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Die Geschichte eines Sommers

Die Geschichte eines Sommers

Titel: Die Geschichte eines Sommers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wingfield Jenny
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kleinen Jungen mit Essen voll, dass es ein Wunder war, dass er nicht platzte, und die Kinder spielten so lange mit ihm, dass es ein Wunder war, dass er nicht umfiel, und die ganze Zeit liefen alle mit einem albernen Lächeln im Gesicht herum.
    Doch trotz der Fröhlichkeit war ihnen auch Unsicherheit anzumerken, weil man nicht wusste, was als Nächstes passieren würde. Also ermahnten Samuel und Willadee die Kinder, immer in Sichtweite der Erwachsenen zu bleiben.
    »Wir laufen ganz bestimmt nicht weg«, gelobte Swan feierlich. »Diesmal könnt ihr uns wirklich glauben, wenn wir versprechen, dass wir brav sind und keine Dummheiten machen.«
    Und sie waren brav. Alle. Blade ließ sich von Calla den Verband wechseln und sich in der Badewanne so schrubben, wie er es noch nie erlebt hatte. Dann probierte er weitere Sachen von Bienville an, die Willadee für ihn änderte, und die anderen Kinder stellten absolut nichts an, während sie warteten.
    Irgendwann später ging Samuel auf die Weide, um Lady zu holen, damit die Kinder auf dem Hof reiten konnten. Swan und Blade saßen auf der Gartenbank, Blade mit angezogenen Beinen und einem Block auf den Knien. Calla hatte ihm Papier und einige Bleistiftstummel gegeben, als sie gesehen hatte, wie er Bilder in die Erde malte. Es stellte sich heraus, dass der Junge nicht etwa malte wie ein normales Kind. Er zeichnete die Dinge so, dass man sie erkennen konnte. Das Haus, die Felder, Callas endloses Meer von Blumen. Swan beobachtete seine flinken Hände und sah immer wieder zu Noble und Bienville hinüber, die am Campingtisch Armdrücken machten. Noble war dabei zu gewinnen, weil er stärker war, doch Bienville störte immer wieder seine Konzentration, indem er ihn fragte, woran er denn gerade dächte.
    »Irgendetwas lässt dir doch keine Ruhe«, flüsterte er theatralisch wie bei einer Séance. »Ich kann es spüren.«
    Und jedes Mal zauderte Noble für den Bruchteil einer Sekunde, gerade lange genug, dass Bienville fester zupacken oder seinen Ellbogen ein bisschen besser abstützen konnte. Er hatte zwar keine Chance zu gewinnen, sorgte aber mit seiner Taktik immerhin dafür, dass Noble sich anstrengen musste.
    Normalerweise regte sich Noble über Bienvilles Spielchen furchtbar auf, aber heute lachte er nur. Blade hörte auf zu zeichnen und lachte ebenfalls. Die Fröhlichkeit dieser Menschen konnte einen ja richtig schwindlig machen. Zumindest wenn man sein bisheriges Leben mit Ras Ballenger verbracht hatte.
    »Ich bleib für immer hier«, flüsterte er Swan zu, allerdings nicht so theatralisch, wie Bienville es vorhin getan hatte. Er flüsterte so, wie man es tut, wenn man sich etwas so sehr wünscht, dass man nicht wagt, es laut auszusprechen.
    »Nun ja, irgendwann wirst du wohl auch von hier fortmüssen«, sagte Swan. »Das müssen wir alle. Eigentlich wohnen wir nämlich gar nicht hier. Wir sind nur im Augenblick hier.«
    Da Blade das nicht verstand, erklärte sie es ihm.
    »Weißt du, wenn dein Daddy Prediger ist, dann muss man sehr oft umziehen, nur in diesem Jahr gab es für uns keinen Ort, wo wir hinziehen konnten, und Oma Calla war einsam, weil unser Opa« – wie sollte sie das nur ausdrücken? – » unerwartet gestorben ist, und deshalb sind wir zu ihr gezogen. Aber bald werden wir wieder eine Kirche bekommen, und dann ziehen wir um, und wenn alles gut geht, kannst du mitkommen.«
    Das haute Blade um.
    »Wir werden in einer Kirche wohnen?«
    »Nein, natürlich wohnen wir nicht in der Kirche, sondern in einem Pfarrhaus. Die stehen normalerweise direkt neben der Kirche oder gegenüber, damit die Gemeindemitglieder auch ständig sehen können, was man tut.«
    »Ah«, sagte Blade, als hätte er jetzt alles verstanden.
    »Gemeindemitglieder sind merkwürdige Leute«, fuhr Swan fort. Das war ein Thema, mit dem sie sich auskannte. »Man kann es ihnen eigentlich nie recht machen, und es gibt immer eine Fraktion. Das ist eine Gruppe von Leuten, die sich nach der Kirche bei jemandem treffen und Kaffee trinken, wenn die Botschaft zu gepfeffert war und sie sich auf die Füße getreten fühlen. Jedenfalls gibt es immer eine solche Fraktion, die aus irgendeinem Grund versucht, den Prediger loszuwerden. Und weil sich die Fraktion immer früher oder später durchsetzt, müssen wir so oft umziehen. Aber die meisten Gemeindemitglieder sind sehr nett. Selbst die Leute von der Fraktion sind nett, zumindest dann, wenn sie einem ins Gesicht sehen.«
    »Swan, was erzählst du dem Jungen da?«,

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