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Die Gedichte

Die Gedichte

Titel: Die Gedichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Maria Rilke
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Reichtum.
Oder die Überflüsse verschütten ihn,
sein eignes Bewundern
war zu wagend gewölbt,
bricht!
(Tempel sind rechnender.)
Ach, sein Bewundern verpflichtete
jene Bewunderte –, aber
wer ist herrlich aus Pflicht?
Aus Entzücken war sie’s vielleicht einen Augenblick,
herrlich. Und das Bewundern,
wie wo versteigert wird,
schrie den nächst höheren Preis,
immer noch höhern … ,
bis die Erwerbung,
getrieben,
unter die Sterne sprang:
Sternbild,
beiden unmöglich.

    (Als ein erster Entwurf.)
(Am Abend des 17. Juni 1924)

    DRITTE ANTWORT
AN E.M.

    Warum vergessen? Sag, wie Du mich sahst
und mich erschlossest aus erkannten Zeichen.
Bedenk es immer: ohne mir zu gleichen,
war mir das Bild doch innig angemaßt.

    Vielleicht auch hilft es mir, daß ich gewahr,
wie Du Dich rührst. Denn Deine Verse sind
Herzlandschaft, ganz gestickt aus Deinem Haar.
Nun aber wünsch ich in Dein Haar den Wind.

    Lauf wider ihn, daß er Dich mir umreißt
mit allem was Du warst und bist und meinst:
daß Du mir, Heide , als Gestalt erscheinst,
Du junger Körper wider meinen Geist.

    Du »Kamm auf meinen Wellen« … : Kämme schäumen
nur wo das Meer im Wüten stürmt den Damm;
und dann, je wilder sich die Wogen bäumen,
je weißer glänzt, je schöner schäumt der Kamm.

    So willst Du mich erregter? Oder denkst Du
an jene Kämme, die ein sanftres Meer
am Strande kräuselt? Unbekannte, schenkst Du
Dich als der Milderungen Wiederkehr?

    VIERTE ANTWORT

    DIE LIEBENDEN
(Erika und Melitta)

    I
    Bist du’s? Oh sei’s!
Wandle dich, wenn du’s nicht bist,
werde, was keiner vergißt,
bieg mir den Kreis.

    Lauter Beweis
geht von dir aus. Meine Arme sind
aufgeschlagen von deinem Wind.
Bist du’s? Oh sei’s!

    Zeig dich mir leis,
so wie Musik, die man wiedererkennt,
durch die Luft, die sie bringt, von ihr getrennt …
Bist du’s? Oh sei’s!

    Flamme und Eis
schließen dich ein wie ein einziger Brand.
Siehe, ich warte abgewandt:
Bist du’s? Oh sei’s!

    II
    Spielt mit Spiegeln der Gott?
Blenden uns jagende Scheine?
Ist dies Glänzen das Deine,
oder sein spielender Spott?

    Aufglänzt dein klares Gefühl,
stürm ich wie Wind deine Türe –,
doch wenn ichs glühend berühre,
scheint es mir kühl.

    III
    Ach, wie bist du dennoch, Wunderbare,
mir im Innersten verhundertfacht:
Jahreszeit im längsten meiner Jahre,
dunkler Tag und helle Nacht.

    Neue Blumen riefest du aus meiner
jungen Erde, die sich dir ergab,
niemals öffneten sich Kelche reiner
als geweckt von deinem Zauberstab.

    Meine Vögel bauten nicht, sie sangen …
Oh bewahre mir den schönsten Schrei:
Daß in dir dem wagenden Verlangen
reines Maß gegeben sei.

    DAUER DER KINDHEIT
(Für E. M.)

    Lange Nachmittage der Kindheit … . , immer noch nicht
Leben; immer noch Wachstum,
das in den Knien zieht –, wehrlose Wartezeit.
Und zwischen dem, was man sein wird, vielleicht,
und diesem randlosen Dasein – : Tode,
unzählige. Liebe umkreist, die besitzende,
das immer heimlich verratene Kind
und verspricht es der Zukunft; nicht seiner.

    Nachmittage, da es allein blieb, von einem Spiegel zum andern
starrend; anfragend beim Rätsel des eigenen
Namens: Wer? Wer? – Aber die Andern
kehren nachhause und überwältigens.
Was ihm das Fenster, was ihm der Weg,
was ihm der dumpfe Geruch einer Lade
gestern vertraut hat: sie übertönens, vereitelns.
Wieder wird es ein Ihriges.
Ranken werfen sich so manchmal aus dichteren
Büschen heraus, wie sich sein Wunsch auswirft
aus dem Gewirr der Familie, schwankend in Klarheit.
Aber sie stumpfen ihm täglich den Blick an ihren gewohnteren
Wänden, jenen, den Aufblick, der den Hunden begegnet
und höhere Blumen
immer noch fast gegenüber hat.

    Oh wie weit ists von diesem
überwachten Geschöpf zu allem, was einmal
sein Wunder sein wird, oder sein Untergang.
Seine unmündige
Kraft lernt List zwischen den Fallen.

    Und das Gestirn seiner künftigen Liebe
geht doch schon längst unter den Sternen,
gültig. Welches Erschrecken
wird ihm das Herz einmal reißen dorthin,
daß es abkommt vom Weg seiner Flucht
und gerät in Gehorsam und heiteren Einfluß?

    FÜR E. M.

    Vertraust Du so? Nicht meine Demut nur,
mein Wesen zittert vor so viel Vertrauen.
Mein Grund ist zu geheim, um drauf zu bauen;
ich bin Gefahr, sonst wär ich nicht Natur.

    Doch weißt Du’s nicht? Sooft es selig war,
rief Dir Dein Blut nicht immer feierlicher:
Gewagtes Kind, nun bist Du nirgends sicher
als in Gefahr.

    FÜR HEIDE

    Sieh mich nicht als Stetes und Erbautes,
weder Brücke kann ich

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