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Die Gerechten

Die Gerechten

Titel: Die Gerechten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bourne
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geglaubt – aber Macrae, Baxter, Samak und Curtis passten haargenau auf das, was der Rabbi erzählt hatte. Sie hatten außergewöhnlich gute Taten getan, und sie hatten es für sich behalten. Sie hatten die Öffentlichkeit gemieden, ganz so, wie es der Legende entsprach. Bis er zu graben angefangen hatte, waren zumindest Baxters und Macraes Taten völlig unbekannt gewesen. Die vier, von denen er wusste, hatten sich sogar als Sünder getarnt, als Leute, die man eher beschimpfen als verehren würde. Ein Zuhälter! Ein Politiker! Du lieber Himmel.
    Was wäre, wenn er also die Existenz der Lamedvavniks einfach mal annahm? Daraus erwuchs ein neuer Gedanke. Bis zu diesem Augenblick war er nur daran interessiert gewesen herauszufinden, wie diese seltsame alte Geschichte ihn zu seiner Frau führen könnte. Aber jetzt bekam er feuchte Hände bei einer ganz anderen Vorstellung. Wenn Rabbi Mandelbaum Recht hatte, war der Angriff auf die Gerechten nicht nur ein grausames Verbrechen. Er würde Unheil über die ganze Welt bringen. Erst jetzt verstand er, was Rabbi Freilich ihm am letzten Abend am Telefon gesagt hatte. Ihre Frau ist Ihnen wichtig, Mr. Monroe. Natürlich ist sie das. Aber mir geht es um die Welt, um die Schöpfung des Allmächtigen.
    Sechsunddreißig, dachte Will. Das waren so wenige. Sechsunddreißig Menschen auf dem ganzen übervölkerten Planeten mit seinen – wie viel? sechs Milliarden. Vier von ihnen kannte er jetzt mit Sicherheit: Baxter und Macrae in Amerika, Curtis in Großbritannien und Samak in Bangkok. Aber die Gerechten lebten im Verborgenen. Nach allem, was er wusste, konnten auch die übrigen zweiunddreißig tot sein oder im Sterben liegen, in entlegenen Ecken der Welt, gänzlich unbemerkt.
    Er dachte an sein Gespräch mit Rabbi Freilich. Hier entfaltet sich eine uralte Geschichte, und sie droht eine Entwicklung zu nehmen, die die Menschheit seit Jahrtausenden fürchtet. Das also hatte er gemeint. Die uralte Geschichte war die Legende von den Lamedvav, den sechsunddreißig Gerechten. Und die Entwicklung, die die Menschheit so lange fürchtete, war nichts weniger als das Ende der Welt.
    Wer immer diese SMS-Nachrichten geschickt hatte, wusste das alles, erkannte Will. Während Rabbi Mandelbaum nach einem neuen Buch griff, warf er einen Blick auf sein Handy und las die letzte Nachricht, die er empfangen hatte. Ein Gedicht in vier Versen.
    Sind Menschen nur, die Zahl ist klein,
    Lässt zeigen sich in Ziffern zwein,
    Halbieret gar, wenn diese sich vermehren,
    Und gehn wir wen ’ge unter, ist dem Tode aller nicht zu wehren.
    Menschen nur … in Ziffern zwein … Die zwei Ziffern waren drei und sechs. Wenn diese sich vermehren … Dreimal sechs ergab achtzehn, die Hälfte von sechsunddreißig: Halbieret gar. Und der Verfasser wusste, was auf dem Spiel stand: Und gehn wir wenige unter, ist dem Tode aller nicht zu wehren.
    Will hatte Mühe, die Fassung zu bewahren. Am liebsten hätte er sein Notizbuch herausgeholt, um alle diese Informationen zu ordnen. Aber er hatte noch ein paar Fragen.
    »Diese sechsunddreißig – sind das alles Juden?«
    »In der chassidischen Folklore sind die Zaddikim für gewöhnlich lauter Juden, ja. Aber das hat eher soziologische als theologische Gründe: Wen sonst kannten die alten Jidden? Sie kannten nur Juden. Eine andere Welt gab es für sie nicht. In den frühen rabbinischen Schriften gibt es aber auch noch andere Ansichten über die Identität der Zaddikim. Manche meinten, sie alle lebten im Lande Israel, andere, es gebe auch welche außerhalb davon. Wieder andere sagten, die Gerechten seien Gojim, Nichtjuden also. Eine verbindliche Lehrmeinung gibt es nicht. Es können lauter Juden sein, lauter Nichtjuden oder beides zusammen.«
    »Aber es sind immer Männer?«
    »Immer. Darin sind sich sämtliche Quellen einig. Ohne jeden Zweifel. Die Lamedvavniks sind Männer.«
    TC wusste, was Will dachte. Warum halten sie dann meine Beth gefangen?
    Die Wahrheit war: Will war enttäuscht. Seit der Rabbi angefangen hatte zu reden, hatte Will versucht, einen Zusammenhang zu seiner Frau und ihrer Entführung zu finden. Schon vorher war ihm klar gewesen, dass zwischen Baxter und Macrae und Samak eine Verbindung bestand, aber was das alles mit Beth zu tun hatte, konnte er nicht erkennen. Die Theorie der Sechsunddreißig erschien ihm bizarr und weit hergeholt, aber sie konnte zumindest erklären, was in den Köpfen der Chassiden vorging. Vielleicht waren sie in irgendeinem Wahn zu der

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