublicken, als er vorbeiging. Und dann drang tierisches Keuchen an sein Ohr. »Hunde!«, rief er. »Ich will Euch helfen!«
Nach einiger Zeit tauchten sie aus dem Dämmerlicht auf. An ihren Schultern und ihrer Brust klebte Blut, da die Halsbänder das Fleisch aufgerissen hatten. Die Hunde zitterten, die Muskeln an ihren Flanken zuckten. Ihre Augen, die mit denen Parans auf einer Höhe waren, sahen ihn so voller hilflosem Elend an, dass sein Herz sich zusammenzog. Er streckte die Hand nach dem Hund mit den merkwürdigen Augen aus. »Ich werde mir eure Halsbänder und Ketten genau ansehen und nach einer Schwachstelle suchen.«
Das Tier trottete neben ihm her - sie alle bewegten sich pausenlos vorwärts, der Wagen hörte niemals auf zu rollen. Paran beugte sich zu dem Hund hinüber, tastete das Halsband ab, suchte eine Verbindungsstelle. Es gab keine. An der Stelle, an der die Kette befestigt war, schienen das Verbindungsstück und das Halsband wie aus einem Stück zu sein. Obwohl er nur wenig von der Schmiedekunst verstand, glaubte er, dass diese Befestigung die schwächste Stelle sein musste und bereits Anzeichen von starker Belastung zeigen sollte. Doch seine Fingerspitzen sagten ihm genau das Gegenteil. Das Eisen war noch nicht einmal angekratzt.
Paran betastete die Kette, wich dabei allmählich von der Seite des Hundes. Er blieb kurz stehen, als er sah, dass das andere Tier jede seiner Bewegungen beobachtete, und machte dann weiter. Über eine Länge von mehr als siebzig Armspannen hinweg tastete er jedes einzelne Kettenglied der von dem Hund bis zum Wagen führenden Kette ab, suchte nach irgendeiner Schwachstelle im Material, suchte nach Hitze, nach Furchen. Nichts. Schließlich kam er beim Wagen an. Das Rad, hinter dem er herging, war aus massivem Holz, eine Spanne dick und voller Furchen und
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