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Die Gerechten

Die Gerechten

Titel: Die Gerechten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bourne
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blätterte er zu seinem Gespräch mit dem Gerichtsmediziner aus Oxford zurück, mit Allan Russell. »Unmittelbar zuvor«, hatte er gesagt, sei dem Opfer die Nadel in den Schenkel gestochen worden. Es war merkwürdig, aber unzweifelhaft: Baxters Mörder hatten ihn zuvor betäubt.
    Will klickte sich zurück zu der Macrae-Story. Kein Wort von einer Injektion. Nur eine Unzahl von Messerstichen.
    Will lehnte sich zurück. Wieder hatte sich eine Eingebung in Luft aufgelöst. Er hatte geglaubt, einen Zusammenhang zwischen den beiden Morden finden zu können – nicht nur das merkwürdige Zusammentreffen des Wortes »gerecht«, sondern etwas Handfestes, eine Verbindung, die auf ein Muster schließen lassen könnte. Aber da war nichts.
    Was also hatte er? Zwei Mordopfer, die gute Taten getan hatten. Das war alles. Und in einem Fall, bei Baxter, gab es ein merkwürdiges Detail: Er war betäubt worden, bevor man ihn umbrachte. Das war bei Macrae nicht der Fall.
    Das heißt – Will hatte keine Ahnung, ob es der Fall war. Die Polizei hatte es nicht erwähnt, aber er hatte auch nicht danach gefragt. Er hatte Macraes Leiche nicht gesehen, er hatte nicht mit dem Gerichtsmediziner gesprochen. Die Story hatte keinen Anlass dazu gegeben. Und wenn er nicht gefragt hatte, hatte es auch sonst niemand getan. Der Fall Macrae war ja keine große Sache gewesen. Über die bloße Meldung hinaus hatte keine Zeitung etwas darüber gebracht – bis auf seine eigene Story in der New York Times natürlich.
    Will holte sein Handy aus der Tasche und rief das Nummernverzeichnis auf. Es gab nur einen, der ihm helfen konnte. Er drückte auf J. Jay Newell.

29
    SAMSTAG, 22.26 UHR, MANHATTAN
    »Jay.«
    »Jay, Gott sei Dank, dass ich dich erreiche.« Newell gehörte zu Wills Freundeskreis an der Columbia University, und er hatte die ungewöhnlichste Laufbahn von allen eingeschlagen: Er war zum New York Police Department gegangen und hatte dort eine kometenhafte Karriere gemacht. Über all die alten Doughnut-Mampfer hinweg war er auf dem besten Wege, Polizeichef in einer Großstadt zu werden, ehe er vierzig wäre. Die Cops der alten Garde betrachteten ihn mit der gleichen Abneigung, die Will von den Zeitungsveteranen entgegengebracht wurde. »Will hier. Ja, mir geht’s gut. Na ja, ich bin in einer gewissen Klemme, aber das kann ich jetzt nicht erklären. Du musst mir einen riesengroßen Gefallen tun.«
    »Okay.« Das Wort klang gedehnt, als warte Jay darauf, zu erfahren, was für eine Art Gefallen sein Reporterfreund da im Sinn hatte.
    »Jay, du musst was für mich überprüfen. Ich hatte diese Woche einen Artikel in der Zeitung –«
    »Über diese Zuhältertype? Hab’s gelesen. Seite eins – gratuliere, Superman.«
    »Ja. Danke. Hör zu, ich hab da nie einen Blick in den Obduktionsbericht geworfen. Hast du Zugang dazu?«
    »Wir haben Wochenende, Will. Ich bin gerade irgendwie … weißt du …« Will sah auf die Uhr; es war später Samstagabend. Jay war Single und hatte eine Menge Freundinnen. Vermutlich hatte er in einem spektakulär unpassenden Augenblick angerufen.
    »Ich weiß. Aber du bist doch sicher befugt, dir anzusehen, was du willst und wann du willst.« Der alte Schmeicheltrick – Jay würde niemals zugeben, dass er diese Befugnis zufällig nicht hatte.
    »Was willst du wissen?«
    »Ich will wissen, ob es irgendwelche ungewöhnlichen Wundmale am Leichnam des Ermordeten gab.«
    »Ich dachte, die hätten eine Million Mal auf ihn eingestochen.«
    »Haben sie auch, aber er war immer noch an einem Stück. Ich muss wissen, ob er so was wie einen Nadeleinstich am Körper hatte.«
    »Ein schmieriger Zuhälter aus Brownsville? Soll das ein Witz sein? Die Typen knallen sich die Drogen in solchen Mengen in die Venen, dass er wahrscheinlich aussah wie ein Nadelkissen.«
    »Das glaub ich nicht. Keiner von den Leuten, mit denen ich gesprochen hab, hat irgendwas über Drogen gesagt.«
    »Okay, mein Freund. Wie du meinst. Soll ich dich unter dieser Nummer zurückrufen?«
    »Ja. Und ich brauch’s wirklich schnell. Danke, Jay. Ich bin dir was schuldig.«
    Plötzlich hörte er Stimmen und ein kurzes Auflachen. Es klang, als komme eine Gruppe von Männern in seine Richtung. Dann, lauter als die andern, Townsend McDougals Stimme. Er redete gänzlich im Zeitungsjargon.
    »Können wir das vierundzwanzig Stunden zurückhalten? Haben wir es exklusiv?«
    Will hatte keine Ahnung, warum sie Kurs auf diesen trostlosen Teil der Landschaft im dritten Stock nahmen; sie

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