Die Geliebte des Zeitreisenden
Spiel.
Plötzlich sahen sie, wie gerade in diesem Augenblick weit unter ihnen einige Soldaten einen anderen Mann zwischen zwei Fahrzeugen vorwärtsstießen und ihn umzingelt hielten.
Cael keuchte auf. Da, rechts unten! Das ist Rion.
Lucan ließ einen sanften Schwenk nach rechts folgen. Als sie abstiegen, kündete sein gewaltiger Schatten ihn an. Die meisten Soldaten zerstreuten sich sofort. Doch einige benutzten Rion als Schutzschild. Einer oder zwei feuerten auf den Drachenwandler.
Vor Wut brüllte Lucan auf, und Flammen leckten über die Militärfahrzeuge. Doch er achtete darauf, seinen Freund nicht zu verletzen. Diejenigen, die geflohen waren, überlebten, aber jene, die versucht hatten, den Drachen abzuschießen, starben.
Cael konzentrierte sich ganz darauf, den Gral nicht zu verlieren und auf Lucans Rücken zu bleiben. Ihre Beine zitterten unter dieser Anstrengung.
Unter ihnen stießen einige Soldaten Rion gegen einen Lastwagen, und einer von ihnen richtete die Waffe auf ihn. Cael hielt den Atem an, denn sie wusste, dass der Soldat abdrücken würde, wenn Lucan und sie ihn nicht rechtzeitig erreichten.
Man hatte Rion die Hände hinter dem Rücken gefesselt. Er stieß sich mit dem ganzen Körper vom Lastwagen ab und rammte den Soldaten mit der Schulter. Der Mann ging sofort in die Knie. Merlin flog herbei, griff einen zweiten Mann an und fügte ihm eine blutige Wunde an der Kehle bei. Währenddessen trat Rion dem am Boden liegenden Soldaten die Waffe aus der Hand. Ein weiterer Mann griff ihn mit Fäusten an. Rion duckte sich unter einem Schlag hinweg, sprang zur Seite, schlang die Beine um den Hals des Mannes und machte ihn dadurch bewegungsunfähig.
Noch nie zuvor hatte Cael einen Mann auf diese Weise kämpfen sehen. So schnell. So tödlich.
Flieg gerade. Langsam. Ich ziehe Rion hoch.
Aber sie hatte nur eine freie Hand, denn mit der anderen hielt sie noch immer den Gral fest. Cael wusste nicht, ob sie stark genug war, Rion hochzuheben. Schließlich war er ein großer Mann. Selbst wenn sie dafür stark genug war, könnte sie durch sein Gewicht den Halt verlieren.
»Rion!«, rief sie, um seine Aufmerksamkeit zu erlangen. Weitere Soldaten näherten sich ihm, aber Rion wich zur Seite aus, duckte sich und entkam ihnen. Trotz Lucans andauernder Feuerstöße rückten die Soldaten vor. Einer packte Rion am Arm, der aber wand sich frei und rannte auf die Stelle zu, wo Lucan und Cael niedergingen. Im letzten Moment sprang Rion hoch in die Luft.
Cael ergriff ihn am Gürtel. Sie drückte die Beine fest zusammen, und irgendwie gelang es ihr, Rion auf Lucans Rücken zu ziehen, ohne das Gleichgewicht zu verlieren. Ich hab ihn.
»Warum bist du nicht schon am Rande des Abgrunds gesprungen?«, fragte sie Rion.
»Ich wusste nicht, ob Ihr genug Kraft haben würdet, um gleich zwei Männer zu tragen«, gab er zu.
Cael hatte es ebenfalls nicht gewusst. Sie hatte aber nur noch einen so geringen Platinvorrat gehabt, dass sie vielleicht abgestürzt wäre und sie alle in den Tod gerissen hätte. Aber nun wusste sie, dass Rion ein Mann von außerordentlichem Mut war. Er hatte sich fangen und schlagen lassen, nur damit sie die Möglichkeit zur Flucht bekamen. Seine Weigerung, sich in einen Drachen zu verwandeln und sich dadurch selbst zu retten, damit der Lauf der Geschichte nicht verändert wurde, war heldenhaft.
Die Soldaten unter ihnen hatten sich in Deckung begeben und feuerten wieder nach oben.
Cael packte Rions Gürtel fester. Bring uns hier heraus, Lucan.
Das zusätzliche Gewicht schien ihn nicht zu stören. Seine gewaltigen Schwingen bewegten sich fließend, und er stieg in einer warmen Luftströmung aufwärts.
Sie hatten es geschafft: Rion, Lucan und Cael. Merlin gesellte sich zu ihnen und nahm auf Lucans Flügelspitze Platz. Cael musste grinsen. Sie hatten überlebt.
Und sie besaßen den Gral.
Lucan landete in Feridon unmittelbar auf dem Dach des Krankenhauses. Er nahm wieder Menschengestalt an und sah, dass Rion Cael sein Hemd gegeben hatte. Nun bot er Lucan seinen Mantel an, und die Gruppe begab sich zum Treppenhaus.
»Wie lautet dein Plan?« Rion öffnete die Tür, hinter der die Stufen nach unten führten.
Lucan dachte nach, während sie hinunterschritten. »Wir gehen schnell rein. Und wir gehen noch schneller wieder raus.«
Rion rollte mit den Augen. »Das ist alles?«
»Gibt es eine Möglichkeit, in Jaylons Zimmer zu kommen, ohne durch öffentliche Bereiche gehen zu müssen?«, fragte Lucan
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