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Die Gilden von Morenia 01 - Die Lehrjahre der Glasmalerin

Titel: Die Gilden von Morenia 01 - Die Lehrjahre der Glasmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mindy L. Klasky
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dass du meinen Bruder getötet hast.«
    Der Kummer in seinen Worten traf Rani hart. Sie wich mit scheuem Blick vor dem Prinzen zurück, während hundert Tatsachen an ihren Platz rückten, nur um von tausend Fragen verdrängt zu werden. »Was sagt Ihr dann wirklich? Warum sprecht Ihr normal mit mir? Was ist mit Eurem Singsang geschehen?«
    Er hielt sie mit seinen dunklen, scharfsinnigen Augen fest. »Bei dir brauche ich jene Spiele nicht zu spielen.«
    »Welche Spiele?«
    »Und du brauchst keine Spiele mit mir zu spielen«, tadelte er. »Ich weiß, dass du die Erste Pilgerin bist, und du wurdest eindeutig von der Bruderschaft der Gerechtigkeit ausgewählt.«
    »Ihr wisst, was die Schlangen bedeuten!«, zischte Rani wider Willen, und Halaravilli nickte.
    »Ja, oder zumindest weiß ich genug, um sie unter all den rivalisierenden Mächten im Königreich meines Vaters zu fürchten.« Als Rani ihn nur verständnislos ansah, lächelte Halaravilli. »Ich weiß, dass ich die Macht fürchten muss, und ich weiß, dass ich meinen Bruder fürchten muss. Ich weiß, dass ich die Schlangen fürchten muss, und ich weiß, dass ich den Fuchs fürchten muss.«
    »Hört auf!«
    Hal gönnte ihr ein verzerrtes Lächeln, aber er schwieg. »Ich weiß, dass ein daherleiernder Schwachkopf keine Bedrohung für Verräter darstellt, die alle umbringen, die ihnen im Wege stehen.«
    »Erkennt Ihr, was Ihr da sagt?«
    »Besser als du, Erste Pilgerin. Ich kenne die Strafe für Verrat noch besser, als ich die Strafe für einen fehlwiegenden Händler kenne.« Rani erinnerte sich lebhaft an den Wiegemeister auf dem Marktplatz – war das erst heute Nachmittag gewesen? Da hatte Hal befohlen, einem Dieb den Daumen abzuhacken. Die Strafe für Verrat war härter – Baumeln am Strick. Hal seufzte. »Ich kenne die Belastung durch einen Bruder, der Dinge falsch sieht und noch falscher handelt.«
    »Mein Bruder hat nichts Falsches getan!«, protestierte Rani hitzig.
    »Dann hast du einen Bruder, Erste Pilgerin?« Hals Blick hielt sie fest, während sie um eine Antwort rang.
    Sie spie ihre Antwort zornig hervor. »Den habe ich. Und Ihr könnt mich nicht davon abhalten, ihn zu sehen!«
    »Erzähl mir nicht, was ich tun kann und was nicht!« Halaravilli wedelte mit dem Schlangenarmreif vor ihren Augen. »Ich bin ein Prinz des Hauses Jair, und ich könnte dich ohne jegliche Erklärung in die Verliese werfen lassen. Ich könnte dich in dieselbe Zelle sperren, in der deine Eltern um Erlösung beteten, bevor sie der Schlinge des Henkers begegneten. Ich könnte dich dort einsperren lassen, wo das Stroh noch nach dem Blut deiner Glasmalergefährten stinkt, wo du noch immer einen unter Abfällen begrabenen Daumen finden könntest.«
    Ranis Schrei stieg aus dem Grund ihrer Seele auf, und sie warf sich auf Hal, als wäre er ein gewöhnlicher Junge, ein gewöhnliches menschliches Wesen und kein königlicher Prinz. Sie wollte ihm die Augen auskratzen, ihn an den Haaren zerren, ihre starren Finger über seine Wangen ziehen. Das Wehklagen, das aus ihrem Bauch aufstieg, war ein tierischer Laut, von ihren Wochen des Umherwanderns in den Straßen der Stadt gespeist.
    Hals Arme legten sich wie Eisenbänder um ihre Brust. Er hatte sie überwältigt, noch bevor der Wächter die Tür zu dem Häuschen aufreißen konnte. Der Prinz wandte sich an den Wächter, und es gelang ihm, seinen Worten »Alles in Ordnung, Soldat, alles in Ordnung. Die Erste Pilgerin ist nur ein wenig aufgeregt, ein wenig besorgt, ein wenig beunruhigt. Die Erste Pilgerin schreit, die Erste Pilgerin seufzt« ein verschrobenes Lächeln anzufügen.
    Rani wehrte sich noch immer, als der Wächter mit einem Lächeln nickte, das leicht anzüglich wirkte, und sich aus dem kleinen Raum zurückzog. Sich wie ein Fisch an der Leine windend, wandte Rani das sorgfältig erworbene Wissen eines jüngsten Kindes an und lehnte ihr Gewicht an Hals Brust, während sie gleichzeitig ihren bestiefelten Fuß anhob und ihn hart auf Hals Spann krachen ließ.
    Das Manöver zeigte ebenso gute Wirkung wie im Kampf mit ihren Brüdern, und sie fand sich jäh dem Prinzen gegenüber auf der anderen Seite des Raumes wieder, heftig atmend und mit geweiteten Augen. »Ihr lügt«, keuchte sie.
    »Jedes Wort, das ich dir sagte, ist die Wahrheit.«
    »Ihr habt meine Eltern ermordet! Ihr habt meine Freunde gefoltert!«
    »Ich habe nichts getan, Ranita.«
    »Nennt mich nicht so!«
    »Dann Rani, ist dir das lieber? Oder Rai?«
    »Woher wisst Ihr diese

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