Die Geliebte des Sonnenkönigs (German Edition)
hatten, dass es Pflicht des Königs sei, für die Zukunft des Fräulein von La Vallière, die nichts als ihre Juwelen besaß, für den Namen seiner Tochter, die einfach Marie-Anne hieß, zu sorgen. Der König selbst, im Allgemeinen ein liebenswürdiger Egoist, der am liebsten dem Augenblick lebte, sprach sich einem vertrauten Freunde gegenüber mit großer Aufrichtigkeit über die herzlichen Gefühle aus, die ihn zu dieser Fürsorge für die Geliebte getrieben hatten.
„Ich konnte mich nicht entschließen, zur Armee zu stoßen, bevor ich dem Kind nicht einen Namen gegeben und der Mutter eine Zukunft, welche mit der Zärtlichkeit, die ich seit sechs Jahren für sie empfinde, auf gleicher Stufe steht.”
Als Louise erfuhr, dass der König sie zur Herzogin gemacht, dass Marie-Anne den Namen La Vallière tragen dürfe, dass sie Eigentümerin reicher Besitzungen geworden, deren Existenz Louise vordem nicht einmal gekannt hatte, war sie weit entfernt davon, Stolz und Freude zu empfinden. Ganz im Gegenteil. Die Scham, öffentlich als die Maitresse des Königs zu gelten, ein Titel, vor dem sie seit Jahren gezittert hatte, drohte sie zu Boden zu werfen.
Sie, die in Vincennes ihr Leben aufs Spiel gesetzt hatte, um nach der Geburt ihrer Tochter ihren Stolz und die Ruhe der Königin zu wahren, konnte sie anders empfinden?
Und wiederum, durfte sie dem König zeigen, was sie empfand, ihm, der ihr geliebtes Kind aus dem Staub der Niedrigkeit gezogen, ihm, der ihr und ihres Kindes Leben gesichert hatte, bis in eine ferne Zukunft? Ihm, dessen Blut sie aufs Neue in ihrem Schoß fühlte!
Ach, was fragte sie in innerster Seele nach dieser Zukunft, die nicht reich und glänzend, die grau und farblos vor ihr lag! Die Seligkeiten der Liebe, die hinter ihnen lagen, waren sie nicht unendlich schöner, glückspendender gewesen!
Der Krieg, die Trennung standen vor der Tür. Konnte sie wissen, wie der Geliebte ihr zurückkehren würde?
Sie wusste, und der König wusste es auch, sie war nicht mehr so schön, wie sie in den ersten Jahren ihres berauschenden Glückes gewesen war. Ob des Königs Liebe aber einem äußeren Wandel standhalten würde, wusste sie nicht! Waren seine Küsse nicht schon weniger heiß, seine Umarmungen nicht schon weniger leidenschaftlich geworden?
Nein, nur das nicht — nur das nicht denken müssen! Mit Gewalt wehrte sie sich gegen diese Vorstellungen. Sie waren Schatten, Schemen — mussten es sein — aufgestiegen, sie zu schrecken aus ihrer großen Angst und Scham heraus.
Liebte er sie denn anders, als sie ihn liebte, die noch heute jeden Blutstropfen willig für ihn hingegeben hätte, die ihn geliebt hätte mit der gleichen Hingabe ihrer ganzen Seele, wäre er nicht der allmächtige, berauschend schöne Herrscher, sondern ein schlichter Mann mit schlichtem Antlitz gewesen!
Nein, nein, es konnte nicht sein.
Louise getraute sich niemanden zum Mitwisser ihrer Herzensnot zu machen. Sie spielte die glückliche, zu Reichtum und Ehren gekommene Frau, innerlich aber verzehrte sie die Angst, der König möge ihr Rang und äußere Güter nur verliehen haben, um sie über seine erkaltenden Gefühle fortzutäuschen.
Man raunte und tuschelte um die junge Herzogin. Man nannte einen Namen, den sie nicht hörte, der nicht bis zu ihrem Fassungsvermögen drang. Ungreifbar, wie ein grauer Schatten, umschwebte sie eine dunkel geahnte Gefahr, die nicht Leib noch Leben für sie hatte.
Der König lächelte über ihre schwarzen Gedanken. Er tröstete und küsste sie, wie in den Tagen ihres heißesten Glückes.
„Meine kleine Louise, meine törichte kleine Louise! — Es ist nichts wie die Angst vor dem Kriege, die dich krank und kleingläubig macht. Aber du wirst nicht wollen, dass ich wie ein Feigling hinterm warmen Herd hocken bleibe, wenn des Krieges Ehren mich rufen? Du hast mich viel zu lieb dazu!”
Ja, das hatte sie! Er war ihr Held, ihr Gott. Heute wie am ersten Tage! Bezweifelt man Helden und Götter?
Kurze Zeit bevor der König nach Flandern aufbrach, saß Louise in einem der prunkvollen Gemächer ihres Palais nahe den Tuilerien, das der König der Herzogin zum Geschenk gemacht hatte. Sie fröstelte und hatte, trotz des warmen Maitages draußen, Feuer im Kamin anlegen lassen.
In einem der schweren goldenen, großblumigen Seidenstühle saß sie und blickte zu dem von Nanteuil gemalten Porträt des Königs an der gegenüberliegenden Wand. Es war eines ihrer Lieblingsbilder, im gleichen Jahr gemalt, in dem sie sich
Weitere Kostenlose Bücher