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Die Galerie der Lügen

Titel: Die Galerie der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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auch bei einer Überdosis Insulin auftreten kann. Daran ist Kendish nämlich laut Obduktionsbericht verstorben. Die Sache war sogar dem Hausarzt aufgefallen, der den Totenschein ausgefüllt hat, aber er hielt die Überdosierung für ein Versehen seines Patienten.«
    »Sie hören sich an, als seien Sie von etwas anderem überzeugt.«
    »Ihre Kollegen bei ArtCare schildern Julian Kendish als sehr peniblen Charakter, der immer alles säuberlich protokolliert hat.«
    »Denselben Eindruck habe ich von ihm in den Gesprächen mit seinem Nachfolger, Jeff Blackwater, gewonnen. Kendish war Sicherheitsexperte und kein Schluderer, der sich aus Versehen den goldenen Schuss setzt.«
    »Das sehe ich genauso. Meiner Meinung nach lagen Sie mit Ihrem Verdacht richtig, Darwin. Kendish wurde auf eine sehr raffinierte Art und Weise vergiftet.«
    »Und Kevin Theodore alias Theo hatte ein Motiv: das Erbe.«
    »Das wäre ihm sowieso bald zugefallen, denn der Blutkrebs seines alten Herrn war schon weit fortgeschritten.«
    »Vielleicht mangelte es dem Filius an Geduld.«
    »Wäre denkbar. Es gibt da übrigens noch eine weitere Neuigkeit. «
    Darwin bemerkte die rhetorische Pause. Anscheinend hatte die Polizei etwas Wichtiges he rausgefunden. »Jetzt sagen Sie’s schon!«, drängte er ungeduldig.
    »Die Kollegen aus Barbados haben sich gemeldet…«
    »Wo Kevin Kendish angeblich begraben ist.«
    »Rede ich, oder reden Sie?«
    »Entschuldigung.«
    »Anfangs gab es bei den Barbadiern leichte Verwirrung, weil in deren Akten nur ein › Theodore K. Kendish ‹ anstelle eines › Kevin T. Kendish ‹ existierte. Aber dann fand man sein Grab, und auch seine Leiche wurde untersucht. Dabei hat man eine merkwürdige Entdeckung gemacht: Obwohl Kevin den Unterlagen der NCS zufolge männlich ist, lag eine Frau im Sarg. Als die Kollegen darauf im Bestattungsinstitut nachfragten, war man dort überhaupt nicht überrascht. Die Tote sei als Theodora Kezia Kendish beigesetzt worden.«
    »Dann lebt er noch!«, sagte Darwin und fügte hinzu: »Kevin Theodore ist Theo, da gehe ich jede Wette ein. Und er ist das › Gehirn ‹ – irgendwie muss er an das Wissen seines Vaters herangekommen sein. Vermutlich hat er auch Daniels entführt oder verschwinden lassen.«
    Longfellow bewahrte sich seine berufsbedingte Skepsis. »Also in den ersten beiden Punkten stimme ich Ihnen zu, Darwin. Kevin hat jemand anderen für sich sterben lassen. Vielleicht ist diese Kezia sein zweites Opfer. Er könnte die Leiche aber auch irgendwo gekauft und in seinen Sarg gelegt haben. In der Karibik bekommen Sie solche › Dienstleistungen ‹ für ein Trinkgeld.«
    »Inzwischen würde es mich nicht wundern, wenn Kezia ebenfalls ein Ebenbild unseres › Gehirns ‹ ist. Lassen Sie eine DNA-Analyse machen?«
    »Da überschätzen Sie die Möglichkeiten von Barbados. Aber das Ergebnis ist ohnehin von marginaler Bedeutung, wenn Sie morgen Ihren Hals aus der Schlinge gezogen haben.«
    Darwin schluckte. War das eine Anspielung auf die neuesten Medienberichte? Sie hatten ihn der Öffentlichkeit als gutgläubiges Dummerchen von ArtCare verkauft, das der Propaganda von Spinnern auf den Leim gegangen war. Sicherheitshalber hakte er nach.
    »Ich habe Druck von ziemlich weit oben bekommen«, erklärte Longfellow, und seine Stimme klang plötzlich gestelzt, als lese er von irgendeinem Blatt ab. »Man lässt mich wissen, der Direktor der National Crime Squad sei besorgt, die unglückliche Verquickung einer überkommenen Weltanschauung mit der kriminalistischen Ermittlungsarbeit der NCS könne dem Ansehen seiner Truppe schaden. Sir Ramleigh habe daher dem Innenminister zugesichert, dass ab sofort weder auf dem Dienstweg noch informell eine Zusammenarbeit mit Darwin Shaw stattfinden werde.«
    »Aber das ist doch absurd!«, platzte es aus Darwin heraus.
    »Erklären Sie das meinen Vorgesetzten. Ich habe versucht, die Sache abzuwenden. Wissen Sie, was mein Chef mir sagte? Es könne nicht angehen, dass neuerdings › abergläubisches Gerede auf eine Stufe mit ernsthaften wissenschaftlichen Argumenten erhoben ‹ werde. Einige angesehene Persönlichkeiten fürchteten, der makellose Ruf der britischen Forschergemeinde könne beschädigt werden.«
    »Ich glaube eher, er wird angekratzt, wenn sie sich auf Dauer weigern, abweichende Theorien zu diskutieren.«
    »Auch das habe ich meinem Chef gesagt.«
    Darwin fühlte sich wie in einem großen Schraubstock, dessen Backen sich immer fester zusammenzogen. »Ich kann

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