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Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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Licht des Sommertages spiegelte sich im Glas einer Karaffe edlen Weines. Sie stand neben zwei Bechern auf einem der Tischchen.
    »Komm näher«, sagte der Herzog, als Amra starr neben der Tür stehen blieb. »Wie heißt du noch? Anna?«
    Amra nannte ihren Namen.
    »Natürlich, eine Slawin … Weißt du, warum ich dich hergebeten habe, Amra?«
    Der Herzog sah die junge Frau prüfend an. Auch er bemerkte ihre strenge Frisur, vielleicht auch das schon etwas zerknitterte Kleid.
    Amra nickte. »Ja«, sagte sie tonlos und mit gesenktem Kopf.
    Heinrich runzelte die Stirn. »Hm. Und … verstehst du dich auf die … hm … Künste, aufgrund derer man dich ausgewählt hat?«
    Amra wurde glühend rot. »Ich bin Jungfrau, Herr!«, flüsterte sie.
    »Natürlich …«
    Die Stimme des Herzogs klang ungläubig. Amra erinnerte sich, dass auch Dschamila und Basima als Jungfrauen an Tetzlavs Hof gekommen waren. Dennoch hatten sie alles gewusst, was sie wissen mussten.
    »Nun komm endlich näher!«
    Amra stand wie erstarrt. Alles in ihr sträubte sich dagegen, diesen Mann zu berühren, Küsse mit ihm zu tauschen … Sie dachte an Magnus, aber sie spürte keine Wut mehr, sondern nur noch blanke Panik. Damals bei Tetzlav hatte sie sich längst nicht so gefürchtet. Nur da war sie noch ein Kind gewesen, das nicht wusste, was auf es zukam. Und sie hatte niemals wirkliche Liebe gekostet, gegen die das hier schmecken musste wie ein Schierlingsbecher.
    Heinrich schien langsam die Geduld zu verlieren. »Ist das ein Spiel, Amra?«, fragte er dennoch ruhig. »Gehört es dazu, die Züchtige zu geben?«
    Amra hob das Gesicht, und der Herzog sah die Tränen auf ihren Wangen. Amra wischte sie schnell fort. Sie merkte jetzt erst, dass sie weinte.
    »Nein, Herr«, sagte sie dann.
    Heinrich stand auf und trat näher an sie heran. Das Licht wurde diffuser, aber der Schimmer ihres Haars, ihr ebenmäßiges Gesicht und die jetzt umflorten grünen Augen waren noch gut zu erkennen.
    »Du bist außerordentlich schön«, bemerkte der Herzog. »Nun komm …«
    Er berührte fast zärtlich ihre Wange, wollte sie an sich ziehen – und merkte, dass sie zitterte. Zu ihrer Verwunderung ließ er sofort von ihr ab.
    »Himmel, Mädchen, du spielst mir tatsächlich nichts vor«, meinte er dann. »Sag nicht, du … du bist wirklich eine ranische Prinzessin.«
    Amra entspannte sich ein wenig. »Das hab ich nie gesagt«, flüsterte sie und erkannte, dass ihre einzige Chance jetzt darin bestand, bei der Geschichte zu bleiben, die Herr Baruch sich für sie erdacht hatte. »Aber eine … eine Verwandte des Königs«, fügte sie hinzu. »Seine … seine Nichte.«
    »Ach ja?« Heinrich versuchte erkennbar, sich zu erinnern. »So bist du die Tochter des Herrn Jaromar oder des Herrn Stoislav?«
    Amra schluckte. Der Herzog war besser über die Familie des ranischen Herrschers informiert, als Baruch geglaubt hatte. Jaromar und Stoislav waren Tetzlavs Brüder.
    »Weder noch, Herr«, improvisierte Amra. Soweit sie wusste, war Stoislav bei einem Überfall auf Dänemark umgekommen, und ob Jaromar verheiratet war, wusste sie ebenso wenig wie sein Alter. »Ich … bin die Tochter von König Tetzlavs Schwester. Mirnesa.«
    Heinrich überlegte. »Ich wusste gar nicht, dass er Schwestern hat. Aber Frauen sind wahrscheinlich nicht sehr angesehen bei eurem Stamm. Wie man unschwer erkennen kann … Man hätte mir sonst wohl kaum ein Fürstenkind geschickt … mit … hm … solchen Absichten.«
    Amra senkte den Kopf erneut.
    Der Herzog seufzte. »Du bist wirklich überaus schön«, meinte er dann bedauernd. »Aber ich bin kein Mann, der eine Frau in sein Bett zwingt. Du … Ihr … müsst Euch nicht fürchten, Frau Amra. Bitte, setzt Euch einfach ein wenig zu mir, trinkt einen Becher Wein mit mir und erzählt von Eurer Heimat.«
    Er wies auf den zweiten Sessel vor dem an diesem Sommerabend nicht angefeuerten Kamin. Amra wusste nicht, wie sie sich verhalten sollte. Was hatte der Herzog vor? Unsicher ließ sie sich auf der Kante des Stuhls nieder. Heinrich reichte ihr den Wein, und sie nippte daran.
    »Ihr stammt also aus der Festung Arkona – sie liegt hoch über dem Meer, hörte ich …«
    Zu Amras Verwunderung begann der Herzog, aufs Höflichste mit ihr Konversation zu machen. Mit freundlichen Fragen entlockte er ihr die Geschichte der Kapitulation der Burg, die Geiselnahme.
    »Es waren nur wenige Adlige auf Arkona geblieben. Ich … ich blieb, um meine Mutter zu pflegen, der es nicht gut

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