Die Gilden von Morenia 02 - Die Gesellenjahre der Glasmalerin
jemand, der aus einem Albtraum erwacht. Sein Atem beschleunigte sich währenddessen. »Nicht Sin Hazar! Er wäre zu stark, und er wandelt nicht auf den Pfaden der Tausend Götter.«
»Warum dann sein Königreich bewahren? Warum mir verbieten, ihn zu bekämpfen?«
»Die Gefolgschaft hat Sin Hazars Beseitigung bereits arrangiert. Alle unsere Akteure sind an ihrem Platz. Wenn Ihr Sin Hazar in den Kampf hinausruft, riskiert Ihr es, unsere Pläne zu vernichten, die seit mehr als einem Jahrzehnt im Schwange sind.«
»Aber wenn ich ihn nicht aufhalte, wer dann?«
»Die Yrathi.«
»Was?« Die Antwort kam so unerwartet, dass Hal nicht glauben konnte, richtig gehört zu haben. »Tasuntimanu, Ihr habt heute Nachmittag den Bericht unserer Spione gehört. Sin Hazar hat sich mit Söldnern umgeben – es müssen siebenhundert sein. Sogar die Gefolgschaft kann nicht siebenhundert Yrathi-Söldner bestochen haben.«
»Nicht siebenhundert, Euer Majestät. Wir brauchten nur eine Hand voll zu bekehren. Alles in allem weniger als ein Dutzend.« Hal spürte die Verwirrung auf seinem Gesicht und war sich bewusst, dass er wie ein Narr wirken musste. Tasuntimanu beugte sich vor und formulierte seine Worte, als spräche er mit einem Kind, legte aber Leidenschaft in jedes Wort. »Wir haben die Männer gekauft, die dem Thron am nächsten stehen. Die Gefolgschaft hat Sin Hazars eigene Wache gekauft.«
Ein Frösteln lief Hals Rückgrat hinab, aber er konnte nicht sagen, was ihm mehr Angst machte – die Vorstellung, dass die Gefolgschaft genügend Mittel besaß, um Yrathi-Söldner zu bestechen, oder der Gedanke, dass die Gefolgschaft in den inneren Kreis eines Königs vordringen konnte. »Aber wird das genügen?«, zwang er sich zu fragen. »Wird Al-Marai für Eure Zwecke in irgendeiner Weise leichter zu manipulieren sein?«
»Al-Marai?« Tasuntimanu wirkte verwirrt.
»Natürlich. Wenn Ihr Sin Hazar eliminiert, dann wird sein Erbe den Thron einnehmen. Sein Bruder ist der Nächste in der Linie.«
Tasuntimanu lachte freudlos. »Wie wenig wisst Ihr über diese Nordländer, Euer Majestät! Al-Marai ist ein Löwe, ein Soldat. Er wird niemals auf dem amanthianischen Thron sitzen. Sin Hazars Krone wird an den nächsten männlichen Abkömmling einer Schwanenlinie weitergegeben. Wenn Sin Hazar ohne direkte Nachkommen stirbt, dann geht Amanthiaan…«
»Bashanorandi.« Hal nannte die Antwort einen Herz^ schlag, bevor Tasuntimanu seine Ausführungen beenden konnte. »Feliciandas Sohn würde den Thron einnehmen.«
»Ja. Und Bashanorandi wird ein schwacher König sein. Er wird ein König sein, den die Gefolgschaft nach ihrem Willen manipulieren kann. Wenn wir in wenigen Jahren den Krieg gegen die Liantiner beginnen, wird Amanthia wie der Spielzeugsoldat eines Kindes fallen.«
Hal hörte seinem Ratsherrn zu, einem Mann, der den Umsturz von Königreichen mit der Leidenschaftslosigkeit eines königlichen Stallmeisters diskutierte, der reinrassige Blutlinien erklärt. »Wenn Bashi Rani also hierher verschleppt hat…«
»Die Gefolgschaft war erfreut. Wir hatten gedacht, wir müssten Bashanorandi dazu bringen, nach Norden zu fliehen, ihn vielleicht sogar gewaltsam entführen und hierher verschleppen. Seht Ihr, nach zwei Jahren des Nichtstuns an Eurem Hof schien Bashanorandi sein Schicksal angenommen zu haben. Einige von uns argumentierten, Ihr müsstet gezwungen werden, ihn zu verbannen, ungeachtet jeglicher sentimentaler Vorstellungen, die Ihr in Erinnerung an Euren Vater hegt. Aber der Erste Pilger Jair segnete uns in seiner unendlichen Weisheit. Bashanorandi machte seinen Zug, gerade als wir unseren Bund mit den Yrathi festigten. Wir mussten kaum einen Monat Zusatzlöhne zahlen, um die Söldner in unseren Dienst zu nehmen.«
Ein Teil von Hals Geist bemerkte unwillkürlich den hämischen Tonfall in Tasuntimanus Stimme. Einen hübschen Handel hatte die Gefolgschaft da abgeschlossen, und noch dazu rentabel! Wie großartig für die Gefolgschaft. »Aber Bashi ist nicht allein hierhergekommen. Er hat Rani und Mair gewaltsam entführt.«
»Ja, Euer Majestät.« Tasuntimanu klang bestürzt.
»Und Rani Händlerin und Mair gehörten Eurer Gefolgschaft an!«
»Sie waren unserer Art verschworen, ja.«
»Aber erfuhren sie jemals, welches Opfer sie gebracht haben? Erfuhren sie jemals von Euren Plänen für den amanthianischen Thron?«
»Natürlich nicht, Euer Majestät. Wir waren nicht bereit, den Traum vom Königlichen Pilger mit allen unseren Mitgliedern
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