Die Geliebte des Kosaken
vorüberpreschten und die Peitschen erneut durch die Luft zischten. Es war so schnell gegangen, dass sie es kaum wahrgenommen hatte, doch das Gebrüll der Kosaken bewies ihr, dass Andrej erneut getroffen worden war. Sie sah, dass er schräg im Sattel hing und sich nur mühsam wieder zurechtsetzte, während er sein Pferd zum zweiten Mal wendete.
Lieber Gott, flehte sie leise. Er ist ein Gauner und ein Dieb, aber lass nicht zu, dass dieser Kerl ihn tötet. Ich flehe dich an, lass es nicht zu …
Ein vielstimmiges Gebrüll ließ sie erschrocken zusammenfahren. Die Kosaken tobten vor Aufregung, das Dach der Fischerhütte sackte ein Stück in sich zusammen, und die darauf gesessen hatten, mussten sich eilig durch einen kühnen Sprung in Sicherheit bringen.
Andrej war auf Wasilijs Pferd aufgesprungen, saß jetzt rittlings vor seinem Gegner und versuchte verbissen, ihm die Kantschu zu entwinden.
„Kam geflogen wie ein Adler, der Kerl!“
„Jetzt geht’s Wasilij an den Kragen!“
„Was für ein Teufel. Da hat er schon die Kantschu!“
Wasilijs Pferd, das von der ungewohnten Last zweier kämpfender Männer verwirrt war, verlangsamte das Tempo und blieb endlich stehen. Andrej hatte Wasilijs Kantschu erobert, doch anstatt sie zu benutzen, warf er sie in hohem Bogen ins Gras, rang den wütenden Wasilij nieder und zwang ihn aus dem Sattel.
„Das war kein ehrlicher Kampf!“, brüllte Wasilij. „Nimm die Kantschu, verfluchter Kerl, und wehre dich. In Stücke werde ich dich hauen …“
Doch Bogdan sah jetzt den Moment gekommen, die Geschichte zu beenden. Ein unterhaltsamer Kampf war eine feine Sache, aber es führte zu nichts, wenn seine Männer sich gegenseitig umbrachten.
„Gib Ruhe“, herrschte er Wasilij an, „Andrej hat halt Verstand im Schädel, und du bist und bleibst ein Dummkopf.“
Grinsend empfingen die Kameraden die beiden Männer, schlugen ihnen auf die Schultern und versicherten ihnen, sie hätten gut gekämpft. Jetzt aber wolle man endlich ein Feuer machen, essen und trinken und sich schlafen legen.
Andrej ging ohne ein Wort an Natalja vorbei zum Flussufer, um sich zu waschen. Doch sie hatte nur zu genau gesehen, dass sich mehrere blutige Wunden über seine Brust und Schultern zogen.
„Andrej!“
Er wandte sich um, hinter ihm stand Natalja. Sie hatte sich die Bluse übergezogen, die sie damals von der Wirtin gekauft hatten, in der Hand hielt sie ein Bündel Stofffetzen.
„Ich habe den Sarafan in Streifen gerissen, als Verbandsstoff.“
Es passte ihm nicht, dass sie die Krankenschwester spielen wollte, er war nicht der Mann, der sich gern in die Pflege einer Frau begab. Immerhin war es nett von ihr, anscheinend war sie gerührt, weil er sich ihretwegen mit diesem Kosaken herumgeprügelt hatte.
„Danke …“
„Ich werde dich verbinden“, bestimmte sie und betrachtete seine behaarte Brust aus zusammengekniffenen Augen. Ein breiter, tiefer Striemen zog sich schräg von der linken Schulter bis hinab zur rechten Hüfte.
„Das lässt du besser bleiben“, knurrte er und beugte sich wieder nach vorn, um mit der Hand kaltes Wasser über die Wunde zu spülen. „Ich komme gut allein zurecht.“
„Aber nicht an den Schultern …“ Sie machte Anstalten, die Schrammen zu untersuchen, die sich über seinen Rücken zogen. Verdammt, zu anderer Zeit hätte ihm diese zarte Berührung ihrer Hände vermutlich großes Vergnügen bereitet, jetzt aber zuckte er unwillig zusammen und rückte zur Seite.
„Bring mir lieber meine Jacke!“
Ärgerlich drehte sie sich um und lief zur Hütte zurück, wo die Kosaken jetzt am Feuer saßen, redeten, aßen und tranken. Der rötliche, flackernde Feuerschein ließ einzelne Gesichter aus dem Dunkel auftauchen und verlieh ihnen ein abenteuerliches Aussehen. Scharfe und stumpfe Nasen zeichneten sich gegen den Hintergrund ab, Schnurrbärte führten ein Eigenleben, breite Münder waren zum Gelächter geöffnet. Sie schüttelte den Kopf und lief dann wieder zum Ufer hinab. Was für eine Horde großer, ungezogener Kobolde.
Am Ufer war es fast dunkel, der unstete Schein des Lagerfeuers irrte über den Fluss und ließ die kleinen Wellen farbig aufblitzen. Andrej hatte sich inzwischen einen Verband angelegt und sein Hemd darübergezogen, so dass Natalja keine Hilfe mehr anbieten konnte. Sie war enttäuscht und reichte ihm seine Jacke.
„Ich … ich wollte dir danken. Es war sehr mutig von dir, wie du für mich gekämpft hast.“
Er nahm ihr das Kleidungsstück aus
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