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Die Geliebte des Normannen

Die Geliebte des Normannen

Titel: Die Geliebte des Normannen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Joyce
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Gedanke kaum.«
    »Über kurz oder lang wird sie dich auch mit dem Kopf akzeptieren. Weil sie gar keine andere Wahl hat.«
    »Aber sie hat das Ehrgefühl eines Mannes! Ich habe noch nie eine Frau sprechen gehört wie sie. Sie glaubt, sie habe gegen ihren König gefehlt!«
    »Das habe ich gehört«, räumte Brand ein. »Und ich muss zugeben, das ist in der Tat höchst ungewöhnlich.«
    Ein Schatten wanderte über Stephens Züge.
    »Ich bin es müde, heimliche Schlachten zu kämpfen, Bruder. Ich habe Intrigen so satt. Letzte Nacht kam es mir in den Sinn – ich entscheide mich dafür, nicht eine Gefährtin zu ehelichen, sondern einen hasserfüllten Feind.«
    »Wenn sie ihr Eheversprechen gibt, wird sich das ändern, Stephen.«
    »Glaubst du?«, fragte er. »Oder wird sie auf ewig eine Schlange in unserer Mitte sein?«
    »Würdest du deine Einstellung ändern?«, fragte Brand ruhig.
    Stephen warf mit einem harschen, bitteren Laut den Kopf in den Nacken.
    »0 nein! Ich schätze den Frieden, den sie vielleicht eines Tages bringt, weit mehr als den Reichtum durch Adele Beauforts Mitgift. Aber beim Blut unseres Herrn, Brand, ich bin müde.«
    Brand musterte seinen Bruder voller Mitgefühl.
    »Du bist Vaters Erbe«, sagte er schließlich. »Du musst deine Pflicht tun. Die schottische Prinzessin zu heiraten ist das beste Bündnis, das du für Northumberland schmieden kannst.«
    Unerwähnt ließ er, dass die Erfüllung dieser Pflicht eine Art Strafe nach sich zog.
    Müde zu sein oder ein wundes Herz zu haben hatte wenig mit seiner eigentlichen Verantwortung zu tun.
    »Ich weiß, dass du recht hast«, sagte Stephen schließlich mit einem flüchtigen, matten Lächeln. Seine größte Befürchtung hatte er für sich behalten: dass Mary, wenn sie ihren Standpunkt beibehielt, immer eine widerspenstige Gemahlin sein würde. Zu gut nur erinnerte er sich daran, wie es war, der Gnade mächtiger Männer und widrigen Umständen ausgeliefert zu sein – daran, wie es sich anfühlte, ohnmächtig und eine Geisel zu sein.
    Mary wachte erst nach Sonnenaufgang auf. Isobel war verschwunden; sicher war sie früh aufgestanden, um in der Familienkapelle zur Morgenmesse zu gehen. Mary fühlte sich schuldig. Sie brauchte Gottes Beistand, und es würde ihr nicht guttun, dauernd die Messe zu versäumen.
    Sie konnte nicht länger in diesem Gemach bleiben. Sie konnte nicht länger mit Gedanken wie jenen allein bleiben, die sie in der vergangenen Nacht gehegt hatte.
    Mary hatte in ihren Kleidern geschlafen, und nun wusch sie sich so schnell es ging mit einem dafür bereitstehenden Krug Wasser und bürstete sich die Haare aus. Auf dem Weg zur Treppe hörte sie von unten bereits viele Stimmen; die Familie und das ganze Gefolge strömten in den Saal zum Frühstück.
    Mary hob das Kinn, ihre Augen blitzten. Der Schlaf der letzten Nacht hatte ihr sehr gutgetan. Es würde auch gut sein, Stephen gegenüberzutreten, ja sogar, herausgefordert zu werden. Wesentlich besser jedenfalls, als allein im Gemach zu bleiben und über eine dunkle, trübselige Zukunft nachzudenken oder den blutigen Krieg, der über ihr Schicksal bestimmen würde.
    Sie ging die Treppe zum Saal hinunter. Der Mann, der sie gefangengesetzt hatte, war noch nicht am Tisch, obwohl bereits viele seiner Untertanen ihre Plätze eingenommen hatten. Er stand an der Feuerstelle, die so riesig war, dass die Einfassung ihm bis ans Kinn reichte. Als er sie hörte, drehte er sich um und fixierte sie mit seinem dunklen Blick. Mary blieb stehen, unfähig, diesem Blick auszuweichen.
    Stephen kam auf sie zu. Er trug eine eng sitzende schwarze Hose und wadenhohe Stiefel mit Sporen, einen dunkelbraunen Rock und darüber einen schwarzen Wappenrock. Beide Tuniken waren an Saum, Ärmeln und Ausschnitt mit kleinen, gestickten Bändern in Schwarz und Gold eingefasst. Seine Kleidung war aus fein gewebter, teurer Wolle, aber bis auf den schwarzen, breiten Ledergürtel und die goldene, mit wenigen, kostbaren Edelsteinen besetzte Schließe außerordentlich schlicht.
    Es war Mary schon vor einiger Zeit aufgefallen, dass er sein Aussehen nicht allzu wichtig nahm. Die Kleidung lenkte nicht vorn Träger ab, man achtete nicht auf das Äußere, sondern allein auf die Person.
    Er blieb vor ihr stehen.
    »Guten Tag, Mademoiselle. Ich bin erleichtert, dass Ihr beschlossen habt, Euch uns zum Frühstück anzuschließen.«
    »Ich bin nicht gern eingesperrt«, entgegnete Mary knapp. »Niemand ist gern eingesperrt.« Er ergriff ihren

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