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Die Gilde der Diebe

Titel: Die Gilde der Diebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Becker
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ging zur linken Wand und suchte den Putz nach einem verborgenen Schalter ab. Er bedeutete Jonathan, dasselbe auf der anderen Seite zu tun. Als er die Halle durchquerte, quietschte ein Scharnier und er sprang zur Seite. Unter ihmklappte eine weiße Fliese weg und gab den Blick auf eine verborgene Treppe frei, die hinab in die Finsternis führte.
    »Ähm … ich glaube, ich hab es gefunden«, rief er.
    Correlli kam angelaufen und spähte stirnrunzelnd die Treppe hinunter.
    »Was hast du gemacht?«
    »Nichts! Bin nur draufgetreten.«
    »Weniger eine Tresortür, eher eine Falltür«, merkte Correlli an. »Das gefällt mir überhaupt nicht.«
    Er steckte seine Taschenlampe wieder in seinen Gürtel.
    »Ab jetzt kein Licht mehr. Irgendetwas ist da unten, und ich möchte nicht, dass es uns bemerkt.«
    Jonathan nickte und folgte dem Feuerschlucker zögernd hinunter in die Dunkelheit. Er stieg die Treppe so leise hinab, wie er konnte, und trat ganz vorsichtig auf, damit er nicht über die Seidenstränge stolperte, die sich die Stufen hinabwanden. Die Luft wurde wärmer und feuchter wie in einem Gewächshaus.
    Die Stufen endeten in einem stockfinsteren Raum. Jonathan strengte seine Augen an, aber er konnte nicht feststellen, wie groß der Raum war oder ob sich etwas darin befand. Selbst Correlli konnte er kaum sehen, obwohl der Feuerschlucker direkt neben ihm stand. Als Jonathan einen Schritt vortrat, hätte er beinahe vor Schreck laut aufgeschrien, weil ein Seidenstrang über sein Gesicht streifte. Das Gefühl ging ihm durch Mark und Bein.
    »Das Zeug ist überall«, flüsterte er.
    Correlli blieb abrupt stehen und packte Jonathan am Arm.
    »Oh, Ripper, nein.«
    »Was ist los?«
    Correlli antwortete nicht. Fassungslos starrte er vor sich hin.
    »Natürlich, Seide …«, murmelte er. »Wie konnte ich nur so dumm sein? Er wusste die ganze Zeit über, dass wir hier sind …«
    »Correlli, was ist los?«
    Der Feuerschlucker stieß Jonathan in Richtung der Treppe.
    »Du musst hier weg. Sofort.«
    »Was? Aber wir sind doch so nah dran!«
    »Hau ab, verflucht noch mal!«
    »Wie, ihr wollt schon gehen?«, flüsterte eine heisere Stimme. »Ich fürchte, das kann ich nicht zulassen …«
    Jonathan wirbelte herum. Ein Licht flackerte und plötzlich erwachte eine Gaslaterne zum Leben und beleuchtete die bucklige Gestalt von Cornelius Xavier. Aus der Nähe sah er sogar noch älter aus. Seine Haut war von tiefen Furchen durchzogen und so trocken wie Pergament. Eine weite Robe bedeckte kaum seinen fülligen Körper. Ein Schauer lief Jonathan den Rücken herunter, als er bemerkte, dass Xaviers Augen nur schwarze Löcher waren, unfähig, irgendwelche Gefühle widerzuspiegeln.
    Der alte Mann schlurfte unbeholfen auf sie zu.
    »Ihr seht aus, als wäret ihr überrascht, mich zu sehen. Dachtet ihr, ich würde euch nicht erwarten? Oderdachtet ihr, ich würde nach draußen gehen, um euer hübsches Feuerwerk zu bewundern? Vendetta scheint seinen Verstand zu verlieren.«
    »Woher wissen Sie über Vendetta Bescheid?«, fragte Correlli bestimmt. »Hat er es ihnen erzählt? Wurden wir reingelegt?«
    Xavier grinste und entblößte dabei eine Reihe schwarzer Stümpfe.
    »Nein, nein, nein. Vendettas Wunsch, den Purpur-Stein in seine Hände zu kriegen, ist ehrlich gemeint. Ich hatte lediglich eine Unterredung mit seinem Dienstmädchen. Ich habe sie … überredet, mir die Wahrheit zu sagen. Sie ist eine von der kratzbürstigen Sorte. Hat mich einige Zeit gekostet.«
    »Wenn Sie ihr wehgetan haben, dann bringe ich Sie um«, fauchte Jonathan wütend.
    »Mutige Worte, mein Kind«, krächzte Xavier. »Das Dienstmädchen lebt noch. Sie hatte Glück, dass ich erst vor Kurzem gespeist hatte. Aber bald werde ich wieder hungrig sein und dann …«
    Jonathan schnaubte.
    »Dann was? Was für eine Art Monster sind Sie?«
    Der alte Mann lachte und keuchte dabei wie ein alter Blasebalg.
    »Monster? Kinder können so gemein sein. Sieh dich um. Was glaubst du, was für eine Art Monster ich bin?«
    Er klatschte in seine Hände und es wurde strahlend hell im Raum. Jonathan blickte sich um und ihn überfiel eine lähmende Angst. Er stand in der Mitte einer großen Kammer, deren Boden und Wände mit Seidenfädenbedeckt waren, die hoch über seinem Kopf kreuz und quer durch die Luft spannten. Sie bildeten eine gigantische, spiralförmige Struktur, wie ein Netz. Ein Spinnennetz.
    Xavier lachte abermals.
    »Verstehst du jetzt? Du bist direkt in mein Netz gelaufen, du dummes Kind,

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