Die geheime Stunde
machte sie sich auf den Weg, zu ihrer Thanksgiving-Mission.
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22
D as Haus war so anheimelnd, wie Kate es in Erinnerung hatte – obwohl sie es nur kurz von innen gesehen hatte, an dem Morgen mit dem Ziegelstein. Das Licht, das am Spätnachmittag durch das neue Glasfenster hereinflutete, zauberte Sonnenlichtquadrate auf den Orientteppich.
Kate bemerkte die Meereslandschaften an der Wand, die Familienfotos auf dem Klavier. Ihr Blick wanderte weiter, zu einer Aufnahme von Sally Carroll mit einer anderen Frau – elegant, hübsch, mit leuchtend blauen Augen. Die beiden Freundinnen, vor Freude strahlend, trugen weiße Tenniskleidung und hielten gemeinsam einen goldenen Pokal in die Höhe. Derselbe Pokal stand nun auf dem Kaminsims, mit eingravierten Namen und Datum: Theresa O’Rourke und Sally Carroll, Club Champions, 15. September 1999.
Kate blickte sich nach John um, aber er brachte die Hunde bereits nach oben. Sie ging ihm nach, und aufgekratzt füllten sie die große Badewanne mit Wasser. Das Vorhaben kam ihnen ungemein komisch vor, und je mehr sie darüber nachdachten, desto mehr lachten sie. John lockerte seine Krawatte, und Kate nahm ihre Baskenmütze ab. Beide krempelten die Ärmel hoch. Die Hunde, die ahnten, was ihnen bevorstand, verkrochen sich unter dem Bett in Johns Schlafzimmer.
»Was tun die zwei da?«, fragte John, auf den Knien, und spähte unter das ausladende Bettgestell.
»Sie machen sich platt wie ein Pfannkuchen, in der Hoffnung, dass du sie nicht siehst«, rief Kate ihm von der anderen Seite zu, bemüht, Bonnie mit einem Hundekuchen, den sie für den Spaziergang eingesteckt hatte, hervorzulocken.
»Wie könnte man ihn da unten übersehen … dieser große gelbe Hund leuchtet ja geradezu in der Dunkelheit.« John spähte unter das Bett, und sein Blick fiel auf Kate, die ihn ansah.
»Bonnie nicht.« Kate lachte. »Schau, sie hat sich zusammengerollt und rührt sich nicht, gibt sich die größte Mühe, dass wir sie mit einem Plüschhund verwechseln.«
Schließlich gelang es ihnen, Brainer herauszubekommen, ihn in die Wanne zu stecken und einzuseifen. Er saß reglos da, sein bekümmerter Blick flehte sie an aufzuhören, ihm seine Würde zu lassen, während Seifenschaum an seinen Bart- und Brauenhaaren haftete, ein Anblick, der Kate und John noch mehr zum Lachen brachte.
»Meinst du, dass wir damit seine Gefühle verletzen?«, fragte John.
»Ach wo. Wir verwandeln ihn nur in den attraktivsten Jagdhund von ganz Silver Bay.«
»Bist du sicher?«
»Hast du deinen Hund denn noch nie gebadet?«
»Ich muss gestehen – nein.«
»Warte, bis wir mit ihm fertig sind. Er wird unvorstellbar stolz und zufrieden mit dem Ergebnis sein.«
»Beim letzten Mal war er das wirklich. Doch das Beste war, dass du Teddy damit eine Riesenfreude bereitet hast. Er macht sich Sorgen um Brainer.«
»Genau wie Willa um Bonnie.«
»Inwiefern?«
»Dass sie sich beispielsweise eine Zecke einfängt und an Borreliose erkrankt, oder Würmer … oder dass sie ihr Halsband abstreift und verloren geht.« Kate lachte. »Der Gedanke hat ihr derart zu schaffen gemacht, dass sie Bonnie schon tätowieren lassen wollte. In Frankreich sei das gang und gäbe, meinte sie. Man tätowiert den Tieren eine Nummer in die Ohrmuschel, als Erkennungsmerkmal.«
»In Frankreich?«
»Ja. Seit wir dort Urlaub gemacht haben, ist sie frankophil geworden. Wir sind oft verreist … wie auch immer, sie ist ganz vernarrt in Frankreich und alles, was dazugehört. Wir haben hin und wieder sogar Französisch miteinander gesprochen.«
»Sag doch mal was auf Französisch.«
Kate lächelte, mit einem Mal befangen.
»Nur zu.« Johns Unterarme tauchten in das schmutzige Wasser ein, der Geruch nach nassem Hund stieg rings um ihn auf, und er hatte Seifenschaum auf den Wangen.
»D’accord. Ce chien est très beau.«
»In Ordnung. Und jetzt übersetzen.«
»Das heißt, dieser Hund ist sehr schön«, erwiderte Kate verlegen, als sie Johns belustigten Blick gewahrte. »Und jetzt ist Bonnie an der Reihe.«
Sie ließen das Wasser aus und füllten die Badewanne erneut, während sie Brainer abtrockneten und dazu ein Dutzend sauberer Handtücher verbrauchten. Der Hund rannte durch das große Haus, rollte über die Teppiche, schüttelte sich. John lachte erstaunt. »Nicht zu fassen – ich wünschte, die Kinder könnten das sehen. Ihre Mutter wäre nie im Leben auf die Idee gekommen, Brainer in unsere Badewanne zu stecken …«
Kate
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