Die Gewürzhändlerin
der
Ludwina
und der auf ihr transportierten Waren vereinbart war. Es gab mehrere Anhänge an dieses Schriftstück, die offenbar nachträglich angefügt worden waren. Unter ihnen auch die Versicherung ihrer Gewürze, wie Luzia erkannte. Auch hier verschlugen ihr die veranschlagten Geldsummen den Atem. Jetzt begriff sie erst zur Gänze, weshalb die Schöffen glaubten, Martin müsse in großen Geldnöten stecken. Sie griff nach dem Rechnungsbuch, legte es jedoch beiseite, als sie darunter eine weitere Urkunde fand. Es handelte sich um die Bestätigung Muskins, den vereinbarten Kreditbetrag samt Zinsen von Martin in Form eines Wechsels zurückerhalten zu haben. Datiert war das Schriftstück auf den Fastnachtstag. Wie hatte Martin innerhalb so kurzer Zeit so viel Geld einnehmen können? Sie blickte sich im Kontor um. Natürlich wusste sie, wie hart Martin gearbeitet hatte. Er war unermüdlich von Kunde zu Kunde gegangen, hatte Waren bestellt und ausgeliefert sowie Außenstände hereingeholt. Sie hatte ihm oft dabei zugesehen oder sogar geholfen, doch erst jetzt wurde ihr richtig bewusst, wie erfolgreich, wie wohlhabend Martin tatsächlich war.
Doch all dies wäre dahin, wenn sie es nicht schafften, ihn so schnell wie möglich aus dem Gefängnis herauszuholen. Noch einmal blickte Luzia sich um, nahm die Öllampe in die linke Hand und ging zu einer der Truhen, in der sie ihre eigenen Kladden und das Rechnungsbuch aufbewahrte. Sie war verschlossen.
Luzia griff nach dem Schlüsselbund an ihrem Gürtel; zum Glück hatte Augusta die Schlüssel für die Truhen nicht zurückverlangt. Als sie das Klicken des Schlosses hörte und den Truhendeckel anhob, überkam sie ein merkwürdiges Gefühl, so als habe sie diese Situation schon einmal erlebt.
Sie stand im Kontor, eine Öllampe in der Hand. Es war finster um sie herum – war es Nacht? Warum war sie mitten in der Nacht in Martins Haus? Sie suchte etwas. Doch was suchte sie?
In der rechten Hand hielt sie einen großen Schlüsselbund. Nacheinander schloss sie alle Truhen an den Wänden auf und durchwühlte sie. Wenn sie doch nur wüsste, wonach sie suchte! Die Zeit zerrann ihr zwischen den Fingern …
Panik stieg in ihr auf. Sie musste etwas tun, konnte sich aber nicht erinnern, was oder weshalb. Ein Geräusch hinter ihr ließ sie herumfahren.
«Hatte ich Euch nicht des Hauses verwiesen?», fragte Augusta mit ruhiger Stimme.
Luzia fasste sich an ihr rasendes Herz und schluckte hart.
«Was tut Ihr hier? Wer hat Euch hereingelassen?»
Langsam drehte sich Luzia zu Martins Mutter um. «Alban. Er …» Sie schüttelte leicht den Kopf, um den Nebel zu vertreiben, der sich mit der Erinnerung an ihren Traum über sie gelegt zu haben schien. «Ich muss mein Rechnungsbuch haben und den Kontrakt, den ich mit Kapitän Loerbek geschlossen habe.»
«Den Kontrakt?» Augusta hob misstrauisch die Augenbrauen.
Luzia nickte entschlossen. «Ich hatte diesen Traum, Frau Augusta. Ich wusste nicht, was er bedeutete. Ich habe etwas gesucht, aber nicht gefunden, weil ich nicht wusste, wonach ich suchen muss. Aber jetzt …»
«Halt, immer mit der Ruhe.» Der Argwohn in Augustas Augen wich einem Ausdruck von Verwirrung. «Wovon redet Ihr? Schon wieder ein Traum?»
Luzia nickte heftig. «Ihr müsst mir glauben, Frau Augusta. Ich weiß jetzt, wonach ich im Traum gesucht habe.»
«Und das wäre?»
Luzia drehte sich wieder zu der Truhe um und entnahm ihr das Rechnungsbuch und einige Papiere, die mit einer Klammer zusammengehalten wurden. Sie legte alles auf dem Pult ab, öffnete die Klammer und zog eines der Schriftstücke aus dem Stapel hervor. Rasch überflog sie dessen Inhalt, schlug dann das Buch auf und suchte den entsprechenden Eintrag darin. Neben sich vernahm sie ein ungeduldiges Räuspern; Augusta war an ihre Seite getreten.
Luzia wandte sich ihr zu. «Ich denke, hiermit kann ich beweisen, dass Martin unschuldig ist», sagte sie mit einem triumphierenden Lächeln.
«Wie bitte?» Augusta starrte sie verblüfft an.
«Schaut.» Luzia wies auf den Kontrakt. «Vor einigen Monaten habe ich bei Kapitän Loerbek Spezereien bestellt. Martin wollte, dass ich anfange, auf eigene Rechnung zu handeln. Seht Ihr, diese Gewürze und Farben habe ich bei ihm angefordert.»
«Und?» Augusta runzelte die Stirn. Es war offensichtlich, dass sie nicht verstand, worauf Luzia hinauswollte.
«Ich habe ohne Martins Wissen noch weitere Waren bestellt. Zitronenöl, Rosenwasser und Sandelholz. Kapitän Loerbek
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