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Die Geisha - Memoirs of a Geisha

Titel: Die Geisha - Memoirs of a Geisha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Golden
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Matten nieder und absolvierte das übliche Ritual, mich zu verneigen und Uchida-sans Gunst zu erbitten, obwohl ich sicher war, daß er Mameha gar nicht zugehört hatte.
    »Es war ein schöner Tag für mich – bis zum Mittag«, sagte er. »Sehen Sie sich an, was dann passiert ist!« Uchida durchquerte das Zimmer und hielt eine Holztafel hoch. Darauf war mit Nadeln die Zeichnung einer Frau von hinten gesteckt, die zur Seite blickte und einen Schirm hielt – nur daß offenbar eine Katze in die Tusche getreten und über die Zeichnung gelaufen war, wo sie ein paar perfekte Pfotenabdrücke hinterlassen hatte. Die Katze lag jetzt zusammengerollt auf einem Haufen schmutziger Kleidung und schlief.
    »Ich hab’ sie mir wegen der Mäuse geholt – und nun sehen Sie sich das hier an!« fuhr er fort. »Am liebsten würde ich sie sofort wieder rausschmeißen.«
    »Oh, aber die Abdrücke sind bezaubernd«, behauptete Mameha. »Ich finde, daß sie das Bild verschönern. Was meinst du, Sayuri?«
    Ich hatte keine Lust, etwas zu sagen, weil Uchida über Mamehas Bemerkung sehr verärgert zu sein schien. In diesem Augenblick begriff ich, daß sie versuchte, »das Geschwür aufzustechen«, wie sie es formuliert hatte. Also verlieh ich meiner Stimme höchste Begeisterung und sagte:
    »Es ist wirklich erstaunlich, wie hübsch die Pfotenabdrücke aussehen! Ich glaube fast, die Katze ist eine Künstlerin.«
    »Ich weiß, warum Sie sie nicht mögen«, behauptete Mameha. »Sie sind eifersüchtig auf ihr Talent.«
    »Eifersüchtig – ich?« sagte Uchida. »Die Katze ist keine Künstlerin. Wenn überhaupt, dann ist sie ein Dämon!«
    »Verzeihung, Uchida-san«, erwiderte Mameha. »Sie haben recht. Aber sagen Sie, wollen Sie die Zeichnung etwa wegwerfen? Wenn ja, dann würde ich mich freuen, sie mitzunehmen. Würde sie nicht bezaubernd in meiner Wohnung aussehen, Sayuri?«
    Als Uchida das hörte, riß er das Blatt mit der Zeichnung vom Brett und sagte: »Sie gefällt Ihnen also, ja? Na schön, dann werde ich zwei Geschenke für Sie daraus machen!« Damit riß er das Blatt mittendurch und überreichte es ihr mit den Worten: »Da haben Sie das eine! Und da haben Sie das andere! Und nun verschwinden Sie!«
    »Ich wünschte, Sie hätten das nicht getan«, sagte Mameha. »Ich finde, es war die schönste Zeichnung, die Sie jemals gemacht haben!«
    »Hinaus!«
    »Oh, aber Uchida-san, das kann ich nicht! Ich wäre Ihnen keine Freundin, wenn ich bei Ihnen nicht ein bißchen aufräumen würde, bevor ich gehe.«
    Daraufhin stürmte Uchida selbst zum Haus hinaus und ließ die Tür hinter sich weit offenstehen. Wir sahen zu, wie er dem Besen, den Mameha an den Baum gelehnt hatte, einen heftigen Tritt versetzte, und dann, als er die nassen Stufen hinunterzulaufen begann, ausrutschte und beinahe stürzte. Die nächste halbe Stunde verbrachten wir damit, das Atelier aufzuräumen, bis Uchida, genau wie Mameha es vorausgesehen hatte, in weitaus besserer Laune zurückkehrte. Er war allerdings immer noch nicht das, was ich als frohgestimmt bezeichnen würde, und hatte die Angewohnheit, ständig auf dem Muttermal in seinem Mundwinkel herumzukauen, was ihn sehr besorgt aussehen ließ. Ich glaube, sein Verhalten war ihm peinlich, denn er traute sich nicht, eine von uns direkt anzusehen. Da es schon bald deutlich wurde, daß er niemals Notiz von meinen Augen nehmen würde, fragte Mameha ihn direkt:
    »Finden Sie nicht, daß Sayuri ein besonders hübsches kleines Ding ist? Haben Sie sie überhaupt schon einmal angesehen?«
    Ich hielt dies für einen Akt der Verzweiflung, und als Uchida mir nicht mehr als einen flüchtigen Blick gönnte, schien Mameha tief enttäuscht zu sein. Der Nachmittag neigte sich seinem Ende zu, und wir erhoben uns. Mit einer besonders flüchtigen Verneigung verabschiedete sich Mameha von ihm. Als wir hinaustraten, blieb ich unwillkürlich einen Augenblick stehen, um den Sonnenuntergang zu betrachten, der den Himmel über den fernen Bergen in wunderschönen Rost- und Rosatönen erstrahlen ließ. Die Farben waren so eindrucksvoll wie auf dem herrlichsten Kimono – noch eindrucksvoller, denn auch der herrlichste Kimono kann die Hände niemals in orangefarbenes Licht tauchen. In diesem Sonnenuntergang schienen meine Hände jedoch mit schimmerndem Licht überzogen zu sein. Ich hob sie vor mein Gesicht und bestaunte sie lange.
    »Mameha-san, sehen Sie doch!« sagte ich zu ihr, aber sie dachte, ich spräche vom Sonnenuntergang, und drehte sich

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