Die Geliebte des Normannen
Bruder?«
Henry lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Er hatte keine Lust, seine Armee in einen weiteren Krieg in Schottland zu verwickeln, der nur die Position seines Bruders in England stärken und ihm erlauben würde, sich auf die Rückgewinnung des Herzogtums Normandie zu konzentrieren.
»Ich brauche nicht mehr Silber oder Land.«
»Jeder braucht mehr Silber und Land.«
»Hast du nicht viele Adelige hinter dir? Hast du nicht den großen Graf von Northumberland in der Tasche? Stephens Sohn, falls es denn ein Junge wird, ist Malcolms Enkel. Sicher streben sie eine für beide Seiten vorteilhafte Beziehung mit Schottland an. Und Duncan wird der Onkel des Kindes sein. Da wirst du doch mich nicht brauchen!«
Rufus blickte finster.
»Wie du sagtest, ist es nicht leicht, einen König zu stürzen. Du musst mir helfen, Henry. Ich werde dich fürstlich belohnen. Vielleicht hole ich die andere schottische Prinzessin aus dem Kloster und gebe sie dir.«
»Jetzt, wo Malcolm tot ist, sehe ich kaum, wieso eine solche Liaison mich interessieren sollte«, gab Henry zurück. »Schon gar nicht mit Duncan auf dem Thron.«
»Dann sag mir, was dich interessiert.«
`»Ich werde darüber nachdenken«, sagte Henry. »Gründlich.« Doch sein Entschluss war bereits gefasst, und seine Antwort war nein. Sollten sich doch die anderen Adligen in diesem Krieg schwächen, sollten sie ihre eigene Zerstörung vorbereiten. Wenn alles vorüber war, würde seine Armee die stärkste im Reich sein. Es machte Henry nichts aus, auf die Verwirklichung seiner Träume hinzuwarten, selbst wenn es noch ein paar Jahre dauern sollte. Geduld war seine Stärke. Begehrte er die Krone seines Bruders nicht schon sein ganzes Leben lang?
Mary hatte gut geschlafen, aber nun war sie hellwach. Sie wusste jedoch nicht, was sie aufgeweckt hatte, ein Geräusch vielleicht oder auch ein Traum. Sie lag auf der Seite und blickte in das Feuer, das noch immer im Kamin brannte. Sofort fiel ihr wieder ein, wo sie sich befand. In Graystone, in Stephens Gemach, in seinem Bett.
Sehnsucht überkam sie.
Dann hörte sie, wie sich die Tür zu ihrem Gemach schloss. Mary setzte sich auf. Ein Mann stand im Schatten vor ihr, reglos, vom Dunkel verborgen. Aber sie wusste, es war Stephen. Und es konnte nur einen Grund geben, weshalb er gekommen war.
»Stephen.«
Er bewegte sich nicht, und als er sprach, war seine Stimme leise und rau.
»Ich sehne mich nach dir, Mary, so wie sich ein Trunkenbold nach Wein sehnt.«
Tränen traten ihr in die Augen; sie ergriff die Bettdecke. »Ich sehne mich auch nach dir, Stephen.«
Er trat näher, in den Schein des Feuers. Mary sah das Funkeln in seinen Augen und gab einen leisen Freudenschrei von sich. Es war ihr gleichgültig, dass er nur zu ihr kam, um sein Begehren zu stillen. Sie streckte ihm die Arme entgegen.
Stephen war mit einem Schritt bei ihr. Sobald sich ihre Hände berührten, entbrannte in ihren Körpern wildes Verlangen. Für einen kurzen Moment hielt Mary sein Gesicht in ihren Händen, sein wunderschönes, geliebtes Gesicht, und ergötzte sich an dem Hunger, den sie in seinen Augen sah. Stephen erwiderte ihren Blick; ein wortloses, knisterndes Verstehen entstand zwischen ihnen. Und dann küsste er sie.
Er nahm sie in die Arme, drückte sie auf das Bett und bedeckte ihre Lippen mit seinem Mund. Es war ein offener, nasser, wilder Kuss. Marys Seelenlage und ihre Begierde entsprachen der seinen genau, und sie begegnete ihm mit derselben Leidenschaft. Erst nach langer Zeit trennten sich ihre Lippen wieder, und sie rangen beide heftig um Atem.
Mary weinte beinahe. Es war ihr gleichgültig, was er sagte; von nun an waren seine Leugnungen gegenstandslos. Ein Mann, der so küsste, wurde von weit mehr verzehrt als von bloßem Begehren. Darauf hätte sie ihre Zukunft verwettet, ja sogar ihre kühnsten Träume.
Sie küssten sich erneut, dieses Mal aber nicht sehr lange; sie waren einfach zu ungeduldig für ein solches Vorspiel. Stephen hielt nur inne, um seine Hände über die Wölbungen ihrer Brüste wandern zu lassen, dabei zärtliche Worte zu flüstern und ehrerbietig ihren runden Bauch zu berühren. Dann lag sie auf der Seite, und er drang tief in sie ein.
Mary rief seinen Namen. Sie liebte ihn so sehr. Sie sagte es ihm. Sie war außer sich, vollkommen ausgelassen schrie sie ihre Lust hinaus, dass es die ganze Welt hören konnte, stolz und ohne sich zu kümmern, ob die Welt es hörte.
Stephen nahm sie, als hätte er seit langer Zeit
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