Die geheimnisvolle Sanduhr (German Edition)
fahren. Kurz vor Erreichen einer Kreuzung stand etwas abseits ein kleines Haus, der Name „Hütte“ wäre treffender.
Ich weiß nicht warum, aber irgendetwas erregte meine Aufmerksamkeit, es war ein sich bewegender Lichtkegel. „Hast du das gesehen“, fragte ich Monique, „in dem Haus müssen noch Menschen sein.“ “Vielleicht haben sie Angst, ihr Eigentum zu verlieren, entweder durch den Sturm oder danach durch Plünderer.“ „Was soll es hier zum Plündern geben?“ Ich hielt an, ließ aber den Motor laufen. “Warum fährst du nicht weiter?“ „Schau doch mal, das sieht doch aus wie Lichtsignale.“
„Willst du in dieser Gegend und bei diesem Regen aussteigen?“ Natürlich hatte Monique recht, es war Wahnsinn auszusteigen, aber manchmal gibt es so etwas wie Vorahnungen. Und ich hatte das eigenartige Gefühl, nicht weiter fahren zu dürfen. Bei der Windstärke hätte es keinen Sinn gemacht, einen Regenschirm aufzuspannen, er wäre sofort zerbrochen oder einem aus der Hand gerissen worden. Ich öffnete die Druckknöpfe einer Tüte, in der sich zwei Wegwerfponchos befanden, nahm einen davon heraus und zwängte mich in den durchsichtigen Plastikschutz. „Wartet, ich bin gleich zurück.“ Eine geistreiche Aufforderung, als ob Monique und Daniela mich zurückgelassen hätten. Danielas Wein- und Wimmergeräusche erhöhten sich um eine Oktave. Kaum hatte ich die Tür geöffnet, wurde sie mir aus der Hand gerissen und der Regen peitschte ins Innere. Ich sprang aus dem Wagen, schlug die Fahrertür schnell zu und rannte zu der Hütte. Manche Kolpas in Afghanistan war größer und stabiler gewesen. Der Sturm hatte die Antenne vom Dach gerissen, sie hing noch am Kabel und schlug in Sekundenabständen an die Fassade. Die Eingangstür war verschlossen. Ich ging um das Haus herum, mein Gesicht und die Haare waren schon durchnässt und meine Hose ab Höhe der Unterschenkel. Es existierte keine Hintertür. Nur zwei kleine Fenster kurz unter dem Dach unterbrachen die Wand. Auf der Vorderseite gab es zwei rechteckige Fenster, beide ungewöhnlich hoch, ich musste mich auf die Zehenspitzen stellen, um ins Innere sehen zu können. Ich wischte mit der Hand über die nasse Scheibe. Das Licht kam vom Fußboden. Dort saß ein farbiges Kind, weinte und schaltete eine Taschenlampe ein- und aus. Ich klopfte laut ans Fenster. Das Kind, wie ich jetzt erkennen konnte, ein drei- oder vierjähriges Mädchen sprang auf und winkte verzweifelt.
Ich deutete auf die Scheibe und den Fensterriegel. Sie schien mich zu verstehen und holte einen Stuhl, kletterte hoch und kam gerade mit den Fingern an den verrosteten Riegel, es gelang ihr, den Hebel zurückschnappen zu lassen. Ich gab mir die größte Mühe, aber das Fenster war verklemmt und ließ sich kaum einige Millimeter nach oben schieben. Ich rannte zum Kofferraum und holte aus der kleinen Werkzeugkiste einen Schraubendreher. Die wenigen Sekunden hatten gereicht, um den oberen Teil unserer Koffer und die darauf verstauten Sachen völlig nass werden zu lassen. Ich schlug die Kofferraumklappe wieder zu und rannte zurück zum Haus. Zunächst zur Eingangstür. Ich versuchte, den Namen und die Hausnummer zu identifizieren. Mein Poncho war schon halb zerfetzt und ich fühlte mich wie nach einem Sprung in den Swimmingpool. Der Regen war nicht wie sonst tropisch warm, sondern für diese Jahreszeit unangenehm kühl. Ich lief zum Fenster. Beim zweiten Versuch gelang es mir, den Schraubendreher zwischen Fenstersims und Fensterunterkante zu schieben. Beim Hochdrücken verbog er sich, aber ich konnte jetzt in den Schlitz fassen und das Fenster noch zwanzig Zentimeter weiter nach oben schieben. Ich fragte mit lauter Stimme, um den Sturm und Regenguss zu übertönen, wo die Eltern wären. Mit schluchzender Stimme und für mich in kaum verständlichem Englisch antwortete das Mädchen, dass sie allein sei und ihre Mutter zur Arbeit. Ich wollte mich keiner Entführung schuldig machen, aber es schien mir zu gefährlich, das Kind hier allein zu lassen. Ich forderte es auf, wieder auf den Stuhl zu klettern, ich würde es hochziehen und in Sicherheit bringen. Sie folgte meiner Aufforderung, sie war nur ein Leichtgewicht, nicht viel größer und schwerer als meine eigene Tochter. Ich konnte sie hochziehen und dann auf den Arm nehmen. Das Fenster wieder völlig zu schließen, wollte mir nicht gelingen, ich hatte auch keine Ruhe und Geduld, um mich damit noch länger zu beschäftigen. Ich trug das Mädchen
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