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Die Gamant-Chroniken 03 - Die Prophezeiung von Horeb

Die Gamant-Chroniken 03 - Die Prophezeiung von Horeb

Titel: Die Gamant-Chroniken 03 - Die Prophezeiung von Horeb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen M. O'Neal
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›Vielleicht kann die Befreiung nur mit Blut erkauft werden, aber wir sollten Gott danken, daß sie überhaupt erkauft werden kann.‹«
    »Tatsächlich?« meinte er mit einem verdutzten Grinsen. »Habe ich etwas so Tiefsinniges wirklich gesagt? Ich erinnere mich jedenfalls nur an deine Worte. Meine Bemerkungen erschienen im Vergleich dazu unbedeutend.«
    Für einen Moment wirkten seine Augen wie tiefe, dunkle Höhlen. Dann senkte er den Blick und betrachtete das Stück Treibholz.
    »Warum haben dich meine Worte über die Blume so beschäftigt, Ha Notzri?«
    »Weil sie einen Vorwurf an Gott in sich tragen«, sagte er unsicher. »Ich meine, wenn du glaubst, daß die Verzweiflung jeden Sonnenaufgang verfinstert, dann denkst du zugleich, das Leid überwiege das Glück. Und dann mußt du auch fragen, weshalb Gott die Welt so geschaffen hat.«
    Die Leere in Rachels Brust schien sich rasend schnell auszudehnen. Sie antwortete nicht.
    »Warum glaubst du, hat Gott die Welt so geschaffen?« drängte er weiter.
    »Sag du es mir.«
    Notzri bewegte sich unruhig und sah Rachel von der Seite her an. »Ich habe eine Reise unternommen. Ich habe mich nach Khirbet Qumran begeben, um mit den Mystikern dort zu sprechen. Sie sagten mir etwas, von dem ich glaube, daß es dich auch interessieren wird.«
    »Und was?«
    Notzri rückte etwas näher an sie heran. »Es ist eine Gruppe sonderbarer Menschen, aber sie glauben einige Dinge, die mir sinnvoll erscheinen. Wußtest du beispielsweise, daß sie den Schöpfergott für verderbt halten? Und daß deshalb auch alles, was er geschaffen hat, verderbt ist?«
    Er bedachte sie mit einem unschuldigen Blick, der Rachel an Adom erinnerte und ihren Schmerz neu aufflammen ließ.
    »Aber wenn sie der Meinung sind, daß der Schöpfer verderbt ist, wem huldigen sie dann?«
    »Das ist der Punkt, über den ich wirklich gern mit dir reden wollte.« Notzri lächelte begeistert und ließ das Stöckchen fallen, das im Sand steckenblieb. »Sie glauben, es gibt noch einen höheren Gott. Einen, der aus – wenn dies das richtige Wort ist – unermeßlichem Licht besteht, rein und unbeschreiblich, perfekt und unvergänglich.«
    »Sie glauben also, der Schöpfer und der Schatz des Lichtes sind verschieden? Das ist interessant.«
    Ha Notzris Augen weiteten sich. »Du nennst es den Schatz …« Er unterbrach sich und drehte sich um, als hinter ihm leise Schritte im Sand erklangen. Der süße Duft von Rosen erfüllte die Luft, und Rachel schloß wissend die Augen. Sein Bild schwebte vor ihren geschlossenen Lidern, schön und ehrfurchtgebietend.
    »Hallo«, sagte Ha Notzri ein wenig ängstlich. »Wie ich sehe, bist du ebenfalls zurück. Sei willkommen, Freund.«
    Rachel spürte Aktariels Blick, der auf ihrem Hinterkopf ruhte. »Ich habe nach Rachel gesucht. Allerdings hätte ich nicht gedacht, sie hier bei dir zu finden. Würdest du uns bitte entschuldigen, Yeshwah? Ich muß allein mit Rachel reden.«
    Der Klang der tiefen, unendlich sanften Stimme ließ Rachel erschauern. Ha Notzri beugte sich vor, um noch einmal ihre Hand zu streicheln. »Ich hoffe, ich sehe dich bald wieder. Danke, daß du dich mit mir unterhalten hast. Ich werde mich bemühen, noch mehr zu lernen, während du fort bist.« Mit diesen Worten erhob er sich und schlenderte am Ufer entlang zu jener Baumgruppe, von wo aus er sie zweifellos beobachten und sich fragen würde, wer und was sie waren.
    »Rachel«, sagte Aktariel vorwurfsvoll, »wie oft muß ich dir noch erklären, daß es sehr gefährlich für dich ist …«
    »Du mußt es mir nicht erklären.«
    Sie warf einen Blick über die Schulter. Der Wind drückte Aktariels blaues Gewand gegen seine breite Brust und zeichnete den muskulösen Körper nach. Ihn so zu sehen – ohne den goldenen Glanz –, erweckte in ihr immer das Gefühl, Schmetterlinge flatterten in ihrem Magen. Aktariel hatte sich angewöhnt, in ihrer Gegenwart auf seine schimmernde Erscheinung zu verzichten, weil er wußte, daß sie sich wohler fühlte, wenn er seine menschliche Form annahm – oder vielleicht auch, weil sie dann beeinflußbarer war.
    »Selbst die kleinsten Dinge, sogar solche, die dir völlig unbedeutend erscheinen, könnten diese Vergangenheit in einer Weise verändern, daß …«
    »Ich weiß, Aktariel.«
    »Wirklich? Ist dir auch klar, daß eine Veränderung in diesem Universum Auswirkungen auf alle anderen hat? Jede Wahl, die Ha Notzri aufgrund eines Gespräches mit dir trifft, beeinflußt Milliarden und

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