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Die geheimnisvolle Sanduhr (German Edition)

Die geheimnisvolle Sanduhr (German Edition)

Titel: Die geheimnisvolle Sanduhr (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Tenner
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kommenden Woche informieren. Die halbe Zeitung war anlässlich des 1. Jahrestages dem Geschehen vor genau einem Jahr gewidmet, es gab viele Bilder von zerstörten Häusern, Erlebnisberichte und auch über die Erfolge der Katastrophenhelfer.
    Dann kam die Seite mit den Fotos der siebenundzwanzig Menschen, die Opfer dieser Naturkatastrophe wurden. Besser sechsundzwanzig. Denn das siebenundzwanzigste Leben ging auf mein Konto. Ich erkannte die Kleine sofort, selbst ohne die Unterschrift „Sarah Baker(4), Sunrise“. Ich hätte heulen können. Ich wollte dem Hurrican und den damit verbundenen Unannehmlichkeiten und Strapazen entgehen und hatte nicht eine Sekunde an die Folgen gedacht. Wenn ich auch nur ein einziges Mal mir ernsthafte Gedanken gemacht hätte, wäre mir vielleicht klar geworden, dass ich nun einmal derjenige gewesen war, der am richtigen Platz zur richtigen Zeit eintraf, um das Mädchen aus seiner prekären Lage zu befreien. Ich stellte mir lieber nicht vor, welche Ängste es ausgestanden haben musste, bevor es unter den Trümmern des Hauses erschlagen oder verschüttet wurde. Monique sah mein aschfahles Gesicht. Sie spürte, dass etwas nicht stimmte. „Was hast du, ist dir übel?“
    „Das kann man wohl sagen. Wir hätten doch im vergangenen Jahr reisen sollen.“
    „Unsinn. Wolltest du in diesen schlimmen Wirbelsturm geraten, du siehst doch heute noch die Folgen.“
    „Genau. Eine dieser Folgen ist, dass dieses vierjährige Mädchen tot ist, wären wir gereist, hätten wir es retten können.“
    „Wie hätten wir ein fremdes Kind, dass in irgendeiner Region dieses Landes vom Sturm überrascht wurde, denn bitte schön retten können? Ich glaube, du drehst langsam durch.“
    „Das befürchte ich auch. Aber aus gutem Grunde. Auch wenn du dies nicht verstehen kannst.“
    Zu dem Bild des abgerissenen Beines gesellte sich jetzt vor dem Einschlafen das Gesicht des farbigen Mädchens, wie es den Monchhichi an seine Brust drückte. Bereits beim Rückflug war mir klar, dass ich keine Wahl hatte. Ich musste versuchen, die Sanduhr wieder in meinen Besitz zu bringen.
    Zwei Wochen später buchte ich eine Dreitagesreise nach Paris.
    Ich verkaufte die Reise als vorgezogenes Weihnachtsgeschenk und als Entschuldigung und Wiedergutmachung für die letzte Woche in Florida, wo ich mit meiner schlechten Stimmung ihr und Daniela den Urlaub verdorben hatte. Sie schüttelte zwar den Kopf über die nicht eingeplanten Ausgaben, aber freute sich natürlich auf den Eiffelturm und alles, was man als Normalsterblicher mit der französischen Metropole verbindet. Meine Frau wollte unbedingt ins Mouline Rouge, es fiel mir nicht leicht, ihr diesen Einfall auszureden, stattdessen hatte ich ein vorzügliches Restaurant etwas außerhalb des Zentrums per Stadtführer ausfindig gemacht und musste mein negatives Urteil über die französische Küche revidieren. Auch der Wein war das Beste, was ich in den letzten Jahren getrunken hatte.
    Es wäre ein rundum gelungener Abend gewesen, wenn ich mit meinen Gedanken nicht beim Antiquariat gewesen wäre.
    Dieses war das eigentliche Hauptziel der Reise und ich wollte es am nächsten Morgen, sonntags hatte das Geschäft sicherlich geschlossen, aufsuchen, um die Sanduhr zu erwerben und meinen tödlichen Fehler zu korrigieren.
    Ich hätte wissen müssen, dass es so leicht nicht werden würde.
    Meine Frau hatte keine Einwände, sich die von mir vorgeschlagene Straße und die dortigen Geschäfte anzusehen.
    Sie wunderte sich nur, warum ich nicht den naheliegenden Montmartre Friedhof mit Heines Grab besichtigen wollte.
    „Wir müssen uns im Urlaub nicht unbedingt Friedhöfe ansehen“,
     meinte ich verständnisvoll.
    „Aber einige Antiquariate würde ich gerne durchstöbern. Dort drüben soll es ein Gutes geben.“
    Schon von dreißig Meter Entfernung sah ich, dass es kein Antiquariat mehr gab, nur einen leeren, inzwischen verstaubten und zur Vermietung (zumindest übersetzte ich das französische Wort auf dem Schild in dieser Weise) stehenden Laden. Monique konnte mein Entsetzen wieder einmal nicht verstehen. „Es gibt über hundert Antiquariate in Paris. Lass uns doch einige andere suchen.“ Ich überlegte ernsthaft, ob ich einen erneuten Versuch machen sollte, ihr die Geschichte zu erzählen, irgendwie alles begreiflich zu machen. Aber sie war ja nicht einmal für mich selbst begreiflich. Sollte meine Oberflächlichkeit mit einem lebenslangen schlechten Gewissen bestraft werden? Sollte ich

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