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Die geheimnisvolle Sanduhr (German Edition)

Die geheimnisvolle Sanduhr (German Edition)

Titel: Die geheimnisvolle Sanduhr (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Tenner
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spüren, dass die Rückkehr in die Vergangenheit nur Schwierigkeiten mit sich brachte? Sollte ich vielleicht wie in einem Horrorfilm langsam in den Wahnsinn getrieben werden? Oder war ich auf dieser Stufe schon angelangt? Für einige Sekunden schloss ich die Augen. Ich riss mich zusammen. „Du hast recht Schatz. Es gibt genug andere Antiquariate, lass uns durch die Straßen bummeln und dann suchen wir uns zum Mittag ein kleines Restaurant und werden wie gestern Abend die französische Küche genießen. Und dann lass uns im Hotel für einige Stunden ausruhen. Ich habe schon eine gute Idee, womit wir uns die Mittagspause versüßen können.“ Monique war etwas überrascht von meinem Stimmungsumschwung, aber keineswegs abgeneigt, meinem Plan zu folgen. Ich hatte beschlossen, mich nicht länger für dumm verkaufen zu lassen, von welcher Kraft auch immer. Ich würde mein Leben so leben, wie es mir gefiel. Und noch gab es die Liebe. Und Albträume. Diese plagten mich sofort nach unserer Rückkehr aus Paris. Ich konnte einfach nichts dagegen machen.
    Egal wie viel ich joggte, Wein trank oder Wechselduschen nahm, kaum war ich in Morpheus Arm gesunken, begannen Bilder mich zu quälen, die schlimmer als das wirklich Erlebte waren. In wenigen Monaten nahm ich zehn Pfund ab und sah aus, als ob ich mich mit Aids angesteckt hätte. Meine Frau wollte unbedingt, dass ich mich einer gründlichen ärztlichen Untersuchung unterziehen solle. Kein Arzt der Welt konnte mir helfen. Die Hilfe kam, als ich schon gar nicht mehr damit gerechnet hatte. Am 24. Dezember 1993. In Form eines großen, sehr liebevoll eingewickelten Kartons mit vielen Schleifen und Aufklebern. Meine Frau nahm sich immer sehr viel Zeit für das Dekorieren und Einpacken von Geschenken.
    Als ich bei der Bescherung den Karton öffnete und meine Sanduhr in der Hand hielt, traten mir die Tränen in die Augen.
    Alle waren überrascht. „Wo du doch sonst deine Gefühle kaum zeigst, musst du dich ja sehr über Moniques Geschenk freuen“, meinte meine Mutter etwas eifersüchtig, da ich ihre blaue Seidenkrawatte nur mit einem kurzen „Danke schön“ bedacht hatte. Eigentlich hätte mich beim Anblick der Sanduhr Angst überkommen müssen, hätte ich mich fühlen müssen wie Keawe, der Protagonist aus der Erzählung „Der Flaschenteufel“ von Robert Louis Stevenson. Was für ein Schreck für Keawe, als er feststellen musste, dass die teuflische Flasche, von der er glaubte, sie für immer losgeworden zu sein, plötzlich wieder auftauchte, Kokua, seine Geliebte, hatte sie aus Liebe erworben, um ihn vor dem Fegefeuer zu bewahren. Vielleicht hätte ich auch so empfunden, wenn die Florida-Geschichte nicht gewesen wäre. Jetzt dachte ich nur an eine zweite Chance oder ein drittes Mal Erleben des Jahres 1992.
    Als ich mir sicher war, dass es sich tatsächlich um ein und dieselbe Uhr handelte, fragte ich meine Frau mit ehrlicher Neugierde: „Bitte, verrate mir, wo du dieses wunderbare Stück erworben hast? Du hast mir das beste Präsent meines Lebens geschenkt.“
    „Neben unserer Dienststelle in einer Nebenstraße zum Kurfürstendamm hat am 1. Dezember ein kleines Antiquariat eröffnet, die führen vor allem alte Uhren. Da ich wusste, dass du schon lange nach einer Sanduhr gesucht hast, dachte ich,
    jetzt endlich ein gutes Weihnachtsgeschenk für dich gefunden zu haben.“ Stolz fügte sie hinzu: „Ich habe wohl diesmal genau das Richtige für dich erwischt.“
    „Das kann man wohl sagen. Setzt euch bitte alle hin und füllt eure Gläser, lasst uns auf Weihnachten 1993 anstoßen und dann lese ich euch den Text auf dem Boden dieser Uhr vor.

22. Kapitel
    Das Erste, was ich nach dem Erwachen dachte: Ob die Uhr da ist? Ich sprang aus dem Bett und lief ins Arbeitszimmer. Tatsächlich, sie stand auf meinem Schreibtisch. Eine Erklärung dafür hatte ich nicht. Ich hatte den Eichstrich nur zwei Linien nach unten gedrückt, ich befand mich also im Jahr 1991.
    Da ich auf die Parisreise im Sommer 1990 verzichtet hatte,
    damit auch auf den Erwerb der Uhr hätte sie eigentlich nicht da sein dürfen. Aber ich sollte mir abgewöhnen, mit Logik an die Geschehnisse heranzugehen. Fakt war, sie stand auf meinem Schreibtisch. Ich schaltete den Fernseher an und bekam die Bestätigung: 24. Dezember 1991. Also 1992 und 1993 zum dritten Mal abarbeiten. Und genauso kam es mir vor.
    Das erste Mal in meinem Leben, das ich der völlig irrwitzigen
    Lehre der Ewigen Wiederkehr des Gleichen von Friedrich

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