Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)
Schmeicheleien zugeflüstert und sie gestreichelt. Das junge Mädchen hatte dabei Scham und Ekel verspürt. Tetzlav war ein alter Mann. Amra hasste seine feisten Finger auf ihrem Körper und noch mehr seine Küsse. Der Mund des Königs war weich und feucht, seine Zunge wie eine Schlange, die den Zugang zu Amras intimsten Körperöffnungen suchte. Allerdings tat keine seiner Annäherungen weh, was Amra überraschte, hatten ihr doch die mitleidigen älteren Mädchen, mit denen sie die Schlafkammer teilte, Ungemach prophezeit. »Er ist eigentlich immer freundlich zu uns, er wird dir nicht absichtlich wehtun. Aber du bist natürlich noch sehr klein und schmal da … da unten. Wenn seine Männlichkeit anschwillt und in dich dringt … es tut furchtbar weh, Amra, aber es geht schnell vorbei.« Einige von ihnen waren selbst Opfer der Leidenschaften des Königs geworden, er hatte aber rasch das Interesse an ihnen verloren.
Amra hatte sich vom ersten Tag an gegen Schmerzen jeder Art gewappnet. Was die anderen jungen Frauen meinen konnten, erschloss sich ihr allerdings erst nach einiger Zeit, als der Fürst sich auch selbst vor ihr entkleidete und verlangte, dass sie sein Glied in die Hand nahm und streichelte. Dann regte sich das runzlige Geschlecht des alten Mannes, und während Tetzlav wohlig stöhnte, wurde es fester und größer, er drang jedoch nie in sie ein. Amras Angst davor, dass Tetzlav sich eines Tages nicht mehr damit zufriedengeben könnte, ließ jedoch nicht nach. Und dann, keine zwei Monde nach Amras Wechsel in den Haushalt des Fürsten, war es auf einmal vorbei.
An einem Sommertag traf Herrn Baruchs Geschenk für Tetzlav ein, und der Fürst vergaß umgehend jede Frau und jedes junge Mädchen auf Rujana. Die Leute auf der Burg beobachteten fasziniert, die Priesterschaft argwöhnisch den exotisch gekleideten Boten aus dem Morgenland, der zwei verschleierte junge Frauen in die Gemächer des Königs brachte. Amra fühlte sich an die Verhüllung der Menschenopfer erinnert, als sie ihrer ansichtig wurde, und empfand zunächst Mitleid für sie. Später, als sie zu ihnen gerufen wurde, um ihnen aufzuwarten, stellte sie jedoch fest, dass die jungen Frauen nicht sonderlich unglücklich wirkten. Sie waren ein paar Jahre älter als sie selbst und bildschön, als sie sich schließlich aus ihren blickdichten Gewändern schälten. Darunter trugen sie bunte Seidenkleidung. Ihre Sprache verstand Amra allerdings nicht, und sie konnte Königin Libussa, Tetzlavs Gattin, folglich nicht viel erzählen, als die sie nach den jungen Frauen aushorchte. Fest stand lediglich, dass es sich um Sarazeninnen handelte, eine schwarzhaarig, eine rotblond, aber beide erlesen schön und ausgestattet wie Prinzessinnen.
»Zwei Sklavinnen!«, wütete Tetzlavs Gattin. »Dieser jüdische Händler erdreistet sich, dem König zwei orientalische Sklavinnen zu schenken.«
»Für … für die Küchenarbeit?«, fragte Amra naiv. Danach hatten die jungen Frauen gar nicht ausgesehen.
Die Königin lachte denn auch über die Unbedarftheit ihrer jungen Zofe. »Nein, Kindchen, die haben sicher nie einen Kochlöffel angerührt!«, meinte sie freundlich.
Libussa mochte ihre junge Zofe. Amra fragte sich manchmal schamerfüllt, ob sie von ihren nächtlichen Besuchen in der Kemenate ihres Gatten wusste oder nicht.
»Die schult man in anderen Dingen, ich habe davon schon gehört. Sie … lernen, wie man Männer glücklich macht … Und sie kosten ein Vermögen …«
Amra schwante, was ihre Herrin meinte, nachdem die nächsten Wochen verstrichen, ohne dass Tetzlav auch nur ein Mal nach ihr gerufen hatte. Stattdessen verlangten die orientalischen Frauen jeden Abend nach der Hilfe einer Zofe, um sich auf die aufreizendste Art, die Amra sich nur vorstellen konnte, für die Nacht herzurichten. Verblüfft beobachtete sie, wie sich Basima und Dschamila in Hosen und Obergewänder aus einem so feinen Gespinst hüllten, dass Amra es kaum Stoff nennen mochte. Sie schaute zu, wie sie ihre Augen mit schwarzer Farbe umrandeten, die sie Kajal nannten, und sich mit einem roten Farbstoff gegenseitig Blütenranken auf Hände und Füße malten. Dabei erschienen sie erstaunlich vergnügt, fast, als mache es ihnen Freude, die Nächte mit Tetzlav zu verbringen. Amra erkannte kein Anzeichen von Ekel oder Angst wie bei ihr selbst und den anderen jungen Frauen aus der Mägdekammer.
Sie kam hinter das Rätsel, als sie feststellte, dass die jungen Frauen Französisch sprachen. Sie
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