Die Geisterseherin (German Edition)
erhalten hatte, des öfteren hervorgeholt und betrachtet und sich immer wieder gefragt, wieso sie so aussah, wie sie es eben tat. Sie kannte „Das Phantom der Oper“. Die meisten Menschen, die auch nur ansatzweise etwas von Opern und Musicals verstanden, sollten mit dem Namen etwas anfangen können... Immerhin war es eines der erfolgreichsten und bekanntesten Musical der Welt.
Die Geschichte eines Mannes, der entstellt in den Katakomben unter einer Oper wohnte und sich schließlich in eine junge, aufstrebende Sängerin verliebte. Ein musikalisches Genie, das jedoch nicht verkraftete, dass sich das Mädchen schließlich einem anderen Mann zuwandte. Mikoto wagte sich erinnern zu können, einmal gelesen zu haben, dass am amerikanischen Broadway sogar eine Fortsetzung der Geschichte aufgeführt wurde. Aber der Name des Komponisten des Original-Musicals war auf der Karte nicht vermerkt, daher war es unwahrscheinlich, dass der Name etwas mit der Aufführung zu tun hatte – auch wenn es eigentlich Sinn machen würde, diese Geschichte an einer Oper zu zeigen. Aber trotzdem war es ja keine Aufführung, sondern nur eine Feier, die halt in der Oper stattfand... Und dieses „R“ ergab eh keinen Sinn...
Steve meinte zwar, dass es die Initiale der Gastgeberin sein könnte, weigerte sich jedoch, weitere Informationen preis zu geben. „Wenn sie die Person ist, die wir befürchten, dann wirst du es in dem Moment wissen, in dem du sie siehst.“
Das war der einzige Kommentar, den Mikoto bekam, als sie Steve danach fragte. Er war allgemein sehr ruhig und verschlossen geworden, noch mehr, als er es sonst war. Kurzzeitig vergaß Mikoto sogar, dass er einen Schritt hinter ihr her lief...
Und schließlich... betraten sie die Oper.
Mikoto hatte schon ein paar Opernhäuser in ihrem Leben von innen gesehen, die meisten davon als kleines Kind, wenn sie ihrer Mutter bei ihrer Arbeit zusehen durfte. Die Musik der Premieren der verschiedensten Opern hatten allerdings weniger Eindruck in ihrem damals kindlichen Gehirn hinterlassen, als die prunkvollen Räume und Auftritte ihrer Mutter, stets in aufwendig verzierten Roben gekleidet. Diese Momente waren es, die sie behalten hatte, welche sich für alle Ewigkeiten in ihr Gedächtnis gebrannt hatten. Und auch, wenn der Saal eher als kleiner Opernsaal konzipiert und dadurch nicht größer als die Sporthalle der Schule war, so hatten die Architekten den Prunk einer Oper sehr gut einfangen können.
Mikoto und Steve drängelten sich durch die Menschen, welche sich um die mit rotem Samt bezogenen Holzstühle drängten, eifrig Sekt und Wein in die Höhe hielten und Gott und die Welt lobten. Golden glitzernde Lampen an den reich verzierten und bemalten Wänden, sowie an der Decke hängend, tauchten den ganzen Raum in ein seltsames, fast schon unnatürlich wirkendes Licht. Man hatte wirklich das Gefühl, in einer uralten, ehrfürchtigen Oper zu stehen und der Kontrast um Äußeren des Gebäudes ließ diesen Raum noch imposanter wirken.
Am meisten beeindruckte sie aber die Decke des Raumes... Sie war nicht nur reich verziert, sondern auch so weit über Mikoto, dass man vermutlich sogar eine Giraffe in dem Raum hätte unterbringen können.
Sie fragte lieber gar nicht erst, wie der große Opernsaal aussah... „Komm schon, wir gehen nach oben“, sagte Steve zu ihr und zeigte zu einer Art Balkon, der um den Raum verlief und auf dem sich ebenfalls dutzende, wenn nicht sogar hunderte Menschen drängelten. „Okay...“
Sie warf einen kurzen Blick auf die Bühne, eine relativ kleine Bühne, vor der ein großer roter Samtvorhang hing. Sie war leer, nicht so, wie die letzten Male, als sie eine Oper besucht hatte.
Dafür war der Saal voll genug...
„Hier lang!“
Steve drängelte sich zielsicher durch die Menschen und Mikoto folgte ihm auf Schritt und Tritt, neugierig den Blick mal hier und mal dorthin wendend.
„Sag mal... warst du schon einmal hier?“
Mikoto war etwas verwundert, als sie sah, wie er zielsicher auf einen kleinen Aufgang zusteuerte, den sie glatt übersehen hätte. „Nein, aber ich habe mich vorher informiert.“
„Oh...“
Etwas belustigt beobachtete sie den Jungen, der die ganze Zeit still und leise hinter ihr her gelaufen war und jetzt voller Energie zu sein schien.
„Hier lang, komm schon!“
Sie erreichten den oberen Bereich des Saales und drängelten sich zu den Geländern durch.
„Perfekt... hier haben wir einen tollen Ausblick auf die Bühne... und wir können schnell im Gedränge
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