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Die Gerechten

Die Gerechten

Titel: Die Gerechten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bourne
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ihn für einen Konvertiten halten.
    Er brauchte nur noch eines. »TC, wo kriege ich um diese Zeit eine Schädelkappe her?«
    »Daran hab ich schon gedacht.« Mit schwungvoller Gebärde hielt TC eine schwarze Stoffscheibe in die Höhe. »Ich hab sie mir von deinem Freund Sandy geborgt, als wir im Park waren.«
    »Geborgt?«
    »Na ja, ich weiß, dass sie immer eine als Ersatz bei sich tragen. Und da hab ich zufällig einen Blick in seine Jackentasche geworfen. Hier, setz sie auf.«
    Beinahe feierlich erhob TC sich auf die Zehenspitzen und setzte Will die Jarmulke auf den Kopf. Dann verschwand sie im Badezimmer und kam mit einer Haarklammer zurück. »So«, sagte sie und steckte sie fest. »Rav William Monroe, ich bin erfreut, Sie kennen zu lernen.«
    Als sie im Taxi saßen, fing Will an zu zappeln, aufgeregt – und nervös. Noch nie hatte er sich für irgendeinen Zweck getarnt, aber jetzt spielte er den Undercoveragenten. Er hatte sich verkleidet und gab sich als jemand aus, der er nicht war. Seine schützende Rüstung – Chinos, blaues Hemd, Notizbuch – waren nicht da. Er fühlte sich verwundbar.
    Um sich seiner zu vergewissern, griff er nach seinem Handy – einem Überbleibsel aus seinem normalen Leben. Das Display zeigte eine neue Nachricht an, anscheinend von demselben unbekannten Absender, den er bis vor kurzem für Josef Jitzhok gehalten hatte.
    Sind Menschen nur, die Zahl ist klein,
    Lässt. zeigen sich in Ziffern zwein,
    Halbieret gar, wenn jene sich vermehren,
    Und gehn wir wen ’ge unter, ist dem Tode aller nicht zu wehren.
    Er hatte keine Ahnung, was das bedeuten sollte, aber es kam auch kaum noch darauf an. TC hatte gesagt, bald werde alles klar werden. Nur aus Gewohnheit warf er als Nächstes einen Blick auf den Blackberry. Das rote Licht blinkte: eine Eilmeldung vom Guardian. Aus Nostalgie hatte er den elektronischen Nachrichtenticker der Zeitung abonniert, die er zu Hause gelesen hatte. Meistens löschte er diese E-Mail-Updates sofort; er hatte genug damit zu tun, die Nachrichten aus New York und USA zu verfolgen. Aber das Wort »Eilmeldung« tat seine Wirkung: Welche Nachricht rechtfertigte eine Extra-Mail? Er klickte sie auf.
    Robin Hood in der Downing Street.
    Großbritanniens heißester Skandal der letzten Jahrzehnte nah?n heute eine besonders bizarre Wendung.
    Der ehemalige Schatzkanzler Gavin Curtis, der sich polizeilichen Mutmaßungen zufolge in der vergangenen Woche das Leben genommen hat, verwandelt sich scheinbar über Nacht aus einer viel geschmähten Hassftgar posthum in einen Volkshelden. Sprecher des Finanzministeriums, die zuvor enthüllt hatten, dass Mr. Curtis große Summen aus de?n Staatsetat auf ein privates Bankkonto in der Schweiz umgeleitet habe, gaben heute Morgen bekannt, wo dieses Geld tatsächlich gelandet ist: in den Händen der Ärmsten der Welt.
    Von der Boulevardpresse augenblicklich zu einem »Robin Hood des wahren Lebens« verklärt, hat Mr. Curtis anscheinend einen großen Teil seiner sieben Jahre als britischer Finanzminister darauf verwandt, die Reichen zu bestehlen und den Armen zu geben.
    »Die Hilfe, die wir von Großbritannien erhalten haben, hat sich unter Mr. Curtis verdoppelt und dann verdreifacht«, berichtet Rebecca Morris, Sprecherin der »Aktion gegen Hunger«, einer führenden Hilfsorganisation. »Wir glaubten, das sei die Politik dieser Regierung.« Aber es war nichts dergleichen. Die großzügige Hilfe für jene, die im Krieg gegen Armut, Aids und Hunger in vorderster Front stehen, geschah auf persönlichen Beschluss von Mr. Curtis, und sie wurde dadurch ermöglicht, dass die Einzelheiten seiner Freigebigkeit sich in einem verblüffend komplizierten Labyrinth ministerieller Daten verbergen ließen. Einige Beobachter vermuten, der Minister sei in den letzten Monaten noch weitergegangen und habe seine Programme durch die Plünderung von Mitteln finanziert, die eigentlich als Subventionen für britische Waffenexporteure vorgesehen waren. »Sie bekamen eben weniger, damit die Hungernden in Afrika und die Kranken am Indischen Ozean mehr bekommen konnten«, erläuterte ein Mitarbeiter des Ministeriums gestern Abend. Ein Bericht spekulierte, dass diese Tat des Ministers zu seinem Sturz führte. »Er muss gewusst haben, welches Risiko er dabei einging«, erklärte Ms. Morris gegenüber dem Guardian. »Trotzdem war er bereit dazu, nur damit die Hungrigsten und Schwächsten der Welt bessere Chancen bekamen. Ich kann Ihnen nicht sagen, wie viele

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