Die gefangene Braut
wünschen konnte. Seine Mutter hatte ihm neben dem großen Grundbesitz auch einen Titel hinterlassen.
Sein Halbbruder Rashid nahm alles mit, wenn er eine Karawane überfiel, und es störte ihn auch nicht weiter, wenn dabei jemand ums Leben kam. Rashid war ein harter und erbitterter Mann. Philip war froh, daß er seit seiner Rückkehr nicht mehr im Lager gewesen war.
Als Philip wieder ins Zelt trat, warf Christina ihm einen so haßerfüllten Blick zu, daß jeder andere Mann erstarrt wäre.
»Ich hatte gehofft, deine Übellaunigkeit hätte in der vergangenen Nacht nachgelassen, aber ich sehe schon, daß dem nicht so ist«, bemerkte Philip beiläufig.
»Und ich hatte gehofft, du besäßest den Anstand, die letzte Nacht nicht zu erwähnen. Aber du bist natürlich ein solcher Rüpel, mir diese Nacht sofort um die Ohren zu hauen! Ich verspreche dir, daß ich es nie mehr dazu kommen lasse!«
Philip grinste heimtückisch, als er sich ruhig neben sie setzte. »Gib keine Versprechen ab, die du nicht halten kannst, Tina. Nach dem Frühstück bringe ich dich zum Baden.«
»Danke, ich habe heute nacht schon gebadet«, sagte sie hochmütig.
Philips Augen zogen sich gefährlich zusammen. Er packte sie an den Schultern und rüttelte sie kräftig. »Du kleiner Dummkopf! Glaubst du, wir sind der einzige Stamm hier in den Bergen? Es gibt Dutzende von anderen, und wir teilen uns das Wasser und den Badesee mit Yamaid Alhabbal. Sein Stamm spricht im Gegensatz zu meinem kein Englisch. Weißt du, wo du heute morgen wärst, wenn dich jemand von diesem Stamm entdeckt hätte? Du stündest auf einem Sklavenmarkt – und brächtest eine ansehnliche Summe ein. Natürlich erst, nachdem
Yamaid Alhabbal und alle seine Männer deine Reize gekostet hätten.«
Philip stieß sie von sich und sah mit erbarmungslosem Blick auf sie herunter. »Nie wieder wirst du dieses Lager ohne Begleitung verlassen, hast du gehört?«
»Ja«, flüsterte sie eingeschüchtert.
Als er ihren Schrecken bemerkte, beruhigte Philip sich wieder. »Es tut mir leid, Tina. Es geht nur darum, daß ich dich wahrscheinlich nicht wiederfände, wenn du verkauft wirst. Der fette alte Geier, der das meiste für dich zahlen könnte, würde dich irgendwo verstecken, weil er Angst hätte, dich sonst zu verlieren. Das wünsche ich dir ebensowenig, wie du es dir wünschst.«
Christina wirkte schon wieder völlig gelassen, als sie sich ihren Nähsachen zuwandte. Philip entschloß sich, die Wildpferde zuzureiten, denn sie würden leichter zu zähmen sein als Christina.
Da Christina ihn völlig ignorierte, gab sich Philip nach dem Abendessen ganz seinen eigenen Gedanken hin. Er hatte den späten Nachmittag damit verbracht, seinem Vater von Paul und seiner Frau zu erzählen. Zwar hatte Yasir Paul seit vielen Jahren nicht gesehen, doch er stand seinem Herzen immer noch nahe.
Philip hoffte immer noch, daß Paul seinen Vater wenigstens ein einziges Mal besuchen würde. Der alte Mann hatte nicht mehr allzuviel Zeit vor sich. In diesem Land starben die Leute vor ihrer Zeit.
Als Yasir sich entschlossen hatte, mit seinem Stamm in das Vorgebirge zu ziehen, war Philip begeistert gewesen. Er hatte das Nomadenleben in der Wüste nie gemocht, das ständige Weiterziehen von einer Oase zur nächsten. Der Stamm lebte jetzt seit acht Jahren in den Hügeln. Philip wäre vielleicht nicht so lange bei seinem Vater geblieben, wenn sie nicht dauerhaft in die Berge gezogen wären. Hier war es beträchtlich kühler. Es gab sogar genügend Wasser für regelmäßige Bäder. Und ihr Lager war so gelegen, daß sie einem Überfall standhalten konnten, wenn das nötig sein sollte.
Philip wußte nicht, ob er nach dem Tod seines Vaters in Ägypten bleiben würde. Aber jetzt, da er Christina hatte, würde er sich vermutlich für das Bleiben entscheiden. Er konnte nicht mit ihr nach England zurückgehen, denn dort konnte sie ihm davonlaufen.
Als er die Augen aufschlug, sah er sie auf dem Sofa schlummern. Sie hatte sich wie ein kleines Mädchen zusammengerollt, das unschuldige Träume träumt. Sie erschien ihm kaum wie eine sinnliche Frau, die er in der vergangenen Nacht erlebt hatte. Er wollte sie auf seine Arme heben, um sie ins Bett zu tragen, doch sie erwachte und wich vor ihm zurück.
»Ich wollte dich wirklich nur ins Bett tragen«, sagte er. »Aber da du wach zu sein scheinst, wüßte ich etwas Besseres.«
»Nein!« fauchte sie. »Eher schlafe ich auf dem Fußboden!«
»Das würde dir nicht gefallen,
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