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Die Gesichtslosen - Fey, S: Gesichtslosen

Die Gesichtslosen - Fey, S: Gesichtslosen

Titel: Die Gesichtslosen - Fey, S: Gesichtslosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Fey
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wegzerren, wunderte sich nur, dass ihre Beine sie trugen. Ihr Körper funktionierte wieder. Gleich würde auch das zu Ende sein. Er zog eine Waffe. Draußen in einem dunklen Eck, wo sie als Mörderin hingehörte, würde er sie auslöschen.
    Sie stolperte durch den Flur, fiel und konnte sich wegen der Handschellen nur mit dem linken Ellbogen abfangen. Unwillkürlich schrie sie auf, als ihr der Schmerz bis unter die Zähne fuhr. Er zerrte sie hoch, schob sie die Stufen hinauf in den ersten Stock, stieß ihr die Waffe in die Kniekehlen, um sie anzutreiben.
    »Wo ist Felix«, fragte sie. Er knallte ihr den Lauf gegen die Hüfte. Felix, der einzige Name, der ihr einfiel. Eine Boje ohne Anker.
    Im Schlafzimmer fesselte er sie mit den Handschellen an den Bettpfosten. Musik erklang. Julia hatte das Radio angelassen, irgendein Schlager dudelte im Hintergrund. Widerstand sei sinnlos, zischte er, er würde sie sofort erschießen.
    Zu drohen brauchte er nicht, ihr fehlte ohnehin die Kraft, sich zu wehren. »Wo ist Felix«, fragte sie tonlos.
    Er setzte ihr den Lauf an die Schläfe und presste sie damit aufs Bett.
    »Wenn du noch einmal seinen Namen sagst, drück ich ab.« Sie hielt den Atem an, als sie eine Kinderstimme hörte. Im Radio sprach ein Kind, plapperte irgendwas. Der Gedanke an ihren Sohn durchfuhr sie wie ein elektrischer Schlag. Auf dem Weg zu ihrem Ausflug hatte er geredet wie sonst nie. Sie musste hier weg, musste zu ihm. Seine Stimme noch einmal hören, ihn in den Arm nehmen, ihn halten und trösten. Sich selbst trösten mit seiner Wärme. Der Mann lockerte den Druck und drehte das Radio ab. Stille. Sie zerrte an den Handschellen, schrammte sich die Haut auf.
    Er legte die Waffe neben das Radio wie andere Leute vorm Einschlafen die Armbanduhr, ging zu ihr und schob ihr den Rock hoch. »Du hast ein Kind, wie alt ist es?«, fragte er und setzte sich neben sie auf die Matratze. Seine Finger rutschten ihren Oberschenkel hinauf.
    Sie versuchte seine klebrige Hand abzuschütteln. Doch sie schien sich nur noch fester um ihr Bein zu saugen.
    »Eine DDR -Spionin wird zur Mörderin, was meinst du, was für Schlagzeilen das gibt. Aber erst mal stundenlange Vernehmungen und dann Untersuchungshaft. So schnell siehst du dein Kind nicht mehr.«
    Sie strampelte, wollte seine Hand abstreifen. Er griff umso fester zu, bohrte seine Finger durch ihren Slip. »Was ist los, du bist doch sonst nicht so schamhaft, was mir Felix so erzählt hat … «
    Sie biss sich auf die Lippen. Sie musste zurück ins Krankenhaus, zu ihrem Sohn, nichts anderes sonst zählte. Aber dass er sich nicht schämte; seine Frau lag tot im Wohnzimmer, und er begrapschte eine Fremde. Er drängte sich an sie, sie spürte sein nasses Hemd an ihrem Gesicht. Schweißgeruch umhüllte sie, nahm ihr fast den Atem.
    »Mir hat Julia auch was erzählt.« Sie flunkerte, um Zeit zu gewinnen und ihn auf Abstand zu halten, spulte in ihrem Inneren alles ab. Wenn er wirklich BKA -Beamter war, würde er jede Lüge enttarnen. Julia als Agentin, nein, Julia als Geliebte von Felix, nein. Julia … Moment. Genau. Ihre Stimme klang dünn, fast unhörbar. Er presste sich an sie, gleich würde sein Feuermal sie entzünden. »Sie hat mir das mit dem Mikrofilm verraten.«
    Seine Beinklemme lockerte sich. »Welcher Mikrofilm?« Es war riskant; wenn er Felix’ Freund war, wusste er womöglich, dass nicht Julia, sondern sie einen Film unterschlagen hat. Sie hatte Julia etwas vorgegaukelt, indem sie behauptete, als Zeugin vernommen zu werden, vielleicht klappte es bei ihm genauso? Wenn ihr Liebster sie in den vergangenen sieben Jahren nicht verraten hatte, dann hatte er es jetzt auch nicht getan. Sie räusperte sich, versuchte den Schmerz in den verdrehten Armen zu verdrängen und erklärte, dass es um wichtige Dokumente gehe, zum Herrhausen-Attentat.
    Der Name des ermordeten Bankers tat seine Wirkung. Er rückte von ihr ab. »Was weißt du davon? Wo soll dieser Mikrofilm sein?«
    Ein gemeinsames Bett am Starnberger See hin oder her, Julia hatte ihm auch nicht alles gesagt, sonst würde er Rosa jetzt nicht so einfach glauben. »Am sichersten Ort in ganz Bayern, wo sonst«, erklärte sie.

36.
    Matte stellte ihr die Eltern der Vermissten vor. Wie einem gefährlichen Tier, auf Zehenspitzen fast, näherte sich Herr Preuss, ein bärtiger Zweimetermann, der Skulptur. Seine Frau hatte sich aus seiner Hand gelöst und verharrte an der Tür. Carinas Herz klopfte ihr bis zum Hals, als sie die

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