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Die geheime Stunde

Die geheime Stunde

Titel: Die geheime Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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aussprechen, wollte ihm keinen Vorwand liefern, das Gespräch endgültig abzubrechen.
    »Bevor mein Mandant verhaftet wurde.«
    »Ja.«
    John fuhr schweigend weiter. Sie verließen das Stadtzentrum, fuhren über die Küstenstraße in östlicher Richtung weiter. Die Straße schlängelte sich an malerischen Buchten und Marschen vorbei, führte über kleine Brücken und am äußersten Ende eines schmalen Landstreifens entlang. Die Wärme im Auto war anfangs eine Wohltat gewesen, doch nun begann Kate zu schwitzen. Sie kurbelte das Fenster einen Spaltbreit herunter, atmete den stechenden Geruch der Ebbe ein. Das Watt lag entblößt da, Schalentiere und verendete Meeresbewohner verwesten in der kalten Luft.
    Sie musterte Johns Gesicht. Ging er in Gedanken seine Akten durch, versuchte sich zu erinnern, ob der Name Willa in irgendeiner Phase der Ermittlungen aufgetaucht war? Versuchte er, sich das Gesicht eines Mädchens ins Gedächtnis zu rufen, das wie Kate aussah, nur zwölf Jahre jünger?
    »Ich kann mich nicht entsinnen, ihren Namen in irgendwelchen Unterlagen gelesen zu haben … wenn sie
überhaupt
hier gewesen ist«, sagte John überlegt. »Warum haben Sie die Polizei nicht gleich davon in Kenntnis gesetzt?«
    »Weil ich nicht wusste, dass sie hier war … zu diesem Zeitpunkt.«
    »Ich verstehe nicht.«
    »Wir konnten ihre Spur bis Newport, Rhode Island, verfolgen. Sie versuchte … über eine schmerzliche Liebesaffäre hinwegzukommen.« Kate brachte die Worte kaum über die Lippen; sie kratzten in ihrer Kehle wie Schmirgelpapier, als wären sie in der Lage, die alte Wunde jederzeit wieder aufzureißen. »Sie war von Washington aus dorthin gefahren, hatte in einem Landgasthof übernachtet – einer Frühstückspension, genauer gesagt. Ähnlich wie das East Wind.«
    »Eines von diesen alten Herrenhäusern?«
    »Ja, am Ocean Drive. Einen Katzensprung von Breton Point entfernt.«
    »Hat sie Ihnen gesagt, dass sie dorthin wollte?«
    Kate schüttelte den Kopf. »Nein. Kein Sterbenswort, zu niemandem. Doch nachdem sie eine Woche verschwunden war und ich nichts von ihr gehört hatte …«
    »Eine Woche ist nicht lange, um über eine unglückliche Liebesaffäre hinwegzukommen«, warf John heftig ein.
    »Nein, aber das Schweigen dauerte sechs Tage länger als zwischen uns beiden üblich. Es war noch nie vorgekommen, dass sie sich eine ganze Woche lang nicht meldete«, konterte Kate. »Am zweiten Tag begann ich mir Sorgen zu machen …« Sie holte Luft, vergegenwärtigte sich die schrecklichen Umstände. »Und am vierten Tag war ich außer mir vor Angst. Ich rief Matt an, und er überredete mich zu warten, sie gewähren zu lassen … wir hatten einen Streit, Willa und ich, wissen Sie … Das kam sehr selten vor.« Kates Augen füllten sich mit Tränen, aber sie wischte sie weg, bevor John sie sah.
    »Wie haben Sie herausgefunden, dass sie in Newport war?«
    »Genau wie Sie sagten, über die Kreditkarte. Ich schaltete die Polizei in D. C. ein; sie fand die Spur. Und Telefonaufzeichnungen. Sie meldete sich bei dem Mann – er war der Grund, dass sie überhaupt die Flucht ergriffen hatte, aber offenbar kam sie nicht von ihm los. Sie rief ihn jeden Tag an …«
    »Aber nicht Sie.« Johns Tonfall war mit einem Mal sanft, und als er den Kopf drehte, um sie anzusehen, erkannte Kate, dass er ihren Schmerz verstand. Der Strahl des Leuchtturms blitzte auf, durchquerte den Wagen, erhellte seine Augen.
    »Mich nicht. Sie hat mich kein einziges Mal angerufen.«
    John nickte, und sie meinte, ihn lange und leise seufzen zu hören. Seine Knöchel waren schneeweiß auf dem Lenkrad – wusste er mehr, als er sagte? Kates Puls begann zu rasen.
    »Und dann? Nachdem Sie ihre Spur bis Newport verfolgt hatten?«
    »Die Polizei sagte, sie habe ihre Rechnung bezahlt und das Seven Chimneys Inn am Dienstag, den 5. April verlassen. Am Abend rief sie Andrew an – ihren … Geliebten –, und am nächsten Morgen erneut. Danach, nichts mehr. Keine Telefonate, kaum noch Kreditkarten-Aktivitäten. Am Donnerstag wurde ihre Texaco-Karte an einer Tankstelle in Fairhaven, Massachusetts, benutzt. Und ihre MasterCard am Freitag in einem Laden für Campingausrüstung in Providence.«
    »Aber keinerlei Hinweise auf den Küstenstrich von Connecticut.«
    »Nein.«
    »In dieser Gegend wurde weder ihre Kreditkarte benutzt noch ein Telefongespräch geführt.«
    »Richtig.«
    John drehte sich zu Kate um, sah ihr in die Augen. »Wie kommen Sie dann zu der

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