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Die geheimnisvolle Sanduhr (German Edition)

Die geheimnisvolle Sanduhr (German Edition)

Titel: Die geheimnisvolle Sanduhr (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Tenner
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seinem Büro anrief, teilte mir einer seiner Reisekaufleute mit, dass der Chef eine Informationsreise nach Südamerika angetreten hätte und wahrscheinlich erst in zwei Wochen zurück sein würde. Er kam nie mehr zurück. Ich musste ihm Angst gemacht haben, wahrscheinlich glaubte er, dass noch weitere Personen über seine Geschäfte bescheid wussten und es an der Zeit wäre, die Segel zu setzen, genauer: einen Flieger zu besteigen. Als Erstes ließ ich Monique die Firmenkonten prüfen. Pete hatte nicht nur das von der Beamtenbank überwiesene Geld mit sich genommen, sondern auch die Vorauszahlungen von verschiedenen Reisenden sowie Gelder, die für die Begleichung von Hotelkosten und anderen Auslagen von Reisenden, die sich gerade in den USA befanden. Fast einhundertzehntausend Euro in bar hatte er abgehoben, ob er noch über schwarze Kassen verfügte, weiß ich nicht. Vielleicht hatte er im Laufe der Jahre auch einiges Geld im Sparstrumpf angesammelt.
    Monique war am Boden zerstört. Ich beruhigte sie. „Wir kommen aus der Geschichte wieder heraus. Lass uns zunächst die Papiere durchsehen. Du bis jetzt Mitinhaberin und kannst Einsicht in die Firmenunterlagen nehmen.“ Die Angestellten waren völlig überrascht, sie wussten nicht einmal, das es seit Kurzem eine Chefin gab. Ich schaute mir den Aktenschrank an, offensichtlich fehlten einige Ordner. Es hätte mich auch sehr gewundert, wenn Pete nicht Beweismaterial beiseitegeschafft hätte. Ich suchte Personalunterlagen und stellte fest, dass die Fluktuation groß war, alle zwei Jahre entließ er Arbeitskräfte und stellte neue ein. Der Grund war offensichtlich: Er wollte wahrscheinlich nicht, dass jemand zu großen Einblick in seine Firma und seine Geschäfte erhielt. Zur gab es vier Vollzeit- und zwei Teilzeitkräfte. Ich blätterte wahllos noch andere Ordner und Aktenmappen durch. Als ich in einem Ordner ein Blatt mit einer Blankounterschrift von Pete fand, kam mir eine Idee.
    Ich hatte zunächst die Absicht gehabt, Anzeige zu erstatten. Aber das Geld war ohnehin verloren und Pete hatte sicher Unterschlupf in einem Land gesucht, das kein Auslieferungsvertrag mit Deutschland hatte oder in dem er zumindest schwer auffindbar sein würde. Nachdem Stellen der Anzeige würde es eine große Untersuchung geben und wenngleich Monique, die ja erst vor wenigen Tagen Mitinhaberin geworden war, auch nicht strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden konnte, würde es doch unzähligen Ärger und endlose Kosten geben. Und den eigentlich Schuldigen würde es nicht berühren. Es musste einen anderen Weg geben. Ich rief Herrn Lehmann ins Büro, ein Mann Mitte fünfzig und mit einem etwas gelblichen Gesicht, vielleicht hatte er Leberbeschwerden. Er war der einzige Angestellte, der schon etwas über zwei Jahre bei meinem Großcousin beschäftigt war. Ich verschwendete keine Zeit mit langen Vorreden. „Ihr Chef hat sich für immer abgesetzt und die Firmengelder gleich mitgenommen.“ Er begann zu jammern: „In meinem Alter bekomme ich doch keinen anderen Job mehr und Frau Krüger und Herrn Förster geht es genauso. Wir waren froh, dass wir hier noch einmal eine Chance erhalten haben.“ Ob das wirklich eine Chance war, wagte ich zu bezweifeln. Aber das sagte ich nicht laut. „Hören Sie zu, ich weiß nicht, was in meinen Großcousin gefahren ist, vielleicht Midlifekrise, vielleicht hat er eine junge Frau kennengelernt und will noch einmal ein neues Leben anfangen, Fakt ist, dass er wohl kaum zurückkehren wird.“
    „Wollen Sie oder Ihre Frau die Firma nicht weiterführen?“ fragte er zögerlich mit fast weinerlicher Stimme.
    „Nein, wir sind keine Geschäftsleute und kennen uns in der Reisebranche auch nicht aus. Aber ich verstehe Ihre schwierige Situation. Ich möchte Ihnen folgenden Vorschlag unterbreiten. Ich würde die fehlenden Gelder ersetzen, damit keiner der Kunden geprellt wird. Dann würde ich die Firma schließen. Aber das gesamte Büro mit allen Einrichtungsgegenständen und dem Kundenstamm könnte ich Ihnen überlassen. Gründen Sie eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder eine ähnliche Gesellschaft, das kostet nicht viel und Sie übernehmen den alten, hier in Köpenick schon gut bekannten Namen. Sie sind doch über zwei Jahre hier angestellt, sind mit den Bedingungen bestens vertraut. Vielleicht schließen Sie sich mit Ihren Kollegen zusammen und werden Ihr eigener Chef.“
    Er war überrascht. Um sich zu vergewissern, dass er sich nicht verhört hatte,

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