Die Geliebte des Normannen
wenn ich Euch die Wahrheit sage.«
»Oho! Und welche Wahrheit wirst du mir jetzt auftischen, Mary?« Er richtete sich etwas auf. »Dass du mich liebst? Dass du mich nie verraten würdest?«, schrie er.
Mary zitterte; es schien unmöglich, dass sie noch vor so kurzer Zeit geglaubt hatte, in diesen Mann verliebt zu sein. Sie setzte sich auf und umklammerte mit beiden Fäusten die Bettdecke.
»Warum hast du spioniert?« Er stieß die Worte mühsam hervor. »Um deine Absichten zu erfahren!« Wieder traten ihr Tränen in die Augen. »Und wie niederträchtig diese Absichten sind!«
»Um meine Absichten zu erfahren.« Stephens freudloses Lachen war hart und knirschend. »Und um Malcolm zu warnen. Um Malcolm vor mir zu warnen. Um mich zu verraten.«
»Nein!«
Einen Moment lang starrte er sie nur schweigend an. »Nenne mir einen Grund, Mary. Nenne mir einen Grund, warum ich dir glauben sollte.«
Mary keuchte.
»Habe ich dir in den letzten Tagen nicht genug Grund gegeben, mir zu vertrauen?«
»Du erwartest von mir, dir zu vertrauen«, rief er ungläubig. »Vom ersten Augenblick an hast du ständig versucht, mich zu hintergehen. Es braucht mehr als ein paar Tage gemeinsamer Lust, Mary, um dir zu vertrauen. Oder hältst du mich für einen schwachen, liebestrunkenen Narren?«
Mary zuckte zusammen. Wie verletzend seine Worte waren. Sie hatte in diesen letzten Tagen mehr gesehen als »gemeinsame Lust«; sie hatte sie als den Beginn eines gemeinsamen Lebens gesehen. Tränen rannen ihr ungehemmt über die Wangen. Ihr Gemahl war eine gefühllose Bestie. Wie hatte sie nur jemals anders über ihn denken können?
Schließlich erwiderte sie seinen kalten, starren Blick. »Heimtücke gebiert Heimtücke, nicht wahr?«, sagte sie bitter.
Stephen handelte so schnell, dass Mary keine Zeit hatte, um zu reagieren. Er zwang sie auf die Knie und drückte sie an seinen Körper.
»Ich bin so zornig, dass ich die Kontrolle über mich verliere, wenn ich so weitermache, Mary. Wenn das geschieht, solltest du lieber nicht in meiner Nähe sein. Du würdest es nicht überleben.«
Das bezweifelte Mary nicht. Sie spürte, wie er vor Wut bebte. Ihre Gesichter waren fast auf gleicher Höhe. Seine schwarzen Augen funkelten vor Zorn. Unter diesen Umständen flößte er ihr Angst ein. Sein fester Griff tat ihr weh, doch dieser physische Schmerz war leichter zu ertragen als der andere. Der Schmerz in ihrem Herzen drohte sie zu ersticken.
»Wenn dir etwas an mir läge, würdest du das nicht tun.«
»Wenn mir etwas an dir läge, Mary, wäre alles verloren, was mir lieb ist. Das ist doch klar! Und selbst dann könntest du mich nicht von der heiligen Pflicht für meinen König abbringen.«
Er biss die Zähne zusammen, und ihre Blicke begegneten sich. »Niemals könnte ich eine treulose Frau lieben.«
Mary schwieg. Sein Blick weckte in ihr der Wunsch, ihm zu sagen, dass sie nicht treulos war. Sie wollte darauf bestehen, dass sie nicht bereit gewesen war, ihn zu hintergehen. Es schien ihr fast, als würde er auf ein solches Dementi warten, doch sicher lag sie falsch. Sicher gab es keinen Hinweis darauf, dass er sie lieben würde, wenn sie loyal zu ihm stünde. Sein Benehmen, seine Worte, als er ihr die rote Rose gegeben hatte, gingen ihr vehement durch den Kopf. Sie begann zu weinen.
»Stephen ...«
Sein Lächeln war verzerrt, und er hob die Hand, noch ehe sie beginnen konnte – sie wusste gar nicht, womit eigentlich. »Genug. Hör auf zu weinen, auf der Stelle. Deine Taten untermauern deine Schuld mehr als alle Worte oder Tränen deine Unschuld.«
»Nein«, flüsterte Mary, den zermürbenden Schmerz ihres Kummers spürend. Ihr schoss durch den Kopf, dass sie nun nichts mehr erwarten konnte als eine Zukunft voller Elend, wie sie es vorausgesehen hatte. Es sei denn, sie beendeten dies sofort. Aber lieber Gott, wie?
Er wandte sich von ihr ab und ging. Ihre Ehe war zerbrochen, ihre Liebe in den Staub getreten. Sie starrte ihm nach, fühlte einen Drang, ihm nachzulaufen. Sie sollte ihn nicht so gehen lassen. Doch dann dachte Mary wieder an das, was er vorhatte, und Bitterkeit schnürte ihr die Kehle zu; sie konnte nicht hinter ihm herlaufen, konnte ihn nicht zurückrufen.
In der Tür blieb er stehen, ohne sich zu ihr umzudrehen. Er schien auf etwas zu warten. Mary sagte sich, sie müsse sprechen, bevor es zu spät sei, bevor ihre Ehe für immer zerstört war. Sie öffnete den Mund, aber es kamen keine Worte.
Er straffte die Schultern.
»Ich bin ein
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