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Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)

Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)

Titel: Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Pancol
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fragte Shirley besorgt.
    »Nein … aber ich habe mich trotzdem böse verplappert.«
    Joséphine erzählte ihr, wie sie bei ihrem gemeinsamen Kinobesuch
versehentlich das Buch erwähnt hatte. Sie fürchtete, er könne ihr Geheimnis womöglich durchschaut haben.
    »Du bist wirklich die Letzte, der ich ein Geheimnis anvertrauen würde«, bemerkte Shirley lächelnd. »Siehst du, es hat schon seinen Grund, warum ich dir nichts verrate.«
    Betreten senkte Joséphine den Blick.
    »Ich muss unbedingt aufpassen, wenn das Buch erst erschienen ist…«
    »Iris wird schon dafür sorgen, dass sich alle Aufmerksamkeit auf sie richtet. Sie wird keinen Krümel für dich übrig lassen. Übrigens, wie geht es Iris eigentlich?«
    »Sie probt für ihren großen Tag … Hin und wieder kommt sie vorbei und liest, was ich schreibe, und sie arbeitet sich durch die Bücher, die ich ihr empfohlen habe. Manchmal gibt sie mir auch Anregungen. Sie wollte, dass ich eine Szene schreibe, in der es zu regelrechten Unruhen unter den Pariser Studenten kommt. Junge Männer mit Tonsur, die drohend ihre Messer schwenken. Die Studenten waren Geistliche und gehörten dem Klerus an, daher unterstanden sie nicht der weltlichen Justiz. Der König konnte nichts gegen sie ausrichten, sie hatten sich allein vor Gott zu verantworten, und das nutzten sie weidlich aus, was die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung in Paris sehr schwierig machte. Sie begingen völlig ungestraft Verbrechen! Sie stahlen, sie mordeten. Niemand konnte sie zur Rechenschaft ziehen oder verurteilen.«
    »Und sonst?«
    »Ich komme mir vor wie ein riesiger Trichter, ich höre mir alles an, sammle Anekdoten, kleine Details aus dem alltäglichen Leben, und lasse es in das Buch einfließen. Nach diesem Roman werde ich nie wieder sein wie zuvor. Ich bin dabei, mich zu verändern, Shirley, ich verändere mich sehr, auch wenn man mir das nicht ansieht!«
    »Durch diese Geschichte lernst du das Leben kennen; sie führt dich in Bereiche, in die du allein niemals gegangen wärst …«
    »Aber das Beste ist, ich habe keine Angst mehr, Shirley. Früher hatte ich vor allem Angst! Ich versteckte mich hinter Antoine. Hinter meiner Habilitation. Hinter meinem Schatten. Heute erlaube ich mir Dinge, die ich mir früher nie zugestanden hätte, ich werde mutiger und kämpfe!«
    Sie lachte wie ein kleines Mädchen und hob eine Hand vors Gesicht.
    »Ich muss nur Geduld haben, ich muss die neue Jo wachsen lassen, und eines Tages wird sie den ganzen Platz einnehmen und mir all ihre Kraft geben. Im Moment lerne ich noch … Ich habe erkannt, dass das Glück nicht darin besteht, ein bescheidenes Leben ohne irgendwelche Verwicklungen zu führen, ohne je einen Fehler zu machen oder von der Stelle zu kommen. Glück bedeutet, sich auf den Kampf einzulassen, auf Anstrengungen, Zweifel, es bedeutet, immer weiter voranzukommen und dabei jedes Hindernis zu überwinden. Früher bin ich nie vorangekommen, ich habe geschlafen. Ich ließ mich von meinem friedlichen Alltagstrott einlullen, von meinem Mann, meinen Kindern, meinen Forschungen, meinem bequemen Leben. Aber inzwischen habe ich gelernt zu kämpfen, Lösungen zu finden, manchmal zu verzweifeln und mich danach wieder aufzurappeln und weiterzumachen, Shirley. Ganz allein! Ich komme zurecht … Als ich noch klein war, wiederholte ich alles, was meine Mutter mir sagte; ihre Sicht auf das Leben war auch die meine. Später habe ich dann auf Iris gehört. Ich fand sie so klug, so geistreich … Und danach kam Antoine: Ich unterschrieb alles, was er mir vorlegte, ich richtete mein Leben nach seinem aus. Sogar du, Shirley … Zu wissen, dass du meine Freundin warst, beruhigte mich, ich sagte mir, dass ich ein wertvoller Mensch sein müsse, weil du mich liebst. Aber das ist jetzt alles vorbei! Ich habe gelernt, selbst zu denken, selbst zu gehen, selbst zu kämpfen …«
    Shirley lauschte Joséphines Worten und dachte an das kleine Mädchen zurück, das sie selbst einst gewesen war. So selbstsicher. Frech, beinahe arrogant. Als ihr Kindermädchen eines Tages mit ihr in den Park gegangen war, hatte sie seine Hand losgelassen und war weggelaufen. Damals musste sie etwa fünf Jahre alt gewesen sein. Sie war durch den Park gerannt, ohne zu wissen, wo sie war, und hatte das herrliche Gefühl genossen, frei zu sein und herumlaufen zu können, ohne dass Miss Barton ihr sagte, dass sich so etwas nicht gehöre, dass ein wohlerzogenes Mädchen langsam zu gehen habe. Ein

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