Die geheimnisvolle Sanduhr (German Edition)
Glauben an Höherentwicklung nicht zu verlieren. Ich halte es eher mit Kant, der Einzelne handelt als sittliche Persönlichkeit und er ist für sein Handeln letztlich allein verantwortlich, keiner kann sich darauf berufen, nur Werkzeug eines wie auch immer gearteten objektiven Weltgeistes gewesen zu sein. Das Gute bleibt das Gute, das Böse das Böse. Darauf zu warten, dass sich das Böse letztlich in das Gute verkehrt, nutzt nur denen, die andere Menschen als bloße Mittel betrachten.“
Will lächelte. „Ich bin schon recht alt und viel herumgekommen, aber ich werde doch immer wieder überrascht, gerade heute und hier hätte ich nicht mit einer solchen interessanten Kommunikation gerechnet. So wie Sie Frank, habe ich die Sache noch gar nicht betrachtet. Das Böse bleibt das Böse. Keine Vermittlung, keine Dialektik. Höchst interessant. Aber verzeihen Sie, dass ich dies so offen sage, etwas altmodisch. Sehr idealistisch, aber lebensfremd. Walt Whitmann, der große Dichter Amerikas hat den Vers verfasst: Was wir gut nennen, ist vollkommen, und was wir schlecht nennen, ist genauso vollkommen.“ Tim protestierte: „Nur eine Entschuldigung für Schwerverbrecher.“ Er ahnte nicht, wie nah er damit der konkreten Wahrheit kam. Die Band hatte sich wieder zu spielen begonnen und wurde immer lauter. Will Smith fühlte sich gestört, er schaute mit strafendem Blick den Bandleader an, der sofort seinen Musikerkollegen ein Zeichen gab und einige Nuancen leiser spielen ließ. Will Smith kam in Rage, er nahm den Einwand offenbar persönlich. „Im April haben in Chicago die Dreharbeiten zum neuen Batman Film begonnen, Dark Knight wird wohl der Titel lauten. Ich kenne das Drehbuch, den Regisseur und einige der Darsteller. Wenn ich Ihnen, meine Herren, einen Tipp geben kann, sehen Sie sich im kommenden Jahr den Streifen an, es lohnt sich bestimmt. Sie werden merken, dass es gar nicht so leicht ist, mit dem gut und böse. Wer das Böse besiegen will, muss selbst böse werden.“ Tim warf ein: „Jetzt verstehe ich, worauf Sie hinauswollen. Sie sind wohl Anhänger der Republikaner. Im Kampf gegen den Terror darf man auch foltern und die Gesetze brechen, der Zweck heiligt die Mittel.“
„Werden Sie nicht unfair. Ich sprach über einen Film und die Weltgeschichte. Sie werden gleich konkret.“
„Nein, wir sprachen von China. Ein sehr konkretes Land. Dem ich ab nächsten Jahr auch verschiedene Ausrüstungen verkaufen wollte. Worauf, außer der Annahme eines Hegelschen Weltgeistes und seiner lokalen Verankerung in den USA gründet sich Ihr Glauben, dass China uns nicht in absehbarer Zeit als Weltmacht ablösen wird?“ Will setzte wieder sein Lächeln auf. „Wissen. Umfangreiches Wissen. Und lange Erfahrungen. Und die Bereitschaft, den Weltgeist festzuhalten, nicht nur seine Diener oder Vollstrecker zu sein. Was das Wissen anbelangt, möchte ich Ihnen Folgendes sagen: Von außen sehen Sie nur ein großes Land mit großen Wirtschaftspotenzen. Abgesehen davon, dass viele Wirtschaftsdaten von den offiziellen Stellen gefälscht, nach oben korrigiert werden, gibt es in diesem Land viele Dinge, die einem Aufschwung mittel- und langfristig entgegenstehen oder diesem den Boden entziehen. Die hausgemachten ökologischen Probleme sind riesig, die Bürger in den Städten werden bald kaum noch Luft zum Atmen haben, hinzu kommen Naturkatastrophen, Dürre in weiten Teilen des Landes, Taifune, Überschwemmungen, Erdbeben. Ein beträchtlicher Teil der angehäuften Geldreserven wird man für die Beseitigung der schlimmsten Schäden verwenden müssen. Vor allem aber ist das Land sozial gespalten, es existieren viele unterschiedliche ethnische Gruppen und Völkerschaften, wie in Afghanistan, und die sozialen Differenzen wachsen. Und auf Differenzen kann man Einfluss nehmen. Wir schlafen nicht. Nein, machen Sie sich keine Sorgen, Amerika bleibt die Nummer Eins. Auf absehbare Zeit. Tätigen Sie Ihre Geschäfte, es schadet keinem und nützt Ihrem Geldbeutel.“
Der Sekretär strahlte das erste Mal seit Beginn des Gespräches über beide Ohren. „Das werde ich bei der nächsten Zusammenkunft unserem Abgeordneten sagen, vielleicht sollte er sich zunächst besser mit China vertraut machen, bevor er uns Angst einjagt.“
„Das sollte er. Ich werde ihm vielleicht irgendwann persönlich die Welt etwas näher bringen.“ Will Smith wollte gerade noch eine Ergänzung machen, als sich ein kleiner etwas dicklicher Kubaner mit einem großen schwarzen
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