Die Gegenpäpstin
geschätzter Kardinal hätte seine Finger im Spiel.«
»Sind Sie verrückt? Wie kommen Sie auf eine solche Idee?«
»Nach Ihren Äußerungen zu urteilen, erscheint mir eine solche Vorgehensweise geradezu als erwünscht.«
»Wir sind keine Mörder, Pater Padrig. Ich finde es ungeheuerlich, daß Sie so etwas auch nur annehmen. Trotzdem muß man handeln.
Oder sind Sie etwa anderer Meinung?«
»Ich stimme Ihnen zu«, erwiderte Padrig kühl. »Man könnte das kanonische Recht ändern, und zwar bevor man auf einer Kundgebung
mit Tausenden von Frauen dazu aufgefordert wird.«
»Himmelherrgott, McFadden, was ist mit Ihnen passiert? Hat man Sie einer Gehirnwäsche unterzogen?«
»Ich bin Realist, Bruder. Und meine Einblicke ins Weltgeschehen sind zur Zeit etwas tiefer als die Ihren.«
»Gut«, beschied Mendez zerknirscht. »Ich werde Kardinal Lucera einen entsprechenden Hinweis geben, aber zuvor werde ich unsere
Brüder in unserem archäologischen Zentrum in Karfanaum am See Genezareth anrufen. Sie sollen Nachforschungen anstellen, ob
dort unten jemand etwas von den Ausgrabungen auf dem Jebel Tur’an mitbekommen hat.«
|250| »Sicher«, pflichtete Padrig nicht ohne Ironie in der Stimme bei. »Damit können Sie natürlich ein wenig Zeit gewinnen, bevor
Ihnen der Löwe den Kopf abbeißt.«
»Halten Sie mich auf dem laufenden«, entgegnete Mendez. »Egal, was auch geschieht, ich möchte es wissen.«
Eine Weile starrte Padrig sein Mobiltelefon an, nachdem er aufgelegt hatte, und dann ging er ins Wohnzimmer und blickte aus
dem Fenster. Im Licht der Straßenlaterne konnte er erkennen, daß der Wagen, der gestern abend noch dagestanden hatte, weggefahren
war. Vielleicht sah er bereits Gespenster. Bei all dem Wirbel kein Wunder. Möglicherweise war es aber auch ein Wagen der Polizei
gewesen, die versprochen hatte, sie im Auge zu behalten.
Wieder einmal fühlte sich Padrig an die unselige Zeit vor seiner Inhaftierung erinnert, in der er monatelang von der Polizei
und dem Geheimdienst verfolgt worden war. Man hatte das Gefühl, verrückt zu werden, sah hinter jeder Säule jemanden stehen
und lief ständig zum Fenster, um hinauszuspähen. Man führte das Leben einer Kellerassel und traute sich schließlich kaum noch
hinaus.
Plötzlich wurde das Licht angeschaltet. Padrig schnellte herum.
»Wie war die Nacht?« fragte Sarah lächelnd. Ihr schönes Gesicht wirkte noch herrlich verschlafen, und ihre schwarzen Locken
waren zersaust wie nach einem Sturm. Unwillkürlich fiel sein Blick auf ihre Beine. Sie waren nackt und endeten bei den Oberschenkeln
am Saum eines Männerhemdes, während ihre Füße in dicken, umgekrempelten Wollsocken steckten.
»Zu kurz«, sagte er und löste seinen Blick demonstrativ vom Saum ihres Hemdes, dabei setzte er sich mit einem unterdrückten
Gähnen auf, damit kein Zweifel darüber entstand, daß er seinen Schlaf meinte und nicht über ihre ungewöhnliche Garderobe sprach.
|251| Bei ihrem Anblick empfand er ein spontanes Gefühl von Zärtlichkeit. Sie erinnerte ihn an seine drei Jahre jüngere Schwester
Eileen, auch wenn diese blond und blauäugig war. Bis zu seinem sechzehnten Geburtstag hatte er ein Zimmer mit ihr geteilt,
und auch später, als er bereits in den Untergrund abgetaucht war, hatte sie ihn ab und an bei sich aufgenommen, wenn er völlig
erschöpft durch einen geheimen Zugang in ihre kleine Wohnung geschlüpft war. Dann hatten sie oft bis spät in die Nacht in
ihrer Küche gesessen, Kaffee getrunken und von alten Zeiten gesprochen. Eileen hatte dann, nur mit einem Männerhemd bekleidet,
auf einem Holzstuhl gesessen und ihre nackten Beine übereinandergeschlagen, während sie an den Füßen dicke, selbstgestrickte
Wollsocken trug.
Padrig spürte, daß Sarahs Blick auf seinem nackten Oberkörper ruhte, was ihn dazu brachte, rasch nach einem Hemd zu greifen
und es überzuziehen.
»Du siehst ziemlich sportlich aus«, bemerkte sie lächelnd. »Aber das ist bei deinem Job sicher Pflicht.«
»Ich jogge viel«, antwortete er ausweichend. »Eigentlich jeden Morgen. Danach ein paar Liegestütze. Das wär’s dann auch schon.«
Und für gewöhnlich besuche ich jeden Morgen die Frühmesse, hätte er noch hinzufügen können, aber das ließ er besser.
»Ich vermisse meinen Sport«, erklärte sie ihm. »In den letzten Wochen bin ich zu rein gar nichts gekommen. Ich hab bestimmt
fünf Kilo zugenommen.« Sie blickte an sich hinunter.
»Du brauchst
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