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Die Gegenpäpstin

Titel: Die Gegenpäpstin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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freudestrahlend in das Angebot
     ein, kaufte dazu noch Pinsel und Feder und ein kostbares Gefäß mit römischer Tinte. Nachdem dieser Handel getätigt war, erstand
     sie die lang ersehnte Seife und ein teures Duftöl in einem Elfenbeintiegel.
    Als sie den Händler mit den silbernen Münzen bezahlen wollte, die das Konterfei Herodes Agrippas II. zierten, wurde ihr für
     einen Moment schwindelig vor Aufregung. Sie verlor das Gleichgewicht, doch zum Glück fing Jaakov sie mit seinen immer noch
     starken Armen auf. Die prall gefüllte Börse war ihr aus den Händen geglitten, und die Münzen rollten über den Boden.
    Während Jaakov voller Sorge Mirjam auf seinem Schoß geborgen hielt, mühte der junge Kaufmann sich, die Münzen wieder aufzusammeln.
     Zwei oder drei waren in eine steinerne Ritze gefallen.
    »Laß es gut sein«, sagte Jaakov eine Spur zu hart, als er beobachtete, daß der Neffe eines Pharisäers, dessen Onkel ihm aus
     dem Hohen Rat der Juden in Jeruschalajim bekannt war, sich dem geheimen Zugang zur Höhle gefährlich näherte.
    Der arglose Jüngling wich beinahe erschrocken zurück, als er den dunklen Blick des Alten gewahrte. Rasch erhob er sich und
     legte die eingesammelten Münzen auf den Tisch.
    |63| »Reich mir einen Becher mit Wasser«, befahl Jaakov, nicht nur um den Kaufmann abzulenken, sondern auch weil Mirjam immer noch
     beunruhigend blaß wirkte.
    Vorsichtig flößte Jaakov ihr das kühle Nass ein. Mirjam trank hastig und begann zu husten.
    »Hilf mir«, sagte Jaakov und nahm damit den verschüchterten Besucher erneut in die Pflicht.
    Gemeinsam hoben sie die gebrechliche Frau auf ein Lager aus Schaffellen.
    »Mir geht es gut«, protestierte Mirjam schwach.
    »Du bleibst erst einmal liegen.« Jaakov duldete offenbar keinen Widerspruch, dann wandte er sich dem Kaufmann zu. »Nimm dir,
     was du brauchst«, sagte er und nickte in Richtung Tisch, auf dem die Geldbörse lag.
    Zögernd zählte der Jüngling die vereinbarte Summe ab und steckte sie verlegen in seine lederne Umhängetasche.
    Plötzlich stand Ilan in der Tür. Sein gepacktes Bündel signalisierte, daß er bereit zum Aufbruch war. Er hatte ebenso ungeduldig
     wie Mirjam auf die Ankunft des Händlers gewartet, weil er sich auf seine Mutter und seine Geschwister freute, besonders aber
     auf das Neugeborene, das er zuvor nie hatte sehen können. Der junge Händler würde ihn mitnehmen, hinunter zum kleinen Meer,
     wie sie den See auch nannten.
    Mirjam rief Ilan zu sich heran, küßte seine Stirn und segnete ihn.
    Ilan ließ sein Bündel fallen und fiel ihr um den Hals. »Dank Euch«, flüsterte er schüchtern in ihr Haar. »Ich werde Euch nie
     vergessen.«
    Dann verabschiedete er sich in ebenso ehrerbietiger Dankbarkeit bei Jaakov und verneigte sich tief vor dem alten Mann.
    Gemeinsam mit dem jungen Kaufmann ging er, ohne sich noch einmal umzuschauen.
    »Jetzt sind wir allein«, sagte Jaakov und setzte sich fürsorglich neben Mirjam. »Ich mache mir Sorgen um dich.«
    |64| »Das mußt du nicht«, erwiderte sie leise.« Ich habe mich schon wesentlich schlechter gefühlt.«
    »Ich wünschte, ich könnte dich genauso heilen, wie Jeschua dich einst geheilt hat.«
    »Es hatte nichts mit dem Fleisch zu tun, sondern mit dem Geist – hast du das etwa vergessen?« Sie schaute ihn beinahe strafend
     an, doch dann lächelte sie. Obwohl Jaakov fast zehn Jahre älter war als sie selbst, sah sie in ihm immer noch den unerfahrenen
     Bruder, der länger als all die anderen Brüder gebraucht hatte, um die Lehre Jeschuas zu verstehen. Es kam einem Wunder gleich,
     daß er viel später die Beherrschung seiner inneren, geistigen Kräfte erfahren hatte, um damit so viel Gutes zu tun, wie ein
     Mensch nur tun konnte.
    »Sie sind wie unmündige Kinder«, hatte Jeschua ihr eines Tages anvertraut, und damit nicht nur seine Gefolgschaft, sondern
     auch seinen älteren Bruder gemeint. Die meisten Jünger waren längst nicht so wißbegierig und verständig gewesen wie sie selbst
     und manch andere Frau, die Jeschua gefolgt war.
    »Erinnerst du dich noch«, flüsterte Mirjam nun, »wie ich zu euch gekommen bin? Mein Vater lag im Sterben, obwohl wir alles
     versucht hatten, um ihm seine Gesundheit wiederzugeben. Wahrsager, Astrologen, persische Wunderheiler. Nichts hatte geholfen.
     Zu sehen, wie er mehr und mehr zerfiel, war alles, was mir blieb. Ich hatte den Tod meiner Großmutter noch nicht überwunden,
     geschweige denn den meiner Mutter, und das Schicksal

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