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Die Gegenpäpstin

Titel: Die Gegenpäpstin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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konnte sie den ungläubigen Klang ihrer eigenen Stimme vernehmen.
    »Ich bin bei dir, Sarah.«
    »Versprich mir, daß du die Übersetzungen meiner Pergamente |324| den Frauen überbringst. Die Welt muß erfahren, was geschehen ist, damit das Erbe meiner Mutter fortgeführt werden kann.«
    Padrigs kühle Rechte berührte ihre Wange. »Sei unbesorgt, Sarah, ich prophezeie dir, du wirst eine Tochter haben, stellvertretend
     für alle Töchter wird sie das Erbe deiner Mutter fortführen und sich gegen Gewalt und Krieg erheben, gegen die Ungleichbehandlung
     der Menschen, gegen die Macht des Bösen, gegen Tod und Verdammnis und für das Licht, das
er
zusammen mit
ihr
in diese Welt gebracht hat.«
    »Ich danke dir«, flüsterte sie und empfand mit einem Mal eine vollkommene Ruhe. Sie nahm wahr, wie ihr Herzschlag sich schmerzlos
     verlangsamte, und dann sah sie ein Licht, das heller und strahlender war als alles, was sie je zuvor gesehen hatte.
    Von weitem lächelte ihr ein blonder Mann mit einem jungenhaften Gesicht zu. »Deine Zeit ist noch nicht gekommen, Sarah«, sagte
     er mit sanfter Stimme. »Du mußt erst deine Aufgabe erfüllen.«
    Schweißgebadet erwachte Sarah und schaltete zitternd die Nachttischlampe ein. Völlig verwirrt schaute sie auf ihre Arme, an
     denen sie immer noch den Druck von Padrigs Handflächen zu spüren glaubte. Mit einer fahrigen Geste ordnete sie ihr Haar und
     trank Wasser aus einem Glas, das auf ihrem Nachtschrank stand, vorsichtig, als ob sie sich mit jedem Schluck vergewissern
     wollte, daß sie in die Wirklichkeit zurückgekehrt war.
     
    Ein paar Stunden später saß Sarah, ohne sich anmerken zu lassen, daß sie eine unruhige Nacht verbracht hatte, in ihrem Büro
     in der Zentrale der Beginen von Sankt Magdalena.
    Marla hatte ihr einen Tee hingestellt und ihr eine Kopfschmerztablette angeboten, die sie jedoch ablehnte.
    Regine kam gut gelaunt herein und überraschte sie mit den neusten Zahlen. »Wir haben mehr als hunderttausend Meldungen für
     die Kundgebung. Gruppierungen aus aller Welt. Belgien, |325| Österreich, England, Irland, Kanada, Holland, USA, Italien. Ja, sogar aus Korea gibt es die Zusage einer katholischen Frauenorganisation,
     die unsere Interessen unterstützt. Alles Frauen und auch Männer, die dasselbe Ziel haben: die Macht der Männer in Rom zu brechen
     und für die Gleichberechtigung aller in der römisch-katholischen Kirche zu kämpfen. Ich kann dir gar nicht sagen, wie ich
     mich freue.« Sie hielt inne, als sie bemerkte, daß Sarah ihre Begeisterung nur verhalten teilte. »Geht’s dir nicht gut?«
    Sarah sah wirklich bleich aus. »Ich hab schlecht geschlafen«, murmelte sie. Sie sprang auf und rannte aus dem Zimmer, hinunter
     in den ersten Stock und stieß die Tür zur Toilette auf.
    Im Eiltempo durchquerte sie den verspiegelten Vorraum und stürzte in eine der abgeschlossenen Kabinen, ohne jedoch die Tür
     hinter sich zu schließen. In einer fließenden Bewegung raffte sie ihr langes Haar und drehte es im Nacken zu einem Zopf. Dann
     erbrach sie sich. Dabei hatte sie noch nicht einmal gefrühstückt. Nachdem sich ihr Magen zum dritten Mal unter schmerzhaften
     Zuckungen zusammengekrampft hatte, sank sie erschöpft auf die Knie.
    Eine Hand legte sich sanft auf ihre Schulter. »Um Gottes willen, Sarah, was ist mit dir?« fragte Regine voller Besorgnis.
     »Komm, steh auf. Ich helfe dir.« Entschlossen packte die Beginenchefin sie unter den Armen und half ihr auf die zittrigen
     Beine.
    Wie einem Kleinkind wischte sie Sarah mit einem Papiertuch den Mund ab und kontrollierte, ob Erbrochenes auf Jeans und Pullover
     gelandet war. »Setz dich!« befahl sie und dirigierte ihre unfreiwillige Patientin auf einen in der Nähe stehenden Stuhl.
    Vollkommen kraftlos ließ sich Sarah auf das harte Polster sinken.
    Regine bedachte sie mit einem prüfenden Blick. »Hast du das öfter?«
    |326| »Nein.« Sarah sprach leise, um ja keine neue Übelkeitsattacke zu riskieren. »Vielleicht habe ich was Falsches gegessen. Mir
     war die halbe Nacht übel.«
    »Es geht mich ja nichts an«, begann Regine zögernd. »Aber könnte es sein, daß du …?«
    Sarah blickte alarmiert auf.
    »Schwanger bist?«
    »Wie kommst du darauf?« Sarah nahm eine Abwehrhaltung ein.
    »Man sagt mir nach, ich hätte einen siebten Sinn für so was. Verspürst du vielleicht zu deiner Übelkeit ein Ziehen im Unterleib
     oder in den Brüsten?«
    Sarah schwieg, wobei sie konzentriert ein- und ausatmete.

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