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Die Geliebte des Normannen

Die Geliebte des Normannen

Titel: Die Geliebte des Normannen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Joyce
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will?«
    Rufus zuckte die Achseln. Eigentlich war er beinahe sicher, dass de Warenne das nicht wollte, aber er, Rufus, verfolgte ein Interesse, das er befriedigt wissen wollte. »Er kann den Thron niemals für sich beanspruchen, mein Freund, aber welcher Mann möchte nicht seinen Sohn gekrönt sehen? De Warenne ist wie sein Vater, extrem ehrgeizig und zu allem entschlossen.« Rufus vollendete seinen Gedankengang absichtlich nicht.
    »Vielleicht stirbt er ja, dieser elende Balg, den sie in sich trägt.«
    Rufus legte beruhigend eine Hand auf Duncans Arm. »Wir brauchen Stephen, Duncan; vergiss das nie. Er muss uns dabei helfen, Schottland für dich zu gewinnen.«
    Duncan errötete vor Freude darüber, den König so offen über seinen größten Traum sprechen zu hören. Und seine Gedanken preschten voraus. Wagte er es, die Bedrohung, die Mary und ihr Kind für ihn und seinen Ehrgeiz darstellten, zu beseitigen? Er fürchtete ihr Kind mehr als ihre drei jungen Brüder und mehr, als er sie selbst je gefürchtet hatte. Er konnte sich nur zu gut vorstellen, dass sich Stephen zum Regenten ernannte.
    »Beim Arrangieren dieser Ehe habe ich mich eindeutig geirrt«, murmelte Rufus halblaut. »Vielleicht ergibt sich eine Gelegenheit, diese Sache wieder ins Lot zu bringen. Vielleicht, wenn du sicher auf dem Thron ...« Rufus beendete den Satz nicht.
    Duncan sagte nichts.
    Rufus rief laut nach Wein.
    Das Mahl wurde fortgesetzt, als sei der Pakt nie geschlossen worden. Doch Duncan hatte soeben die königliche Bewilligung bekommen, um zu tun, was er tun musste, damit Stephen de Warennes Bindungen an den schottischen Thron ein für alle Mal durchtrennt wurden.
    »Warum kehren wir so plötzlich nach Alnwick zurück?«, fragte Mary, als Stephen seinem Knappen auftrug, sofort alles für die Abreise vorzubereiten. Der Junge verließ eilends den Raum. »Was ist passiert, dass wir noch heute abreisen müssen?« Ihre Stimme klang ungewöhnlich hoch.
    Es war Anfang Mai. Mary war vier Wochen lang bei Hofe gewesen, aber sie fühlte sich nicht gelangweilt. Sie war zu sehr damit beschäftigt, den Körper, das Lächeln, die Freundlichkeit ihres Gemahls wiederzuentdecken.
    Stephen drehte sich langsam zu ihr um. »Mir ist es lieber, du bekommst das Kind in Alnwick, Mary. Und da ich unbedingt nach Hause muss, ist es ideal für mich, dich nach Northumberland zu eskortieren.«
    »Aber Ihr habt meine Frage nicht beantwortet, Mylord!«, rief Mary panisch. Panisch, weil am Hof Gerüchte kursierten, die wohl oder übel auch sie mitbekommen hatte. Gerüchte, so hatte ihr Edgar verbittert erzählt, dass Rufus versuchen würde, Duncan auf Schottlands Thron zu setzen. Aber diese Gerüchte konnten nicht wahr sein.
    »Willst du denn nicht nach Hause? Willst du das Kind mitten im Hochsommer in London bekommen? Zu dieser Jahreszeit ist die Stadt nicht so angenehm.«
    Nach Hause.
    Mary probierte das Wort in ihrem Kopf. Bei dem Gedanken, nach Alnwick zurückzukehren und das Kind dort auf die Welt zu bringen, wurde ihr warm ums Herz. Aber ... das war nur die halbe Wahrheit. Sonst würden sie nicht so überstürzt aufbrechen.
    »Ich werde das Kind bekommen, wo immer du willst«, antwortete Mary entschieden. »Alnwick ist mir sehr recht, Stephen, natürlich. Aber würdest du meine Frage beantworten?
    Er war sehr ernst. »Ich muss in den Krieg, Mary.«
    Mary schrie auf. Sie hatte es gewusst. Irgendein sechster Sinn hatte ihr gesagt, dass an diesen verdammten Gerüchten etwas daran war, und dass Stephen an der Spitze der Armee stehen würde, die in Schottland eindringen sollte, um ihren Onkel und ihren verräterischen Bruder zu entthronen.
    Sie konnte nicht glauben, dass Stephen den Eid brechen würde, den er ihrem Vater gegeben hatte – dafür zu sorgen, dass sein ältester Sohn auf den Thron kam. Edmund hatte die Familie verraten, und Ethelred war Priester, also war die Reihe an Edgar. Edgar musste Schottlands nächster König werden!
    Und als sei dieser grässliche Umstand nicht genug, wurde sie auch noch von Angst verzehrt. Es war erst sechs Monate her, seit sie ihre Eltern und einen Bruder in einem Krieg verloren hatte, und ihre Trauer darüber war noch nicht vorüber. Tatsächlich wachte sie manchmal morgens aus tröstlichen Träumen auf, in denen sie alle zusammen waren und ihr Tod vergessen schien. An solchen Morgen erwartete sie, dass ihre Mutter lächelnd an ihrem Bett stand, und der dunkelste, kummervollste Moment war der, wenn ihr Kopf klar wurde und die

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