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Die Germanen: Geschichte und Mythos - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Die Germanen: Geschichte und Mythos - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Titel: Die Germanen: Geschichte und Mythos - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert F. Pötzl
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Feuer in ihren Augen ertragen können.
    Die Angst ging von den Militärtribunen, Präfekten und den übrigen aus, die Cäsar aus Freundschaft aus Rom gefolgt waren. Davon ließen sich kriegserfahrene Centurionen, einfache Soldaten und Kommandeure der Reiterabteilungen anstecken. Die Psychose grenzte an Meuterei. Daraufhin hielt Cäsar eine seiner anfeuernden Reden, die in dem Satz gipfelte: »Warum verzweifelt ihr an eurer Tapferkeit oder an meiner Umsicht?«
    Dann führte Cäsar seine Legionen in sieben Tagesmärschen ins Elsass. Eine gewaltige Leistung, denn ein gewöhnlicher Soldat musste damals das kurze Schwert, den Wurfspeer, einen Dolch, den Metallhelm, Ketten- oder Schienenbrustpanzer, Beinschienen und Schild tragen, dazu Kochgeschirr und oft Beil, Säge, Spaten, Taue, Schanzkörbe plus Vorrat für drei Tage. Die Last lag ihm nicht auf dem Rücken, sondern hing ihm an einer Stange über der linken Schulter. So konnte er sie rasch ablegen und kämpfen, wenn es nötig wurde.
    Als Cäsar sein Lager aufschlug, kamen Reiter herbei, Abgesandte von Ariovist, der etwa auf der Höhe von Colmar kampierte. Sie richteten aus, dass Ariovist nunmehr zu einer Unterredung bereit sei, Cäsar dürfe aber lediglich von Reitern begleitet kommen. So treten sich am Ende der Germanen-König und der römische Prokonsul doch noch persönlich gegenüber.
    Cäsar lässt Ariovist argumentieren, ihn hätten die Gallier ins Land gerufen, den germanischen Zuzug brauche er zur Verteidigung, und dieser Teil Galliens sei seine Provinz wie jener Teil die Provinz der Römer. Verlasse Cäsar Gallien nicht, werde er ihn als Feind ansehen. Er fügt hinzu, führenden Römern käme es gelegen, wenn Cäsar hier vernichtet werde.
    Cäsar erwidert, Rom habe ältere Rechte an Gallien. Als Ariovists zurückgebliebene Reiter die römischen Reiter angreifen, so schildert es Cäsar, wird das Gespräch, das über Dolmetscher geführt worden ist, abgebrochen. Die Entscheidungsschlacht steht bevor.
    Ariovist hatte es allerdings nicht eilig mit kriegerischen Handlungen. Verstärkung von jenseits des Rheins war unterwegs, darauf wollte er warten. Er zog seine Truppen in die Wagenburg zurück. »Diese Burg auf Rädern«, schreibt Fischer-Fabian, »diente den Germanen auf ihren Wanderungen als Lager, im Krieg war sie Aufmarschbasis und Festung zugleich. Zu diesem Zweck wurden die mit Leder bespannten Planwagen in einem Ring aufgestellt, und die Deichseln miteinander verkettet. Das war nur bei einigermaßen ebenem Gelände möglich und, denkt man an die schwerfälligen Zugochsen, bestimmt sehr zeitraubend.« Die Wagenburg hatte den Vorteil, dass die Kämpfenden schwerer fliehen konnten.
    Die Germanen lehnten auch Schienenpanzer und Beinschienen, wie sie die Römer anlegten, als zu beschwerlich ab. Schutz gewährte ihnen der Schild, aus Holz gefertigt, mit Leder überzogen und mit Eisen eingefasst. In der Schlacht schlossen sich die Soldaten zu Schildburgen zusammen, die schwer aufzubrechen waren. In der rechten Hand der Krieger lag die Frame, ein Speer mit zweischneidiger Eisenspitze, geeignet zum Werfen und zum Stoßen. Hauptwaffe war das Schwert, das Symbol kriegerischer Tüchtigkeit. Einfache Soldaten besaßen meist eine Axt und eine eisenbeschlagene Keule. Dazu kamen Steine und Schleuderkugeln als Wurfgeschosse.
    An fünf Tagen marschierten Cäsars Legionen in Schlachtordnung vor Ariovists Lager auf, aber die Germanen ließen sich nicht herauslocken. Ariovist schickte nur seine Doppelkämpfer aus Reitern und Kämpfern zu Fuß vor, die den Römern, denen diese Art des Kämpfens fremd war, Verluste beibrachten. Da aber die Verstärkung wider Erwarten ausblieb, stellte Ariovist seine Krieger eines Tages im Morgengrauen nach Stämmen geordnet vor der Wagenburg auf: Sueben, Haruden, Triboker, Wangionen, Nemeter, Sedusier. »Auf die Wagen brachten sie die Frauen, die ihre Männer anflehten, sie nicht in die Knechtschaft der Feinde fallen zu lassen«, schreibt Cäsar. Es war die germanische Art des Anfeuerns zur Schlacht.
    Was dann passierte, fasst Cäsar-Biograf Meier so zusammen: »Beide Heere prallen so heftig und schnell aufeinander, dass die Wurfspieße nicht mehr geschleudert werden können. Man ist sofort im Handgemenge begriffen. Unter Cäsars Führung wird der linke Flügel der Germanen geschlagen, der rechte dagegen bedrängt die Römer. Der Einsatz der römischen Reserven bringt die Wendung. Das germanische Aufgebot flieht und macht erst Halt am Rhein, der

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