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Die Gilden von Morenia 01 - Die Lehrjahre der Glasmalerin

Titel: Die Gilden von Morenia 01 - Die Lehrjahre der Glasmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mindy L. Klasky
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das nicht alles verstehen, Ranikaleka. Es ist der Stoff von Königreichen, der Stoff von Albträumen. Ich werde es dir zu erklären versuchen, so wie ich es verstehe, und dann wirst du wissen, warum ich all das getan habe, was ich getan habe.«
    Bardo seufzte, fuhr sich mit einer Hand durchs Haar und rieb mit einer vertraut nachdenklichen Geste seine Schädeldecke. »Es hat vor Jahren begonnen, als Vater sich zunächst für den Händlerrat bewarb. Du wirst dich nicht daran erinnern. Du warst zu der Zeit kaum älter als ein Kleinkind…«
    Aber Rani erinnerte sich doch. Sie erinnerte sich daran, dass ihre Mutter einen süßen Glückskuchen gebacken hatte, und sie erinnerte sich daran, wie sich ihre ganze Familie zu einem Essen mit gebratener Gans niederließ, obwohl nicht der Festtag des Pilgers Jair war. Sie erinnerte sich an den Stolz in den Augen ihres Vaters, da er auf die Anerkennung seiner Mithändler hoffte. Sie erinnerte sich daran, wie er sich gehalten hatte, wenn er durch die Straßen ging. Das war eine gute Zeit gewesen, und Rani hatte die Muster leicht gefunden, wenn sie die Waren im Laden ihrer Familie auslegte. Es war viel Silber zwischen den Zinnwaren anzuordnen gewesen, und es gab sogar ein gelegentliches Goldschimmern oder die Berührung mit kühlem, glattem Elfenbein.
    »Die guten Zeiten dauerten jedoch nur ein paar Monate«, fuhr Bardo fort. »Danach traf der Rat seine Entscheidung. Vater wurde abgelehnt. Er schämte sich vor seinen Mithändlern auf dem Marktplatz. Er konnte nicht weiterhin einkaufen gehen. Stattdessen mussten wir mit anderen Händlern Handel treiben, mit der Art von Händlern, die ihre Geschäfte in den Schatten der Stadtmauern abschließen. Unsere Kosten stiegen, aber wir konnten sie nicht an unsere Kunden weitergeben.« Bardo schüttelte bei der Erinnerung an die Enttäuschung den Kopf, und seine Finger ballten sich zu Fäusten.
    »Wir hatten keine Geldmittel in Reserve, als uns einer dieser Schattenhändler betrog. Vater war in der Nacht fortgegangen, um den Handel perfekt zu machen, in einer Nacht, in der sogar ein Soldat gezögert hätte, die dunklen Gänge jenseits der Stadtmauern zu betreten. Aber er hatte keine andere Wahl. Es gab keine andere Möglichkeit, Waren zu bekommen. Wäre ich mit ihm gegangen, hätten sich die Dinge vielleicht anders entwickelt…«
    Als Bardo abbrach, erkannte Rani, dass sie sich an die Nacht erinnerte, von der er sprach. Ihr Vater war zum Haus zurückgekommen, hatte an die Tür gepocht, seine Stimme rau und sein Gesicht blutend. Ranis Schwestern hatten sich beinahe geweigert, ihm die Tür zu öffnen, da sie ihn für einen Wahnsinnigen hielten, der die Straßen durchstreifte. Als er in die Küche taumelte, wo Rani mit ihrer Puppe spielte, warf er einen Stoffsack auf den Boden und bemerkte kaum, als er zu nahe ans Feuer fiel. Rani wollte danach greifen, um ihn vor den Flammen zu retten, aber ihr Vater brüllte sie an und stieß sie mit einer geöffneten Hand beiseite, so dass sie zu Boden fiel Rani hatte beobachtet, während sie ihre Verletzungen und ihren Stolz hegte, wie ihre Mutter Blut von der Stirn des Vaters tupfte. Rani konnte die leisen, tröstlichen Worte ihrer Mutter selbst jetzt noch hören, ihre Warnung, dass er sich beruhigen müsse, dass er sich entspannen müsse, dass er den Weidentee trinken solle, der den Schmerz hinter seinen Augen lindern würde. Jotham Händler wollte sich nicht trösten lassen – er hatte den Gewinn von sechs Monaten verloren, als die Diebe ihn ausraubten, und er hatte noch immer keine Waren für die Frühjahrssaison. Sie wären ruiniert.
    Der Zorn ihres Vaters in jener Nacht war jedoch nichts im Vergleich zu seinem Zorn, als er schließlich zum Rat gegangen war, um Hilfe zu erbitten. Sie sagten ihm, sie hätten keine Geldmittel übrig, keine Waren, um jene zu ersetzen, die er verloren hatte. Der Winter sei für alle Händler hart gewesen. Der Rat könne nichts für einen Mann erübrigen, der in seinem eigenen Laden verkaufte, außerhalb des Marktplatzes. Rani erinnerte sich daran, dass es nun Abend für Abend dünne Kohlsuppe zu essen gab, dass ihr Vater in zornigem Flüsterton mit Bardo sprach, mit Ranis Mutter sprach, mit jedermann, der seinem Klagelied zuhören wollte.
    Schließlich schluckte er seinen Stolz hinunter und setzte sich über den Händlerrat und über die Kaste hinweg, die er geehrt und der er sein ganzes Leben lang gedient hatte. Er ersuchte bei den Soldaten darum, die Diebe zu suchen, und

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