Die Gewürzhändlerin
gefährlichen Glitzern gewichen. Bevor sie reagieren konnte, hatte er sie an sich gezogen. Seine Arme legten sich um ihre Taille, sein Körper presste sich in plötzlichem Verlangen an den ihren. Plötzlich waren draußen vor der Tür laute Schritte zu vernehmen, und sie fuhren auseinander. Martin trat rasch zwei Schritte zurück, und beide bemühten sich, ihre Fassung wiederzuerlangen. «Geh jetzt», sagte er mit rauer Stimme; im gleichen Moment ratschte der Riegel über das Holz. Luzia, noch immer etwas benommen von den Gefühlen, die ganz plötzlich in ihr tobten, machte einen Schritt zur Seite, um nicht von der Tür getroffen zu werden.
«Genug jetzt», sagte Zacharias, als er eintrat. «Länger dürft Ihr nicht bleiben, Jungfer Luzia.» Neugierig blickte er zwischen ihr und Martin hin und her, schien jedoch nichts von der aufgewühlten Spannung zu bemerken, die noch immer greifbar in der Luft hing. «Kommt mit», forderte der Schöffe sie auf und wandte sich dann an Martin. «Und Ihr haltet Euch bereit. Ihr werdet in Kürze noch einmal befragt.»
* * *
Nervös ging Luzia im Kontor auf und ab. Durch das geöffnete Fenster drangen Rufe und Geräusche an ihr Ohr, die verrieten, dass Krutscherer und seine Männer dabei waren, die mitgebrachten Waren ins Lager zu tragen. Alban überwachte das Verstauen der Ladung, Anton führte die Listen. Die Karawane war kurz nach Mittag am Kornmarkt eingetroffen; die Gerüchte über Martins Inhaftierung hatten derweil bereits den Weg an Krutscherers Ohr gefunden. Luzia hatte mit Engelszungen auf ihn eingeredet, um ihn davon zu überzeugen, dass trotz dieses Skandals die Geschäfte geordnet weiterliefen. Die Münzen für seine Bezahlung hatte sie bereits auf dem Pult bereitgelegt. Doch bald würde sie mit Konrad sprechen müssen, denn für die laufenden Geschäfte benötigte sie weiteres Geld, welches Martin hauptsächlich in Wechseln angelegt hatte. Wie lange ihnen die Kunden die Treue halten würden, stand freilich in den Sternen. Wenn sich der Skandal erst einmal weiter herumgesprochen hatte, würde es schwierig werden, den Handel weiterzuführen.
Luzia seufzte und dachte an die beiden Benediktinerinnen, die am Vormittag gekommen waren, um die Bestellung über Alaun und Auripigment zurückzunehmen. Sie war sich nicht sicher, ob dies bereits eine Auswirkung von Martins Verhaftung war. Auf ihre Nachfrage hatten die Nonnen erzählt, dass Heinrich Boos der Äbtissin für die beiden Farbstoffe ein Angebot unterbreitet habe, das diese nicht hatte ausschlagen können. Dass es sich dabei um genau die Mengen gehandelt hatte, die mit Luzia vereinbart gewesen waren, hatte sie stutzig gemacht. Der Sache musste sie unbedingt nachgehen, schließlich hatte Boos ihr vor nicht allzu langer Zeit offen gedroht. Wenn Martin mit seiner Vermutung, ein Konkurrent würde hinter seiner Verhaftung stecken, recht hatte, war es nicht ausgeschlossen, dass Boos etwas damit zu tun hatte.
«Was kann ich tun?», drang in diesem Moment die Stimme von Martins Bruder an ihr Ohr. Als sie sich umdrehte, sah sie ihn in der Tür stehen. Er stützte sich am Türrahmen ab, hielt sich aber aufrecht. Ein wenig blass war er zwar noch, er schien jedoch entschlossen zu sein, das Krankenlager endgültig zu verlassen.
Besorgt trat sie auf ihn zu. «Geht es Euch wohl? Setzt Euch doch. Ich habe …»
«Nein, Luzia. Ich will mich nicht setzen. Mein Rückgrat fühlt sich an wie Mus. Es wird Zeit, dass ich wieder an meine Arbeit gehe. Martin braucht mich jetzt, und Ihr …» Er lächelte schwach. «Wie sollen wir ihm nur aus diesem Schlamassel heraushelfen?»
«Ich habe einen berittenen Boten zur Mantenburg geschickt», antwortete sie. «Herr Johann muss über die Ereignisse benachrichtigt werden. Gewiss wird er alles tun, um Martin zu helfen.»
«Johann von Manten, natürlich!» Konrad nickte erfreut. «Das ist eine gute Idee. Er hat Verbindungen und kann bestimmt … Aber was sollen wir tun? Wir dürfen nicht einfach hier herumsitzen und abwarten.»
«Das werden wir auch nicht», erwiderte Luzia. «Wir müssen zunächst einmal …»
Sie wurde von einem lauten Pochen an der Haustür unterbrochen. Wenig später erschien Alban im Kontor. «Die Schöffen Ludinger und Gylo sind da und wollen die Geldkassette und den Brief abholen, die Herr Wied Euch geschickt hat», sagte er zu Luzia. «Soll ich sie hereinführen?»
«Natürlich.» Luzia wechselte einen schnellen Blick mit Konrad und ging zu der Truhe, in der sie die
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