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Die Geisha - Memoirs of a Geisha

Titel: Die Geisha - Memoirs of a Geisha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Golden
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des Shirakawa-Baches begegnet war; hätte ich damals nur danach gesucht – ich hätte sein Gesicht in sämtlichen Zeitschriften gefunden. Nun, da ich ein Datum hatte, nach dem ich fahnden mußte, gelang es mir im Lauf der Zeit, noch viele andere Artikel über das Jubiläum zu finden. Die meisten stammten aus dem Müll, der nach dem Tod der Großmutter aus der Okiya gegenüber aussortiert worden war.
    Wie ich erfuhr, war der Direktor 1890 geboren, das hieß, daß er – trotz grauer Haare – nur etwas über vierzig gewesen war, als ich ihn traf. Ich hatte damals den Eindruck gehabt, er sei Direktor einer unbedeutenden Firma, aber wie sehr hatte ich mich getäuscht! Iwamura Electric war zwar nicht ganz so groß wie Osaka Electric, laut Aussage der Zeitungsartikel ihre Hauptkonkurrentin in Westjapan, aber aufgrund ihrer berühmten Partnerschaft waren der Direktor und Nobu viel besser bekannt als die Chefs weit größerer Unternehmen. Wie dem auch sei, Iwamura Electric galt durchweg als innovativer und erfreute sich eines besseren Rufs.
    Mit siebzehn hatte der Direktor bei einer kleinen Elektrofirma in Osaka angefangen. Bald schon leitete er das Team, das für die Verkabelung der Maschinen in den Fabriken jenes Landesteils zuständig war. Da sich damals die Nachfrage nach elektrischem Licht in Haushalten und Büros enorm verstärkte, konstruierte der Direktor nach Feierabend eine Fassung, die es gestattete, zwei Glühbirnen anstelle von einer zu benutzen. Da sein Chef seine Erfindung nicht in Produktion nehmen wollte, entschloß er sich 1912, im Alter von zweiundzwanzig Jahren, kurz nach seiner Heirat, eine eigene Firma zu gründen.
    Einige Jahre lang hatte er sehr zu kämpfen, doch 1914 sicherte sich das neue Unternehmen den Auftrag, die elektrischen Leitungen in einem Neubau auf einem Militärstützpunkt in Osaka zu verlegen. Damals war Nobu noch beim Militär, denn durch seine Kriegsverletzungen hatte er Schwierigkeiten, anderswo einen Job zu finden. Also erhielt er die Aufgabe, die Arbeit der neuen Iwamura Electric zu überwachen. Er und der Direktor wurden schnell Freunde, und als der Direktor ihm im Jahr darauf einen Posten anbot, griff Nobu zu.
    Je mehr ich über ihre Partnerschaft las, desto besser verstand ich, wie gut sie zusammenpaßten. Fast alle Artikel brachten dasselbe Foto von den beiden, auf dem der Direktor in einem eleganten Anzug aus schwerer Wolle abgebildet war und jene Doppelfassung aus Keramik in der Hand hielt, die das erste Produkt des Unternehmens gewesen war. Er betrachtete sie, als hätte sie ihm jemand eben erst in die Hand gedrückt, und er sei sich noch nicht recht schlüssig, was er damit anfangen sollte. Sein Mund stand ganz leicht offen, so daß seine Zähne zu sehen waren, und er starrte mit einem fast drohenden Blick in die Kamera. Nobu stand neben ihm, einen halben Kopf kleiner und in Habachtstellung, die Hand an der Hosennaht zur Faust geballt. Er trug einen Cut mit Nadelstreifenhose. Sein vernarbtes Gesicht war vollkommen ausdruckslos, und seine Augen blickten schläfrig. Obwohl der Direktor nur zwei Jahre älter war, hätte er – vielleicht wegen seiner vorzeitig ergrauten Haare und des Größenunterschieds – fast Nobus Vater sein können. Wie die Artikel berichteten, war der Direktor für Wachstum und Entwicklung der Firma verantwortlich. Nobu dagegen für die Leitung. Er war der unauffälligere Mann mit dem unauffälligeren Posten, doch er machte seine Arbeit so gut, daß der Direktor häufig in der Öffentlichkeit erklärte, ohne Nobus Talent hätte das Unternehmen niemals verschiedene Krisen überstehen können. Es war Nobu gewesen, der Anfang der zwanziger Jahre eine Gruppe von Investoren auftrieb und die Firma vor dem Ruin rettete. »Ich schulde Nobu so viel, daß ich es niemals zurückzahlen kann«, wurde der Direktor mehr als nur einmal zitiert.
    Mehrere Wochen vergingen, bevor ich eines Tages die Nachricht erhielt, ich solle am folgenden Nachmittag zu Mameha in die Wohnung kommen. Inzwischen hatte ich mich an die kostbaren Kimono-Ensembles gewöhnt, die Mamehas Dienerin normalerweise für mich herauslegte, doch als ich diesmal eintraf und einen Herbstkimono aus schwerer scharlachroter und gelber Seide anlegte, die verstreute Blätter auf einer Wiese mit goldenen Gräsern zeigte, entdeckte ich bestürzt einen Riß im Kimono, so groß, daß man zwei Finger hindurchstecken konnte. Da Mameha noch nicht zurück war, nahm ich den Kimono auf die Arme und ging zu ihrer

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