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Die Gilden von Morenia 01 - Die Lehrjahre der Glasmalerin

Titel: Die Gilden von Morenia 01 - Die Lehrjahre der Glasmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mindy L. Klasky
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hatte. Als Rani zu Tarins Stand schaute, sah sie sofort, dass ein gewisser, schwarzer Fleck dort nicht hingehörte.
    Sie wollte aufschreien, um Tarin vor einem Dieb zu warnen, aber der Schleicher wechselte genau in diesem Moment zu einem Flecken nebligen Sonnenlichts. Ranis Schrei erstarb in ihrer Kehle, als sie Moradas Profil erkannte.
    Das Haar der Ausbilderin hing strähnig um ihr verkniffenes Gesicht, wie ertränkte Schlangen, und die Haut der Glasmalerin war teigig grau. Wäre Rani ihr unter anderen Umständen begegnet, hätte sie sich um die Gesundheit der Frau gesorgt. Vielleicht hätte sie sogar einen der Priester-Schmarotzer gerufen, die den niederen Kasten als Ärzte dienten.
    In diesem Moment jubilierte Ranis Herz jedoch insgeheim über Moradas abgehärmte Erscheinung. Sie erkannte den Geschmack hinten in ihrer Kehle, das heftige Sehnen nach Rache. Rani wollte Rache für Tuvashanorans Tod, für die Zerstörung des Gildehauses, für die Asche des Heims ihrer Familie und für die persönliche Schmach, am Marktplatz angekettet zu sein.
    Während Rani an ihren Metallfesseln zerrte, sah sich Morada nervös auf dem Markt um. Der Lehrling beobachtete, wie sehnige Glasmalerfinger über frisch ausgegrabene Kartoffeln tanzten, und plötzlich wölbten sich die ausgefransten Taschen der Frau vor gestohlenen Reichtümern. Rani fluchte leise, stieß die abscheulichsten Worte aus, die sie ihre Brüder je hatte benutzen hören. Sie riss an ihrer robusten Kette. Wo war Mair? Wo waren die Unberührbaren, die mühelos auf dem Marktplatz umhergehen konnten? Wie konnte Lans Geschenk, Morada zu schicken, ungenutzt bleiben?
    Rani wimmerte fast vor Enttäuschung, als eine schwere, schmutzverkrustete Hand auf ihre Schulter sank.
    »Da bist du, meine Hübsche!« Rani fuhr zusammen wie ein Hase, der außerhalb seines Baus erwischt wurde. Narda gackerte und kramte in ihrer Tasche nach dem Schlüssel für Ranis Ketten. »Am Händlertor ist ein Karren umgekippt – frische Melonen rollen über die ganze Straße. Tut mir leid, dass ich so spät zu dir komme, und das an deinem letzten Tag in meinem Dienst.« Rani rieb sich die Handgelenke und versuchte, die knallroten Striemen an den Stellen fortzureiben, wo sie sich gegen die Fesseln angespannt hatte, um Morada besser im Blick behalten zu können. »Ich will nicht, dass behauptet wird, ich hätte dich verhungern lassen, Mädchen. Hier ist ein Heller – besorg dir ein Frühstück, aber komm noch in dieser Stunde zurück.«
    Rani war so erstaunt, dass sie kaum spürte, wie die Münze in ihre ausgestreckte Hand fiel. Auch verpasste sie beinahe Nardas zusätzliche Bemerkung: »Und du bekommst noch einen Heller, wenn du mit einer Flasche Ale zurückkommst! Ich kann vor Borins Abschlussurteil genauso gut etwas trinken!«
    Rani dachte kaum an den obersten Ratsherrn, während sie durch die Menge eilte, darauf erpicht, Moradas schwarzen Umhang im Blick zu behalten.

5

    Eine verzweifelte Minute lang dachte Rani, sie käme zu spät und die Ausbilderin wäre bereits in der Menge untergetaucht. Dann atmete sie tief durch und begab sich ins Zentrum des Marktplatzes.
    Inzwischen war den Händlern der Anblick dieses ernsten Kindes auf seinen Besorgungsgängen vertraut, und mehr als ein Händler hob grüßend eine Hand. Rani nickte als Antwort, blieb aber nicht stehen, um die angebotenen Genüsse – ein Apfel hier, ein Stück Käse dort – einzusammeln.
    Als Morada den Rand des Marktplatzes erreichte, blieb Rani bei den Ständen stehen und zögerte, sich über die klare Grenze hinauszubegeben. Narda hatte ihr Geld für ein Frühstück und für Ale gegeben. Die Eierfrau hatte ihr eine sehr spezielle Aufgabe übertragen. Wenn Rani den Bereich der Händler verließ, würde sie den vierzehntägigen Dienst, der fast zu Ende war, wahrscheinlich unwirksam machen. Dennoch – wenn Rani Morada jetzt verlor, könnten ihre Familie nicht gerettet und Tuvashanorans Tod nicht aufgeklärt werden.
    Während sie sich hektisch umsah und sich fragte, ob sie von Borins Ratswächtern beobachtet wurde, gelangte sie zur Statue des Verteidigers des Glaubens, welche die nördliche Ecke des Marktes bewachte. Obwohl die marmorne Oberfläche vom Alter recht abgenutzt war, konnte sich Rani Tuvashanorans Züge mühelos in Stein gemeißelt vorstellen. Dies war die Rolle, die der Prinz in der Kathedrale eingenommen hätte. Dies war der Titel, den er beansprucht hätte, wenn er dem mörderischen Pfeil entgangen wäre.
    Rani

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