Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Gehorsame

Die Gehorsame

Titel: Die Gehorsame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Molly Weatherfield
Vom Netzwerk:
Geschirr und begann, sie mit einem weichen Tuch abzureiben. Als sie trocken war, streichelte er ihr übers Ohr und redete leise und beruhigend auf sie ein. »Braves Mädchen, alles gut, alles gut.« So hatte Sir Harold es mit mir im Hänger auch gemacht, aber sie schien es wesentlich weniger zu brauchen als ich. Sie atmete bereits ruhiger und wirkte entspannt – sogar fast gelangweilt. Aerosmith tätschelte ihr die Brust – sie würdigte ihn keines Blickes –, und er seufzte leise, ergriff ihre Zügel und führte sie über einen Pfad zu den Ställen. In einem der Gebäude verschwanden sie.
    In der Zwischenzeit unterhielt sich Sir Harold mit dem Fahrer, einem Mr. Finch, wie ich mitbekam. Obwohl Mr. Finch offensichtlich großes Vergnügen daran gehabt hatte, Stephanie die Peitsche über ihren wippenden Hintern zu ziehen, sah man ihm an, dass die Erfahrung für ihn erst dann vollständig war, wenn er sich über etwas beschweren konnte. Es fiel ihm jedoch nur ein, dass eines der Räder am Wagen quietschte und dass er wünschte, es wäre nicht so heiß. Sir Harold nickte mitfühlend, so selbstbewusst wie ein Kaufmann, der absolutes Vertrauen in sein Produkt hat. Er öffnete ein kleines Fach hinten am Wagen und holte eine Ölkanne heraus. Mit ein paar Tropfen Öl behob er das Quietschen.
    Der Wagen war keine umgebaute Schubkarre, stellte ich bei näherer Inspektion fest. Er bestand wohl aus einer Art Fiberglas, war aber mit Holz verkleidet und glänzend schwarz gestrichen, mit roten und goldenen Ornamenten. Auch die Speichen der Räder waren golden, der Sitz war aus weichem dunkelrotem Leder. Über einem der Räder befand sich eine kleine Bremsvorrichtung, damit der Wagen nicht auf Stephanie auffuhr, wenn sie abrupt stehen blieb. Vom Entwurf her war er praktisch und klug gebaut, aber er sah aus wie eine winzige Fantasiekutsche und erinnerte mich an Märchen.
    Sir Harold sagte zu Mr. Finch, er könne die Ölkanne selbst benutzen, sollte er in Zukunft ein Quietschen hören. Zwar wurde jeder Wagen, von den Ponys ganz zu schweigen, vor jeder Fahrt gründlich überholt, aber man konnte ja nie wissen.
    »Es ist ein harter Job«, seufzte er genussvoll. »Alte Wagen, neue Ponys, immer muss ich mich um etwas kümmern. Wie zum Beispiel das Pferdchen dort drüben am Zaun, frisch und grün und ungebrochen. Ich habe sie aus Gefallen ihrem Herrn gegenüber mitgenommen, netter Junge, den ich von früher kenne. Aus ihr kann etwas werden, aber ich muss noch Arbeit hineinstecken. In meinem Geschäft erkennt man die Anzeichen. Netter Körper, aber sie denkt viel zu viel. Nicht wie die kleine Stephanie, die auf die leiseste Zügelbewegung reagiert. Bei ihr braucht man die Peitsche doch nur aus Freude über die hübschen Striemen.«
    Als Sir Harold Stephanie erwähnte, fiel Mr. Finch ein, dass er auch dafür bezahlt hatte, dass sie ihm einen blies und mittlerweile wahrscheinlich gesäubert, gestriegelt und bereit in den Ställen auf ihn wartete. Er schüttelte Sir Harold die Hand und lief eilig davon.
    Sir Harold musterte mich. Zum ersten Mal war ich allein mit ihm, und ich stellte fest, dass er mir große Angst einjagte. Ich brauchte Worte, nicht Schläge oder Hiebe, um zu gehorchen, und das wusste er. Er würde es mir zwar nicht persönlich sagen, aber durch seine kleine Rede an Mr. Finch hatte er es mich wissen lassen. Ich erwiderte seinen Blick ernst und versuchte ihm meinerseits mitzuteilen, dass ich verstanden hatte, woran ich arbeiten musste. Er nickte kurz, also war er vermutlich zufrieden.
    »Frank«, schrie er einem der Jungen im Ring zu, »nimm die Neue hier, Carrie, und bring sie in den Stall. Stell sie neben Cathy, füttere sie und lass sie schlafen. Heute Nachmittag fangen wir an, sie zu trainieren.«
    Frank war groß, grobknochig und ruhig. Er hatte ein freundliches, sommersprossiges Gesicht. Sie waren wahrscheinlich alle freundlich hier. Er ergriff meine Zügel und schlug mir auf den Hintern. »Nettes Mädchen«, sagte er knapp. »Komm.«
    Wir gingen den Hügel hinunter zu dem Stall, in den Aerosmith Stephanie geführt hatte. Von einem Mittelgang gingen Boxen ab, in denen Stroh auf dem Boden lag. Es sah nicht irgendwie speziell aus – ich glaube nicht, dass der Stall für Mädchen gebaut worden war, die wie Pferde behandelt wurden. Zu seiner Zeit hatte er bestimmt richtige Pferde beherbergt. Die einzige Veränderung war, dass die Türen den Mädchen nur bis zum Hals reichten. Und sie mussten alles wohl gründlich gereinigt

Weitere Kostenlose Bücher