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Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)

Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)

Titel: Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Pancol
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rätselhaftes Gesicht schien nicht zum Körper darunter zu gehören. Er sah aus wie eine Wachspuppe. Deshalb wirkt er oft so geheimnisvoll, dachte sie. Er hat gelernt, sich aus seinem Körper zurückzuziehen, um diesen Beruf ausüben zu können, den er verabscheut, und selbst wenn er nicht auf dem Laufsteg ist, bewegt er sich weiter losgelöst von seiner körperlichen Hülle.
    Er ging mehrmals an ihr vorbei. Sie versuchte seine Aufmerksamkeit zu erregen, indem sie ihm verstohlen zuwinkte. Als die Modenschau zu Ende war, kamen die Models zusammen mit Jean-Paul Gaultier, der sich verbeugte und eine Hand auf sein Herz legte, noch einmal zurück auf den Laufsteg. Es herrschte eine entspannte, heitere Stimmung. Luca stand dicht vor ihr. Sie streckte die Hand nach ihm aus und rief laut seinen Namen.
    »Kennst du den?«, fragte Hortense überrascht.
    »Ja …«
    »Luca, Luca«, rief sie erneut. Er drehte sich zu ihr um. Ihre Blicke trafen sich, aber in Lucas Augen las sie weder Erstaunen noch Freude darüber, sie zu sehen.
    »Luca! Das war fantastisch! Bravo!«
    Er musterte sie kühl, distanziert, mit einem Blick, wie man ihn einer lästigen Bewunderin zuwirft, um sie auf Distanz zu halten.
    »Luca! Ich bin’s, Joséphine …«
    Er wandte sich ab und verschwand zwischen den anderen Models, die noch einmal in die Menge grüßten und sich dann zurückzogen.
    »Luca?«, rief Joséphine ein letztes Mal mit schwacher Stimme.
    »Der kennt dich überhaupt nicht.«
    »Doch natürlich … das ist er!«
    »Der Luca, mit dem du ins Kino gegangen bist?«
    »Ja.«
    »Der Typ ist ja geil!«
    Joséphine hatte sich wieder hingesetzt und rang um Fassung.
    »Er hat mich nicht erkannt. Er wollte mich nicht erkennen.«
    »Er hat hier bestimmt nicht mit dir gerechnet! Versetz dich doch mal in seine Lage …«
    »Aber … Aber … Neulich, in Montpellier, da hat er mich umarmt und geküsst …«
    Sie war so aufgewühlt, dass sie ganz vergaß, mit wem sie sprach.
    »Was, du, Maman? Du hast mit ’nem Kerl rumgeknutscht?«
    »Mehr ist nicht passiert, aber nach dem Kongress hat er mich geküsst … Er hat mir gesagt, dass ich wunderbar sei, dass er in meiner Gegenwart ruhiger wird und dass er sich so wohlfühlt, wenn ich bei ihm bin …«
    »Kann es sein, dass du ein bisschen überarbeitet bist?«
    »Nein, ich schwöre es. Das ist Luca. Der mich ins Kino einlädt … Mit dem ich in der Bibliothek Kaffee trinke, der an einem Buch über die Tränen im Mittelalter schreibt …«
    »Maman, du spinnst! Hör auf zu träumen. Was sollte so ein schöner Mann mit ’ner Frau wie dir? Denk doch mal nach …«
    Beschämt ließ Joséphine den Kopf hängen und schnipste mit den Fingernägeln.
    »Das frage ich mich doch auch die ganze Zeit. Deshalb habe ich ihn ja auch in Montpellier zurückgestoßen, als er mich geküsst hat … Nicht aus Anstand, sondern weil ich Angst hatte, zu hässlich für ihn zu sein.«
    »Du hast ihn zurückgestoßen!«, rief Hortense schrill. »Ich dreh noch durch! Das kann doch nicht wahr sein! Du hast diesen supergeilen Typen zurückgestoßen?«
    Sie fächelte sich mit ihrem Skizzenheft Luft zu, um sich wieder zu beruhigen. Joséphine saß zusammengesunken auf ihrem Stuhl. Nacheinander erloschen die Kronleuchter an der Decke.
    »Los, komm, wir gehen … Wir sind die Letzten«, sagte Hortense.
    Sie zog sie am Ärmel, und sie gingen hinaus. Joséphine schaute sich noch ein letztes Mal um, um zu sehen, ob er nicht doch zurückkäme, ob er sie nicht doch endlich erkannt hatte.
    »Ich schwöre dir, Liebes, das ist die Wahrheit.«
    »Klar doch …«
    Er wollte mich nicht sehen. Er hat sich für mich geschämt. Ich habe ihn in Verlegenheit gebracht, als ich seinen Namen gerufen habe. Ich werde ihm nie wieder in die Augen sehen können. Ich muss ihm aus dem Weg gehen … Ich fahre nicht mehr in die Bibliothek.
    An der Rückwand eines großen, rot und golden ausgekleideten Saals war ein Büfett aufgebaut worden. Hortense schlug vor, ein Glas Orangensaft oder Champagner zu trinken.
    »Das wird dir guttun, du drehst ja völlig am Rad …«
    »Ich schwöre dir …«
    »Sicher … Los, komm!«
    Joséphine machte sich von ihr los.
    »Ich glaube, ich wasche mir lieber kurz das Gesicht … Wir treffen uns in einer Viertelstunde in der Lobby, einverstanden?«
    »In einer halben Stunde?«
    »Von mir aus. Aber nicht länger … Ich muss nach Hause.«
    »Mann, bist du langweilig. Wenn wir schon mal aus unserem Loch

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