Die geheimnisvolle Sanduhr (German Edition)
nutzen. Und dies hing mit der Rückfahrt zusammen.
Nachdem wir wieder die Treppe vorsichtig hinabgestiegen waren, machten wir an unserem Fahrzeug ein kleines Picknick, Nabila hatte uns zwei Körbe voller Lebensmittel in den Kofferraum gepackt, sie musste damit gerechnet haben, dass wir eine Woche unterwegs sein würden. Ahmed winkte freundlich den
vier Leibwächtern, die gerade eine Zigarettenpause machten. Es waren noch junge Burschen, wahrscheinlich keiner älter als zwanzig Jahre alt. Der Ranghöchste, ein Unteroffizier, kam mit einem Lächeln zu uns, Ahmed sagte einige Worte zu ihm und überreichte ihm einen der Lebensmittelkörbe. Der Unteroffizier verbeugte sich mit einem strahlenden Lächeln und ging zu seinen Kameraden, die ihn lauthals empfingen und Ahmed dankbar zuwinkten. So gut hatten die Vier wahrscheinlich die letzten Monate nicht gegessen. Es sollte ihre Henkersmahlzeit sein. Nach einer halben Stunde entschlossen wir uns zum Aufbruch. Ahmed nahm den inzwischen leeren Korb der Soldaten und stellte ihn wieder in unseren Kofferraum, unsere eigenen Vorräte hatten wir nur zur Hälfte verbraucht. Wir stiegen in den Lincoln und folgten dem vorausfahrenden Jeep. Ich drehte mich noch einmal um, die Buddhas leuchteten hellrot in der Wintersonne. Als ich mich wieder nach vorne wandte, hörte ich ein eigenartiges scharfes Zischen. Dann gab es eine Explosion, der Jeep wurde regelrecht in die Höhe und dann nach hinten gerissen, überschlug sich mehrmals und ging in hellen Flammen auf. Khalifs Reaktionsschnelligkeit und sein fahrerisches Geschick retteten uns das Leben. Er steuerte den Lincoln blitzschnell nach links am lichterloh brennenden Jeep vorbei, wir fuhren halb auf dem unebenen Straßenrand und wurden kräftig durchgeschüttelt. Nach etwa hundert Metern schossen wir an dem parkenden VW-Bus vorbei. Die hintere Tür war geöffnet, ich sah die Abschussvorrichtung im Inneren und die schwarzen Turbane, die sich über das Rohr beugten. Offensichtlich luden die Männer nach. Ahmed brüllte zu Khalif herüber: „Fahr so schnell du kannst weiter! Wir müssen den nächsten Kontrollpunkt erreichen. Wir können für die Soldaten nichts mehr tun.“
Hinter uns begann eine Maschinenpistole zu hämmern, einige Projektile schlugen krachend in den Kofferraum ein. Khalif drückte das Gaspedal durch, wir schossen mit hoher Geschwindigkeit über die Landstraße. Ich drehte mich um, konnte aber kein Fahrzeug hinter uns entdecken. Nach einer halben Stunde erreichten wir den Kontrollpunkt. Am Straßenrand stand ein russischer Panzer, auf dem ein afghanischer Soldat saß. Die Straße war durch zwei Militärlaster blockiert, die erst nach den jeweiligen Kontrollen auseinander fuhren und die Mitte der Straße zum Passieren freigaben. Etwas zehn Soldaten standen mit Maschinenpistolen um die Fahrzeuge herum und nahmen die Kontrollen vor, einige Dutzend andere saßen im Straßengraben und rauchten. Ahmed sprang aus dem Lincoln und rannte zu dem Hauptmann, der den Kontrollpunkt befehligte. Mit aufgeregten Worten erklärte er ihm, was geschehen war. Diese eilte zu seinem am Straßenrand stehenden Jeep und telefonierte von einem Feldtelefon aus. Dann gab er laut einige Befehle, etwa fünfzehn Soldaten sprangen auf einen der Militärlaster. Der Hauptmann und der Fahrer kletterten ins Fahrzeug und der Laster fuhr mit maximaler Geschwindigkeit Richtung Bamiyan Tal. Wir stiegen aus, Monique konnte kaum sprechen, auch mir zitterten die Knie und versagte die Stimme, Khalif umarmte uns beide. Ich drückte ihm die Hand. Er verstand, was ich damit sagen wollte. Ahmed kam völlig grau im Gesicht zu uns zurück, mit belegter Stimme meinte er: „Lasst uns so schnell wie möglich nach Kabul zurückfahren. Vielleicht gibt es noch weitere Angriffe!“
Auf der Rücktour sprach keiner von uns ein Wort. Nach einer halben Stunde sahen wir zwei Hubschrauber am Himmel die Richtung Nordwesten flogen. Wir waren erleichtert, als wir wieder Kabul erreicht hatten. Das Abendessen verlief diesmal in gedrückter Atmosphäre. Ahmed hatte mehrere Telefonanrufe getätigt und erfahren, dass die Attentäter entkommen seien. Alle vier Soldaten seien tot, einer hätte noch gelebt, sei aber auf dem Transport ins Krankenhaus verstorben.
Ich wollte den jungen Afghanen diesmal das schreckliche Ende ersparen. Deshalb überlegte ich, was ich Ahmed sagen könnte, um seinen Vorschlag, der mich eigentlich so begeistert hatte, höflich abzulehnen. „Das wäre natürlich eine
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