Die Gassen von Marseille
bringe.«
Sie lacht ebenfalls und antwortet dann in gespieltem Ernst: »Oh, wie schön … Wie ein Ehepaar! Ist es nicht so, dass der Mann seiner Frau sonntags den Kaffee im Schlafzimmer serviert …«
Ein aufreizender Blick, dann fährt sie fort: »In Wahrheit halte ich Sie immer weniger für einen Asozialen … Sie sind sauber, gewissenhaft, Sie können fotografieren …«
Komische Bemerkung! Was stellt dieses Püppchen sich eigentlich vor?
»Sagen Sie, Claudia … Was wissen Sie über mich? Ich habe das Gefühl, dass Sie mir gegenüber etwas voreingenommen sind … Na los, was ist es …?«
Langsam werde ich wütend.
»Was ist es? Na! Welche Fantasien ranken sich in Ihrem hübschen Köpfchen um mich?«
Mein Ausbruch macht sie verlegen. Sie betrachtet eine Ameise, die mit einem riesigen Brotkrumen auf dem Rücken vom Tisch verschwindet.
»Nein, nein! Keine Fantasien. Manchmal bekommt man bei der Polizei auch Informationen … Na ja, ich habe im Büro so einiges aufgeschnappt … Sie wissen schon, über Mateis und Sie …«
Über Philippe und mich?
»Ach wirklich! Und was erzählt man sich so? Über den Herrn Kommissar und mich?«
Ich betone das Wort »Kommissar«. Verlegen zwirbelt sie eine Haarsträhne zwischen ihren Fingern.
»Also, es heißt, dass Sie sich schon lange kennen … Anscheinend schon aus der Zeit, bevor der Kommissar zur Polizei gegangen ist …«
Ich nicke.
»Stimmt, und weiter …«
Sie zwirbelt immer heftiger.
»Es heißt, dass Sie in eine üble Geschichte verwickelt waren, mit einem korrupten Bullen … Morandi hieß er … und einer Frau, Ihrer Frau … Dass Sie seitdem ein bisschen selbstmordgefährdet sind und dass Mateis sich um Sie kümmert, damit Sie keine Dummheiten machen …«
Ich lächle bei der Vorstellung, Philippe würde sich um mich kümmern …
»Es heißt, es heißt … Von dem Gerede mag ein Teil stimmen, aber bestimmt nicht der letzte Punkt. Ich bin nicht selbstmordgefährdet, und der Kommissar kümmert sich nicht um mich. Zum Glück … Ja, ich habe ein Problem in meinem Leben … Einen Geist, der einen Teil der normalen Aktivitäten eines Mannes blockiert, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
Claudia versteht nicht.
»Nein, ich habe keine Ahnung, was Sie meinen. Zombies, Geister … Entschuldigen Sie, aber …«
Ich verscheuche eine Wespe, die mir mit ihrem Summen auf die Nerven geht …
»Kein Problem, ist nicht weiter wichtig. Aber in dem Teil, den sie mir frei gelassen hat, dem Leben, dem Rest … also, da gibt es keine Einschränkungen.«
Als ich Claudias Gesicht sehe, habe ich das Gefühl, mich undeutlich ausgedrückt zu haben.
»Okay, was ich damit sagen will, ist, dass ich das Leben liebe und es genießen kann … Na ja, beinahe zumindest … So!«
Der jungen Frau bleibt der Mund offen stehen.
»Gut … Sie können also das Leben genießen. Freut mich zu hören. Na ja, beinahe zumindest … Vielleicht sollten wir uns lieber wieder an die Arbeit machen … Ich muss gestehen, dass mich dieses Gerede über Geister, Tote und so weiter ziemlich deprimiert.«
Aha. Mein Gelaber ist ihr scheißegal. Im Grunde hat sie ja auch recht. Wir gehen zurück in mein hölzernes Kämmerchen und schuften weiter. Und plötzlich habe ich es … Ich lege den Fotoschnipsel unter die Lupe und versuche ihn zu interpretieren. Der Fuß, der Frauenschuh, nachlässig mit einem Zeh gehalten, die Tagesdecke, altmodisch oder bewusst altmodisch? Wann, wo, wer?
Eine Hand legt sich sacht auf meine Schulter … Ich zucke zusammen. Es ist Claudia. Ihre Stimme klingt sanft, mütterlich.
»Constantin. Habe ich Sie erschreckt? Ich bin vielleicht ein Trampel!«
»Ja! Ich meine, nein, Sie sind kein Trampel, und ja, Sie haben mich überrascht … ich war in Gedanken …«
Ihre Hand ist kühl. Die Situation verwirrt mich und macht mir Angst. Ich weiß, Juliette würde nicht wollen, dass auch nur das Geringste zwischen uns passiert …
»Claudia, wenn ich nicht so ein verschrobener Kerl wäre, würde ich Sie körperlich lieben, wie es nie ein Mann oder Tier tun würde … Und schlimmer noch … Sie sind hinreißend.«
Sie ist verlegen, verwirrt. Das ist nicht der richtige Moment, um zu flirten. Stolz verkünde ich ihr meine Entdeckung.
»Außerdem bin ich ein Held. Ich habe das passende Negativ gefunden! Jetzt müssen wir nur noch einen Abzug davon machen, um sicher zu sein. Darf ich mal telefonieren?«
»Jetzt?«
Ich nicke.
»Ich kann es kaum erwarten, herauszufinden, ob ich
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