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Die Gassen von Marseille

Die Gassen von Marseille

Titel: Die Gassen von Marseille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gilles Del Pappas
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dazu neigt, sich klammheimlich in die Häuser zu schleichen. Sie platzt eher überall rücksichtslos herein.
    Philippe steht auf und streckt sich. Er hat in seinen Kleidern geschlafen.
    »Fatche, ich bin hundemüde … Alles okay bei dir?«
    So okay, wie es eben sein kann. Nach allem, was ich erlebt habe … Um die Wahrheit zu sagen, bin ich ziemlich mies drauf.
    »Geht so … Philippe … Kann ich dich um einen Gefallen bitten? Sprich nicht von Claudia … Wenigstens nicht heute. Ich halte das nicht aus!«
    Gedankenverloren kratzt er sich am Kinn.
    »Na gut, ich werde sie nicht erwähnen, versprochen«, sagt er dann.
    »Hast du dir die Fotos angesehen?«, will ich wissen.
    Der Polizist nickt.
    »Ja … und? Wer ist das Mädel?«
    Ich verziehe das Gesicht.
    »Deine Leiche, glaube ich … Aber …«
    Nach einer Weile fügen sich meine Gedanken endlich wieder zusammen.
    »Sie heißt … oder besser gesagt, sie hieß, Alix. Wir sind am gleichen Tag … Warte … Lass uns einen Kaffee trinken, dann erzähle ich dir alles.«
    Wir gehen hoch in meine Küche, wo das Foto auf dem Tisch liegt. Ich nehme das Glanzpapier in die Hand und betrachte es.
    Eine junge blonde Frau sitzt auf einem eisernen Bett. Sie trägt BH und Slip. Die girelle ist nicht zu verachten. Ihr Haar ist kurz, Pagenschnitt.
    Im Hintergrund erkennt man durch ein geöffnetes Fenster die Blätter einer Platane. Hinter dem Baum sieht man direkt auf eine dicke Ziegelmauer. Bedrückende Enge. Es gibt keine Möbel bis auf einen kleinen Nachttisch, darauf steht eine Lampe mit geblümtem Schirm. Das schräg einfallende Licht betont die Stellen, an denen sich die Tapete von der Wand löst. Das Gesicht und der Körper der jungen Frau sind unterschiedlich ausgeleuchtet. Wahrscheinlich habe ich mit einem Reflektor gearbeitet. Links vom Fenster erkennt man ein Stück von einem fleckigen Vorhang, der von einer dünnen Kordel zurückgehalten wird. Im Vordergrund hängen ein Kleid und noch mehr Unterwäsche.
    Die junge Frau sitzt auf der Bettkante und raucht. Sie blickt mit einem Ausdruck tiefsten Überdrusses in die Kamera. Das linke Bein hat sie übergeschlagen, ihren Schuh hält sie mit dem Ende des Zehs. Die schmutzige, ärmliche Atmosphäre trieft geradezu aus dem Bild. Genau so, wie ich es wollte …
    Ich war ziemlich gut damals.
    Philippe unterbricht meine Selbstbeweihräucherung.
    »Und?«, brummt er.
    Klopf, klopf, klopf …
    Es ist Esther. Ich öffne meiner Nachbarin die Tür.
    Sie trägt ihren Bademantel – ein Kleidungsstück, das ich ihr vor Millionen von Jahren zu Weihnachten geschenkt habe … In der Hand hält sie ein flaches, gelbliches Brot.
    »Ich habe Geräusche gehört … Da ich pompe à l’huile gebacken habe, dachte ich mir …«
    Sie macht eine Pause. Ich nutze die Gelegenheit, um sie zur Begrüßung zu küssen. Philippe tut es mir gleich.
    »Guten Tag … Oha, ihr seid ja zu zweit … Umso besser, dann habe ich mir wenigstens nicht umsonst ein Bein ausgerissen, und es kommt alles weg … Ich hatte nicht mal mehr Zeit, mich zu kämmen …«
    Sie dreht sich zu mir um.
    »Ist mein Haar sehr schlimm verwuschelt?«
    »Aber nein! Sie sehen aus wie eine Sardine, die gerade frisch aus dem Meer gehüpft ist …«
    Sie deutet anklagend mit dem Finger auf mich.
    »Constantin, deine böse Katze hört nicht auf zu meckern … Ich hab sie in meinen cafoutchi gesetzt, damit sie und die Kleinen ihre Ruhe haben. Aber sie ist trotzdem nicht zufrieden … Hier gefällt’s mir nicht, miaut sie, ich will lieber zu den sauberen Pullovern. Und dann ist sie so eine dürre ratepenade. Sie frisst zwar, aber sie setzt nichts an …«
    Da bemerkt sie unsere finsteren Mienen und unterbricht sich. Vorsichtig wendet sie sich an Philippe: »Oh, Kleiner, du siehst ja aus, als hätte dir jemand zwei Veilchen verpasst. Was hast du denn heute Nacht getrieben? Geschlafen bestimmt nicht!«
    Philippe und ich schauen uns an. Sein Blick beschwört mich, diese unerschöpfliche Plaudertasche zum Schweigen zu bringen.
    »Esther, setzen Sie sich hin«, sage ich also bestimmt. »Ich war gerade dabei, Philippe eine Geschichte zu erzählen, die mir vor sehr langer Zeit passiert ist … Wollen Sie einen Kaffee? Ich mache gerade eine Kanne …«
    Sie fällt mir ins Wort.
    »Oh, entschuldigt … das ist wieder mal typisch ich. Eine echte bazarette … Ich rede und rede und lasse euch nicht einmal zu Wort kommen. Schon gut, jetzt setze ich mich brav hin und gebe keinen Mucks mehr von mir.«
    Ich

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