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Die geheime Sammlung

Die geheime Sammlung

Titel: Die geheime Sammlung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polly Shulman
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Fluss unter der Erde
     
    Ich kaute auf meinem Bleistift und starrte auf das Papier. Ich wusste einfach nicht, welche Antworten korrekt waren. Ich wusste nicht mal, welche falsch waren, obwohl ich sonst bei Multiple-Choice-Tests ein oder zwei Antworten von vornherein ausschließen kann. Und ich fühlte mich schrecklich nervös, wie in Alpträumen, in denen man einen Test für einen Kurs machen muss, den man nie gewählt hat.
    Eine Minute oder zwei vergingen. Dann entschied ich, es gebe nichts zu verlieren – ich würde es einfach versuchen.
    Aufmerksam ging ich die Fragen durch und machte meine Kreuze. Ich las jede Frage, schloss dann meine Augen, stellte mir die möglichen Antworten so lebhaft wie möglich vor und entschied aus dem Bauch heraus. Wenn mein Bauch keine Meinung hatte, ließ ich meinen Bleistift entscheiden.
    Schließlich hatte ich alle Fragen beantwortet, aber da waren noch mehr Seiten, die mit der Vielzweckklemme angeheftet waren. Die erste war irgendeine Liste:
Küchenrolle, Spülmittel, Waschmittel, Pistazien, Milch, Möhren, Sardinen, Cayennepfeffer
 … Doc Rusts Einkaufsliste?
    Ich schlug die nächste Seite auf. Die Überschrift war in derselben Schriftart wie der Test verfasst und lautete:
Archiv Qualifizierungs-Examen Ebene Zwei, 209 v 04 Lösungen
. Darunter stand eine Liste von Antworten. Sie schienen zu den Fragen des Tests zu gehören, den ich gerade gemacht hatte. Dr.Rust hatte mir wohl aus Versehen den Lösungsschlüssel mitgegeben!
    Das schlechte Gewissen schlug zu. Zugleich flüsterte der kleine Teufel, dass Dr.Rusts Achtlosigkeit schließlich nicht mein Fehler gewesen war.
    Schnell überflog ich das Blatt und sah zu meinem Entsetzen, dass nicht eine einzige meiner Antworten korrekt war – laut Schlüssel waren die sichersten und dümmsten die richtigen. Und dann begann ich doch, die Antwort zur ersten Frage auszuradieren, um sie der Antwort vom Lösungszettel anzugleichen. Mein Bleistift schien das nicht zu mögen: Ich hinterließ einen hässlichen rosa Schmierer auf dem Zettel, wie ein entzündeter Schnitt. Die Farbe des Betrugs, dachte ich, drehte den Bleistift um und füllte den Kreis neben meiner ursprünglichen Antwort aus:
D, Von ganzem Herzen.
Die Entscheidung erleichterte und enttäuschte mich gleichermaßen. Nun, da ich wusste, ich würde die Beförderung nicht bekommen, merkte ich erst, wie sehr ich sie mir wünschte.
    Die Tür öffnete sich. »Nun, Elizabeth – alles fertig?«
    Mit einem kleinen Nicken reichte ich dem Doc mein Lösungsblatt, zusammen mit den anderen Zetteln. »Ich glaube, Sie haben mir auch den Lösungsschlüssel gegeben.«
    Er grunzte. »Tatsächlich, das habe ich … hoppla, da ist meine Einkaufsliste also hin verschwunden. Sardinen! Ich wusste, ich hatte etwas Wichtiges vergessen. Nun, mal sehen, wie du dich geschlagen hast. CDD , ADC , BAB , CCB , ACB  … Sehr schön. Ein fast perfektes Ergebnis.«
    »Was meinen Sie mit ›fast perfekt‹? Ich habe nur eine Antwort richtig.«
    Die Sommersprossen glitten über einen der Wangenknochen, er lächelte. »Nur eine falsch, meintest du. Dieser Lösungsschlüssel ist die Liste der
falschen
Antworten. Du hast mit Glanz und Gloria bestanden.«
    »Habe ich?«
    »Ja. Du hast nicht nur die richtigen Antworten gewählt, du hast es auch noch geschafft, ohne auf dem Lösungszettel zu spicken. Gut gemacht, Elizabeth Rew! Und jetzt darf ich dir freudig den Schlüssel zum Grimm-Sammelsurium überreichen. Bewache ihn wohl und benutze ihn weise.« Dann schob er die Vielzweckklemme herunter, die die Blätter des Tests zusammenhielt, und legte sie in meine Hand.
    »Das ist der Schlüssel?
Eine Vielzweckklemme?
«
    »Ganz genau.«
    »Aber …« Nun, dachte ich dann, wenn Anjalis Schlüssel eine Spange war, wieso sollte meiner nicht eine Vielzweckklemme sein? Laut fragte ich: »Wie funktioniert er?«
    »Komm mit nach unten, und ich zeige es dir.«
    »… Lasst mich rein – so ist es recht!«
, sang ich und drückte dabei meine Vielzweckklemme gegen die Tür, die mich erst vor einer Stunde in den Wahnsinn getrieben hatte. Dr.Rust staunte, wie schnell ich mir den Reim merken konnte – und wie gelassen ich die Neuigkeit aufnahm, dieser Raum sei bis obenhin angefüllt mit echter Magie. Dass ich all das bereits gehört und gesehen hatte, verschwieg ich lieber.
    Mehr Probleme hatte ich dann mit der Ausgangs-Melodie, aber nach sechs oder sieben Versuchen war auch das geschafft. Mr.Theodorus, mein Musiklehrer, wäre stolz

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