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Die Geliebte des Normannen

Die Geliebte des Normannen

Titel: Die Geliebte des Normannen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Joyce
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Kirchenmänner, kein Kleriker solle dem König die Treue schwören, da sie einzig und allein Gott verpflichtet seien und damit dem Papst. Diese Reformer verweigerten den Schwur bei ihrer Amtseinsetzung und wurden dabei von Rom ermutigt. Und diese geistlichen Würdenträger sprachen dem König zudem die Macht ab, Kleriker zu ernennen und ins Amt einzusetzen. Rufus folgte in dieser Hinsicht bislang dem Vorbild seines Vaters; er forderte seine Rechte über die Kirche und übte sie aus, wenn es notwendig war; etwa, als er An selm zum Erzbischof von Canterbury ernannt hatte. Und nun forderte er dieses Recht bei Geoffrey ein.
    »Wann soll dieser Akt stattfinden?«, fragte Geoffrey. Sein Mund war trocken; er befeuchtete sich die Lippen. Und er schwitzte.
    »Heute. Hier. Jetzt.«
    Geoffrey musste sich zu klaren Gedanken zwingen. Sich aus diesem neuen Dilemma herauszumanövrieren blieb keine Zeit. Der König forderte den Lehnseid sofort.
    Normalerweise war ein Erzdiakon kein bedeutender geistlicher Würdenträger. Geoffrey aber war durch die Leitung von Canterbury seit Lanfrancs Tod zu einer beispiellosen Macht- und Vorrangstellung aufgestiegen. In den vergangenen vier Jahren hatte er in Abwesenheit eines Erzbischofs als Regent dieses Erzbistums die Krone direkt bekämpft. Und Rufus trieb diesen Kampf nun auf die Spitze. Denn Geoffrey hatte nur die Wahl, ja oder nein zu sagen, und er hegte kaum einen Zweifel, dass eine Weigerung ihn auf direktem Wege in die Verliese des Towers bringen würde. Rufus hatte Männern, die sich ihm entgegenstellten, schon weitaus Schlimmeres angetan.
    »Ihr zögert«, sagte Rufus, und sein Lächeln wurde zur Fratze. »Seid Ihr also einer von diesen Fanatikern?«
    Geoffreys Gesichtsmuskeln verkrampften sich.
    »Ich bin kein Fanatiker.« Er zwang sich zu einem Lächeln. »Wie Ihr wünscht, Eure Majestät.«
    Er ging auf die Knie.
    Jemand keuchte, vielleicht Montgomery.
    Geoffrey war kein Fanatiker, aber er war ein Mann der Kirche. Er unterstützte die meisten der vorgeschlagenen Reformen, er unterstützte die Rechte der Kirche gegen die Ansprüche des Königs, und er würde dies auch weiterhin tun. Doch die vergangenen vier Jahre hatten gezeigt, dass er den Herrscher nicht in einem offenen Krieg besiegen konnte. Was hatten all seine Bemühungen bisher erbracht? Die letzte Abrechnung des Königs hatte zu einer neuerlichen Plünderung des Bistums in der Größenordnung von mehreren tausend Pfund geführt.
    Es war an der Zeit, dass er seine Taktik änderte. Konnte er nicht ein Verbündeter der Krone werden und gleichzeitig heimlich weiter die Interessen Gottes und der Kirche unterstützen?
    »Wie klug Ihr entschieden habt«, murmelte Rufus und fuhr dann plötzlich mit schneidend scharfer Stimme fort: »Also, bringen wir die Sache hinter uns!«
    Vor den versammelten Zeugen schwor Geoffrey seinem Lehnsherrn König William Rufus von England Gehorsam und Unterstützung in jeder Hinsicht und für alle Zeit. Im Gegenzug überraschte dieser ihn damit, dass er ihm ein kleines, aber außerordentlich reiches Lehen weiter im Süden zuteilte. Geoffrey küsste das Knie des Königs und durfte sich wieder erheben.
    Ihre Blicke trafen sich. Rufus' Befriedigung war nicht zu verkennen.
    »Zeigt, dass Ihr das Vertrauen, das ich in Euch setze, rechtfertigt, und Ihr werdet es weit bringen«, sagte er.
    Geoffrey war klar, was er damit meinte. Die Prüfung war noch nicht beendet. Sollte er sich weiterhin dem Willen des Königs unterordnen, dann konnte er noch mehr für sich gewinnen.
    Da er nur Erzdiakon war, dachte Rufus wahrscheinlich an eine Berufung in ein höheres Amt. Doch Geoffrey fühlte keine Begeisterung. Vielmehr zog sich sein Inneres krampfhaft zusammen. Er spürte für einen Augenblick lang eine abgrundtiefe Verzweiflung.
    Wenn der König die Wahrheit sagte, dann würde die Wahl, die er eben getroffen hatte, nichts sein im Vergleich zu jener, die er bald würde treffen müssen.
    Rolfe kam und ergriff mit einem beruhigenden, wenn auch nicht überschwänglichen Lächeln seinen Arm. Als sich Geoffrey zum Gehen anschickte, rief der König: »Wartet, lieber Erzdiakon, wartet!«
    Langsam drehte sich Geoffrey um.
    Rufus lächelte.
    »Ich fürchte, Eure Arbeit hat noch nicht einmal richtig begonnen. Ihr wisst ja, dass mir Anselm erst heute Morgen die Gefolgschaft verweigert hat. Er wird die Ritter, die das Bistum mir schuldet, nicht aufbringen. Er sagt, er weigere sich, mit der Macht von Canterbury meinen verdammten

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