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Die geheimnisvolle Sanduhr (German Edition)

Die geheimnisvolle Sanduhr (German Edition)

Titel: Die geheimnisvolle Sanduhr (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Tenner
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16,10 DDR-Mark, egal, um welchen Interpreten es sich handelte. Das Problem war nur, dass internationale Künstler heiß begehrt waren und viel zu wenige Platten in Lizenz gepresst wurden, um den Bedarf auch nur annähernd decken zu können. Die Folge waren riesige Menschenschlangen an den Plattengeschäften nach Eintreffen einer Lizenzaufnahme, manchmal bildeten sich auch Schlangen, ohne dass jemand genau wusste, ob der Plattenladen tatsächlich beliefert worden war und meist kannte man nicht einmal den Namen des Künstlers oder der Gruppe. Der Erwerb lohnte sich auf jeden Fall, entweder konnte man die Platte mit hohem Gewinn weiterverkaufen, oder aber als Tauschobjekt nutzen. Der Gewinn war schon durch das lange und oft erfolglose Anstehen gerechtfertigt. Die kleineren Plattengeschäfte bekamen nur fünfzig bis sechzig Exemplare, wovon die Hälfte unter dem Ladentisch verkauft wurde. Als Fünfzigster in einer Schlange zu stehen, bedeutete meist Frust und Enttäuschung. Für die Platte, die ich auf den Plattenteller legte, hatte ich nicht anstehen müssen, ein Mitstudent, dessen Freundin in der großen Plattenabteilung des Konsument-Warenhauses arbeitete, hatte sie mir für 80,00 Mark verkauft. Meine Frau war darüber alles andere als erfreut. Es hätte keinen Sinn gehabt, ihr etwas von der Unvergleichbarkeit und Unbezahlbarkeit der Musik der Beatles zu erzählen. Ich versuchte es daher mit vernünftiger Kalkulation.
    „Ich weiß, es ist viel Geld, aber hin und wieder können wir uns, ohne hungern zu müssen, den Luxus einer tollen Langspielplatte leisten.“
    „Du meinst, du leistest dir den Luxus irgendwelcher Lizenzlangspielplatten.“
    „Nicht irgendwelcher, sondern von wirklich guten Interpreten. Schau, wir brauchen doch wirklich nicht viel zum Leben. Die Unterkunft kostet jeden nur zehn Mark monatlich. Das Mittagessen in der Mensa täglich sechzig Pfennig. Die Bahnmonatskarte beläuft sich auf knapp sechsunddreißig Mark. Für Brot, Butter, Marmelade, Wurst, Käse und Milch geben wir nur wenig mehr als Zehn Mark die Woche aus. Die meiste Kleidung bekommen wir von deinen oder meinen Eltern und anderen Verwandten zu den Geburtstagen oder Weihnachten geschenkt.“ Meine Frau konnte mir zwar inhaltlich nicht widersprechen, sah das Plattengeld dennoch wenig nutzbringend eingesetzt und musste zumindest noch einen Seitenhieb loswerden. „Willst du mir einen Vortrag über die Vorzüge des realen Sozialismus halten und über die Stabilität der Grundnahrungsmittelpreise? Das höre ich jeden Monat im FDJ-Lehrjahr.“ Sie meinte damit eine Veranstaltung, an der jeder Student, unabhängig von einer Parteizugehörigkeit oder der Art seines Studiums teilzunehmen hatte und in denen man mit den Richtlinien und der aktuellen Politik der führenden Partei, gemeint war die SED, und der Staatsführung vertraut gemacht wurde. „Nein, ich will dir nur klarmachen, dass wir uns wegen der einen Platte nicht in eine finanziell kritische Situation kommen werden und auch nicht auf unser normales Leben verzichten müssen.“
    „Wegen der einen Platte sicher nicht, aber wenn ich den Plattenschrank sehe, denke ich, du kaufst jede Woche mindestens eine.“
    „Na, jetzt übertreibst du wieder mal mächtig. Hör die lieber mit mir Yesterday an, dann merkst du, dass jede Mark gut investiert wurde.“ Als ich am 1. November Yesterday hörte, fiel mir das schreckliche Datum ein. Der 8. Dezember 1980. An diesem Tag wurde mein großes Idol, John Lennon, von einem verrückten Texaner erschossen. Am nächsten Morgen hörte ich im DDR-Rundfunk als Erstes die Nachricht von dem tödlichen Attentat. Mir war zum Heulen zumute. Es waren bis dahin noch fünf Wochen Zeit. Ich konnte doch nicht einfach Tag für Tag herunterzählen, wie beim Countdown, um dann am Morgen des 9. Dezember wiederum die Schreckensbotschaft im Radio zu vernehmen. Es musste doch einen Sinn dafür geben, dass ich die Chance hatte, dreißig Jahre noch einmal zu erleben. Aber was konnte ich unternehmen? Zu einer DDR-Behörde gehen und melden, dass mir bekannt wäre, der berühmte Beatle John Lennon würde am 8. Dezember in New York erschossen werden? Am lustigsten stellte ich mir vor, wie die Herren oder Damen blicken würden, wenn ich meine Begründung für meine Warnung abgeben würde. Die DDR konnte ich nicht verlassen, ich gehörte nicht zu den wenig Privilegierten, die eine Reiseerlaubnis besaßen oder ein Alter erreicht hatten, dass eine zeitweilige oder ständige Ausreise

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